Das Bun­des­so­zi­al­ge­richt (BSG) hat mit Urteil vom 12. Dezem­ber 2024 (Az. B 9 SB 2/24 R) wich­ti­ge Klar­stel­lun­gen zur Bewer­tung des Grades der Behin­de­rung (GdB) bei Kin­dern mit Dia­be­tes mel­li­tus vor­ge­nom­men. Mit dieser Ent­schei­dung dürfte es nun deut­lich schweie­ri­ger werden, für betrof­fe­nen Kinder den Schwer­be­hin­der­ten­sta­tus zu erhal­ten.

Die Fest­stel­lung einer Schwer­be­hin­de­rung (ab GdB 50) bei Dia­be­tes setzt neben dem hohen The­ra­pie­auf­wand einer inten­si­vier­ten Insu­lin­the­ra­pie bzw. Pum­pen­the­ra­pie und regel­mä­ßi­gen Mes­sun­gen voraus, dass man zusätz­lich auch noch durch wei­te­reerheb­li­che Ein­schnit­te gra­vie­rend in der Lebens­füh­rung” beein­träch­tigt ist ( § 152 Absatz 1 Satz 1 SGB IX in Ver­bin­dung mit Teil B Nummer 15.1 der Ver­sor­gungs­me­di­zi­ni­schen Grund­sät­ze).

In seinem Urteil stellt das BSG klar, dass  der gestei­ger­te Hil­fe­be­darf von Kin­dern bzw. Jugend­li­chen mit Dia­be­tes oder die Not­wen­dig­keit für eine Begleit­per­son in Kin­der­gar­ten bzw. Schule allein noch nicht aus­rei­chen, um solche erheb­li­che Ein­schnit­te mit gra­vie­ren­den Folgen für die Lebens­füh­rung anzu­neh­men:

 “Solche Assis­tenz­leis­tun­gen erhö­hen nicht den GdB, son­dern dienen umge­kehrt gemäß § 90 Abs 1 Satz 1 SGB IX gerade dazu, die volle, wirk­sa­me und gleich­be­rech­tig­te Teil­ha­be am Leben in der Gesell­schaft zu för­dern und damit die Aus­wir­kun­gen einer Behin­de­rung mög­lichst abzu­mil­dern oder zu besei­ti­gen.” (BGH aaO, Rn. 23)

Auch die bloße Mög­lich­keit, dass ein Kind ohne Auf­sicht und Beglei­tung weit­ge­hend von für die  “gesell­schaft­li­che Teil­ha­be rele­van­ten Akti­vi­tä­ten aus­ge­schlos­sen sein könnte”, reicht nach der Ent­schei­dung des Gerichts noch nicht aus.  Ein gra­vie­ren­der Ein­schnitt liegt hier­nach erst dann vor, wenn durch diesen Hil­fe­be­darf nach­weis­bar die Inte­gra­ti­ons­fä­hig­keit des Kindes erheb­lich beein­träch­tigt wird: “Eine dau­ern­de elter­li­che Beglei­tung und Über­wa­chung min­der­jäh­ri­ger Dia­be­tes­pa­ti­en­ten kann im Ein­zel­fall trotz­dem einen höhe­ren GdB bedin­gen, wenn sie nach­weis­bar die Inte­gra­ti­ons­fä­hig­keit des Kindes erheb­lich beein­träch­tigt, etwa weil sie es in eine Son­der­stel­lung bringt, die sich nega­tiv auf seine psycho-emo­tio­na­le Ent­wick­lung aus­wirkt oder not­wen­di­ge nächt­li­che Blut­zu­cker­kon­trol­len der Eltern seinen Schlaf in teil­ha­be­re­le­van­ter Weise stören.”

Dadurch ver­ur­sach­te zusätz­li­che Ein­schnit­te in der Lebens­füh­rung müssen “aller­dings aus­rei­chend gewich­tig” sein, um “das Über­schrei­ten der Schwel­le zur Schwer­be­hin­de­rung recht­fer­ti­gen zu können”. Das BSG weist auch darauf hin, dass die ein­schlä­gi­gen Bewer­tungs­kri­te­ri­en keine Son­der­re­geln für Kinder vor­se­hen, d.h. die Behör­den müssen dort grund­sätz­lich die selben Anfor­de­run­gen wie bei Erwach­se­nen stel­len.