Diabetes in Kindergarten und Schule
Auch in Kindergarten und Schule muss der Blutzucker von Kindern mit Diabetes überwacht werden und sich jemand um die notwendigen Insulin- und Mahlzeitengaben kümmern.
Wenn Lehrer oder Erzieherinnen dazu nicht bereit sind, dann wird in der Regel eine Assistenz- bzw. Begleitperson benötigt.
Darf ein Kind mit Diabetes in Schule oder Kindergarten ?
Können/dürfen Kindergarten und Schule es ablehnen, unser Kind überhaupt erst aufzunehmen, oder sind sie zur Aufnahme verpflichtet? Wer haftet, falls unser Kind während der Betreuungszeit in ein diabetisches Koma fällt? Dürfen wir überhaupt verlangen, dass sich jemand vermehrt um unseren Sohn kümmert und ihm zum Beispiel den Blutzucker misst? Mit solchen und ähnliche Fragen sind viele Eltern konfrontiert.
Öffentliche Kindergarten bzw. Schulen dürfen die Aufnahme eines Kindes grundsätzlich nur verweigern, wenn keine Kindergartenfähigkeit bzw. Regelschulfähigkeit vorliegt und dies auch nicht durch Integrationsmaßnahmen erreicht werden kann. Das ist im Falle des Diabetes eigentlich nur seltenst der Fall, so dass Eltern sich zumindest aus formal-rechtlicher Sicht keine Gedanken machen müssten.
Die Probleme stecken aber im Detail: Eltern können nämlich nicht verlangen, dass Erzieherinnen oder Lehrer den Blutzucker messen, Insulin spritzen oder das Kind permanent beaufsichtigen. Oftmals wird dies zwar unproblematisch und mit hohem Engagement der entsprechenden Kräfte freiwillig geleistet – aber zwingen kann man niemanden dazu. Wenn hier eine entsprechende Ablehnungshaltung besteht, sollte man also keinesfalls insistieren.
Begleitperson als Leistung der Krankenkasse
In vielen Fällen wird für Kindergarten oder Schule eine Person benötigt, um die notwendigen Therapiemaßnahmen durchzuführen (z.B. Blutzuckerkontrolle, Insulinabgabe, Sicherstellung der Mahlzeiten, Bedienen von Hilfsmitteln wie Glukose-Sensor, Insulinpumpe oder AID) und/oder im Falle einer Unterzuckerung einzugreifen.
Meist werden diese Aufgaben von Kindergartenpersonal oder Lehrer kulanzweise übernommen. Allerdings besteht dazu keine Verpflichtung, denn solche zusätzlichen medizinischen Überwachungstätigkeiten zählen nicht zu den Aufgaben eines Lehrers. Es wird in solchen Fällen dann eine Begleitperson benötigt, die sich um das Kind kümmert.
Diese Kosten werden von der Krankenkasse übernommen, dies haben mehrere Gericht bereits klargestellt. Es handelt sich dabei auch um eine Leistung der häuslichen Krankenpflege gem. § 37 Abs. 2 SGB V — und nicht um eine sog. “ausserklinische Intensivpflege”, wie dies von Krankenkassen mitunter behauptet wird.
Erforderlich ist hierzu eine ärztliche Verordung, aus der die Notwendigkeit der Begleitperson hervorgeht.
Weiterhin sollte eine Bestätigung der Schule vorgelegt werden, dass die erforderlichen Maßnahmen vom dortigen Personal nicht geleistet werden (können).
Begleitperson als staatliche Leistung der Integrationshilfe
Geht es (lediglich) darum, dem Kind bei der Bewältigung des Schulalltags zu helfen, etwa durch einen Integrationshelfer oder Teilhabeassistenten, so handelt es sich um Eingliederungshilfe.
Diese Integrationshilfe soll es betroffenen Kindern ermöglichen, einen Regelkindergarten bzw. eine Regelschule zu besuchen.
Eltern können bei der zuständigen Integrationsbehörde (am Besten schriftlich) unter anderem auf Grundlage von §§ 102, 112 SGB IX die benötigten Leistungen der Integrationshilfe beantragen.
Auch hier ist eine Bestätigung von Kindergarten/Schule hilfreich, dass eine externe Betreuungsperson benötigt wird.
Wichtig: Das Einkommen der Eltern bleibt dabei unberücksichtigt. (§ 138 Abs. 1 Nr. 4 SGB IX)
Alternativ können Eltern gem. § 116 SGB IX auch ein persönliches soziales Budget beantragen, d.h. eine monatliche Geldleistung, mit welcher selbst eine Begleitperson beauftragt und bezahlt werden kann.
Integrative Kindergärten/Schulen
Bei einem Integrationskindergarten handelt es sich um Kindergärten, in denen nichtbehinderte und behinderte Kinder zusammen betreut werden. Die Gruppen dort sind in der Regel deutlich kleiner; auch sind diese Kindergärten vom Personal und der Ausstattung auf beeinträchtigte Kinder eingestellt.
Integration in Regelkindergarten / Regelschule
Daneben gibt es aber auch noch die Möglichkeit, in allgemeinen Kindergärten auf eine Einzelintegration oder die Bildung von integrativen Gruppen hinzuwirken. Kinder mit Behinderung soll ein regulärer Kindergartenbesuch nach Kräften ermöglicht werden; sie haben daher einen gesetzlichen Anspruch auf Eingliederung und besondere Betreuung. Hierzu kann beim zuständigen Sozial- und/oder Jugendamt die Anerkennung eines zusätzlichen Förder- und Betreuungsbedarfs beantragt werden. Der Kindergarten kann damit dann Personal aufstocken und/oder kleinere Gruppen bilden. Ein solcher Integrationsplatz muß formell von den Erziehungsberechtigten des Kindes und vom Träger des Kindergartens beantragt werden. Man kann allerdings nicht erzwingen, daß eine solche Gruppen- oder Einzelintegration in einem bestimmten Kindergarten erfolgt. Wenn ein Regelkindergarten aus zwingenden Gründen ein behindertes Kind nicht (mehr) aufnehmen oder hinreichend betreuen kann, dann kann die Aufnahme verweigert werden (Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 10.02.2006, 1 BvR 91/06).
Diskriminierungsverbot
Artikel 3, Absatz 3 GG schreibt vor, daß niemand wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden darf. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden. Aus diesem Grund sollen gem. § 4 Abs. 3 SGB IX
Leistungen für behinderte oder von Behinderung bedrohte Kinder so geplant und gestaltet werden, dass die Kinder nach Möglichkeit nicht von ihrem sozialen Umfeld getrennt und gemeinsam mit nicht behinderten Kindern betreut werden können. Dabei sollen behinderte Kinder alters- und entwicklungsentsprechend an der Planung und Ausgestaltung der einzelnen Hilfen beteiligt und ihre Sorgeberechtigten intensiv in Planung und Gestaltung der Hilfen einbezogen werden.
Der Gesetzgeber gibt durch § 22a Abs. 4 SGB XIII auch vor, daß Kinder mit und ohne Behinderung in Gruppen grundsätzlich gemeinsam gefördert werden sollen. Zu diesem Zweck sollen die Träger der öffentlichen Jugendhilfe mit den Trägern der Sozialhilfe bei der Planung, konzeptionellen Ausgestaltung und Finanzierung des Angebots zusammenarbeiten.
Die konkrete Umsetzung ist jedoch Ländersache — daher gibt es in jedem Bundesland hierfür eigene Gesetze und Regelungen.