Rechteck: GdB wurde zu niedrig eingestuft — kann ich mich wehren ?
Sehr geehrter Herr Ebert,
für unseren Sohn Bastian (5J, Typ 1, rtCGM+6–8 BZ-Messungen, 6 Injektionen/Tag) haben wir einen Antrag beim Versorgungsamt Koblenz auf GdB gestellt. Dieser wurde abgelehnt; wir haben nur einen GdB von 40% sowie das Merkzeichen H bekommen. + H). Nun möchten wir gerne Widerspruch einlegen, um auf 50% zu kommen.
Gibt es einen „Leitfaden“ oder Tipps zu Formulierungen, Vermeidung von Formfehlern, Gutachten, Aussicht auf Erfolg, usw.? Mit welchen Kosten ist zu rechnen, wenn wir einen Anwalt mit Widerspruch bzw. einer Klage beauftragen ?
Bernd W., per e‑Mail
Sehr geehrter Herr W.,
bei Prüfung der Schwerbehinderung ist grundsätzlich jeder Einzelfall zu prüfen und entsprechend zu bewerten — es gibt daher keinen universellen Leitfaden, der immer für jeden Fall gelten könnte.
Die Behörden müssen prüfen, ob folgende Voraussetzung vorliegen:
Es muss eine Insulintherapie mit täglich mindestens vier Insulininjektionen durchgeführt werden, wobei die Insulindosis in Abhängigkeit vom aktuellen Blutzucker, der folgenden Mahlzeit und der körperlichen Belastung selbständig variiert werden muss und
man muss durch erhebliche Einschnitte gravierend in der Lebensführung beeinträchtigt sein.
Die Blutzuckerselbstmessungen und Insulindosen (beziehungsweise Insulingaben über die Insulinpumpe) müssen dokumentiert sein.
Allein der hohe Therapieaufwand reicht also nicht aus. Es müsste nachgewiesen werden, dass Bastian aufgrund des Diabetes erheblich in seinen Alltagsaktivitäten eingeschränlt ist, beispielsweise beim Schulbesuch. Für Kinder gelten dabei dieselben Maßstäbe wie bei Erwachsenen, dies hat das Bundessozialgericht in einer aktuellen Entscheidung (Urteil vom 12.12.2024, B 9 SB 2/24 R) klargestellt.
Sie können gegen den Bescheid innerhalb eines Monats bei der Behörde den Widerspruch einlegen.
Umfassende Tipps und Checklisten für die Begründung habe ich in einer Broschüre zusammengestellt, diese können Sie hier kostenlos herunterladen.
Wird auch der Widerspruch abgelehnt, so können Sie innerhalb eines Monats Klage beim Sozialgericht erheben — das Gerichtsverfahren sowie die gerichtlich veranlassen Gutachten sind für Sie kostenfrei.
Wenn Sie einen Anwalt einschalten, bewegen sich die gesetzlich entstehenden Anwaltsgebühren in einem Rahmen zwischen ca. 300 — 700 EUR; die genaue Höhe kann meist erst nach Abschluss des Verfahrens festgestellt werden. Da diese Gebühren in der Regel zu niedrig sind, um die meist sehr aufwendigen Verfahren (dicke Akten !) wirtschaftlich zu betreiben, dürften die meisten Anwälte wohl nur auf Basis einer (höheren) Vergütungsvereinbarung tätig werden. Entweder wird nach Stundenaufwand abgerechnet oder ein pauschaler Zuschlag vereinbart.
(Veröffentlicht im Diabetes-Journal (http://www.diabetes-journal.de)