Tenor

Das auf­grund der münd­li­chen Ver­hand­lung vom 22. März 2011 ergan­ge­ne Urteil des Ver­wal­tungs­ge­richts Koblenz wird abge­än­dert. Der Bescheid der Direk­ti­on der Bereit­schafts­po­li­zei des Beklag­ten vom 12. Mai 2010 und der Wider­spruchs­be­scheid dieser Behör­de vom 28. Juni 2010 werden auf­ge­ho­ben.

Der Beklag­te trägt die Kosten des Ver­fah­rens beider Rechts­zü­ge.

Das Urteil ist wegen der Kosten vor­läu­fig voll­streck­bar. Der Beklag­te kann die Voll­stre­ckung durch Sicher­heits­leis­tung in Höhe der fest­zu­set­zen­den Kosten abwen­den, wenn nicht die Klä­ge­rin vor der Voll­stre­ckung Sicher­heit in glei­cher Höhe leis­tet.

Die Revi­si­on wird nicht zuge­las­sen.

Tat­be­stand

Die Klage rich­tet sich gegen eine Ent­las­sung aus dem Beam­ten­ver­hält­nis auf Probe.

Die 1987 gebo­re­ne Klä­ge­rin trat zum 1. Mai 2006 in den Poli­zei­voll­zugs­dienst des Beklag­ten ein. Nach erfolg­rei­chem Abschluss ihrer Aus­bil­dung wurde sie am 30. April 2009 unter Beru­fung in das Beam­ten­ver­hält­nis auf Probe zur Poli­zei­kom­mis­sa­rin zur Anstel­lung ernannt.

Unmit­tel­bar nach­dem die Klä­ge­rin Mitte des Jahres 2009 an Dia­be­tes mel­li­tus vom Typ 1 erkrank­te, wurde bei ihr eine Über­prü­fung der Poli­zei­dienst­fä­hig­keit ein­ge­lei­tet. In deren Ver­lauf führte der Lei­ten­de Poli­zei­arzt, Medi­zi­nal­di­rek­tor Dr. M. in meh­re­ren Stel­lung­nah­men aus, wegen des insu­lin­pflich­ti­gen Dia­be­tes mel­li­tus bestehe bei der Klä­ge­rin keine unein­ge­schränk­te Poli­zei­dienst­fä­hig­keit mehr, ins­be­son­de­re sei ein Schuss­waf­fen­ge­brauch nicht mehr gefahr­los mög­lich. Eine Ver­be­am­tung auf Lebens­zeit komme des­halb sowohl für den Poli­zei­voll­zugs- als auch für den Ver­wal­tungs­dienst nicht in Frage.

Mit Bescheid vom 12. Mai 2010 ent­ließ der Beklag­te die Klä­ge­rin nach vor­he­ri­ger Anhö­rung wegen man­geln­der gesund­heit­li­cher Eig­nung aus dem Beam­ten­ver­hält­nis auf Probe. Zur Begrün­dung des Beschei­des stütz­te er sich im Wesent­li­chen auf die fest­ge­stell­te Erkran­kung und die Stel­lung­nah­men von Dr. M. sowie wei­te­rer Poli­zei­ärz­te. Ein geson­der­tes Gut­ach­ten über die Poli­zei­dienst­fä­hig­keit sei ebenso wenig erfor­der­lich wie die Ein­ho­lung eines Fach­arzt­gut­ach­tens, da die Dia­gno­se als solche von der Klä­ge­rin nicht bestrit­ten werde. Da die man­geln­de gesund­heit­li­che Bewäh­rung end­gül­tig fest­ste­he, habe dies die Ent­las­sung zur Folge, die aus Für­sor­ge­grün­den sofort und nicht erst zum Ende der Pro­be­zeit erfol­ge. Eine Wei­ter­ver­wen­dung im Beam­ten­ver­hält­nis sei nicht mög­lich.

Nach­dem die Klä­ge­rin hier­ge­gen Wider­spruch erho­ben hatte, wurde sie zunächst im Beam­ten­ver­hält­nis belas­sen und nur noch im Innen­dienst ein­ge­setzt. Seit­her wird sie auf einer Stelle des geho­be­nen Ver­wal­tungs­diens­tes im Poli­zei­prä­si­di­um K. ein­ge­setzt. Hier kam es bis­lang nicht zu Fehl­zei­ten, die mit einer Erkran­kung in Zusam­men­hang stehen.

Mit ihrer nach erfolg­lo­sem Wider­spruchs­ver­fah­ren erho­be­nen Klage macht die Klä­ge­rin gel­tend, die Ent­las­sung sei rechts­wid­rig, weil sich ihre unein­ge­schränk­te Poli­zei­dienst­fä­hig­keit, von der sie nach wie vor aus­ge­he, der­zeit nicht abschlie­ßend beur­tei­len lasse. Vor einer Ent­las­sung hätte der Beklag­te zumin­dest den Sach­ver­halt weiter auf­klä­ren und zudem auch eine ander­wei­ti­ge Ver­wen­dungs­mög­lich­keit im Poli­zei­dienst bzw. in der all­ge­mei­nen inne­ren Ver­wal­tung prüfen müssen.

Die Klä­ge­rin hat bean­tragt,

den Bescheid der Direk­ti­on der Bereit­schafts­po­li­zei des Beklag­ten vom 12. Mai 2010 in Gestalt des Wider­spruchs­be­scheids vom 28. Juni 2010 auf­zu­he­ben.

Der Beklag­te hat bean­tragt,

die Klage abzu­wei­sen.

Er hat vor­ge­tra­gen: Bei der ärzt­lich fest­ge­stell­ten Erkran­kung sei weder eine Poli­zei­dienst­fä­hig­keit noch eine gesund­heit­li­che Eig­nung für den Dienst in der inne­ren Ver­wal­tung gege­ben. Die Erkran­kung der Klä­ge­rin sei nicht heil­bar. Selbst bei ord­nungs­ge­mä­ßer The­ra­pie seien Lang­zeit­wir­kun­gen und Spät­fol­gen zu befürch­ten. Eine wei­te­re medi­zi­ni­sche Abklä­rung sei nicht not­wen­dig, weil die Dia­gno­se der Erkran­kung unstrei­tig sei. Es bestün­den begrün­de­te Zwei­fel daran, dass die Klä­ge­rin den Anfor­de­run­gen eines Lauf­bahn­am­tes in der Ver­wal­tung auf Dauer gerecht werden könne. Die Mög­lich­keit künf­ti­ger Erkran­kun­gen und des Ein­tritts einer dau­ern­den Dienst­un­fä­hig­keit vor Errei­chen der Alters­gren­ze könn­ten bei einem Dia­be­tes mel­li­tus aus ärzt­li­cher und wis­sen­schaft­li­cher Sicht pro­gnos­tisch nicht mit hoher Wahr­schein­lich­keit aus­ge­schlos­sen werden.

Nach­dem das Ver­wal­tungs­ge­richt Koblenz den Beweis­an­trag der Klä­ge­rin auf Ein­ho­lung eines Sach­ver­stän­di­gen­gut­ach­tens zu ihrer gesund­heit­li­chen Eig­nung abge­lehnt hatte, wies es durch das auf­grund der münd­li­chen Ver­hand­lung vom 22. März 2011 ergan­ge­ne Urteil die Klage ab. Zur Begrün­dung stütz­te sich die Vor­in­stanz im Wesent­li­chen auf die ärzt­li­chen Stel­lung­nah­men der Poli­zei­ärz­te. Die Ein­ho­lung eines Sach­ver­stän­di­gen­gut­ach­tens komme nicht in Betracht, weil die Klä­ge­rin nicht sub­stan­ti­iert dar­ge­legt habe, dass die ärzt­li­chen Ein­schät­zun­gen nicht zutref­fend seien.

Gegen dieses Urteil hat die Klä­ge­rin die vom Senat zuge­las­se­ne Beru­fung ein­ge­legt. Sie ist nach wie vor der Auf­fas­sung, dass sie in gesund­heit­li­cher Hin­sicht für eine Auf­nah­me in das Beam­ten­ver­hält­nis auf Lebens­zeit, in erster Linie im Poli­zei­voll­zugs­dienst, zumin­dest aber auch im all­ge­mei­nen Ver­wal­tungs­dienst geeig­net sei.

Die Klä­ge­rin bean­tragt,

das auf­grund der münd­li­chen Ver­hand­lung vom 22. März 2011 ergan­ge­ne Urteil des Ver­wal­tungs­ge­richts Koblenz abzu­än­dern und nach ihren Kla­ge­an­trä­gen erster Instanz zu erken­nen.

Der Beklag­te bean­tragt,

die Beru­fung zurück­zu­wei­sen.

Er ver­tei­digt die ange­foch­te­ne Ent­schei­dung, die er auch unter Berück­sich­ti­gung des Beru­fungs­vor­trags für zutref­fend hält. Die Ein­schät­zun­gen der im Ver­wal­tungs­ver­fah­ren ein­ge­schal­te­ten Poli­zei­ärz­te seien nach­voll­zieh­bar. Sie gingen über­ein­stim­mend davon aus, dass die Klä­ge­rin in gesund­heit­li­cher Hin­sicht für eine Über­nah­me in das Beam­ten­ver­hält­nis auf Lebens­zeit, sowohl im Poli­zei­voll­zugs­dienst als auch im all­ge­mei­nen Ver­wal­tungs­dienst, nicht geeig­net sei. Diese medi­zi­ni­schen Fest­stel­lun­gen mache er sich nach wie vor zu Eigen; sie würden im Übri­gen von der Klä­ge­rin nicht über­zeu­gend in Zwei­fel gezo­gen.

Der Senat hat mit Beschluss vom 23. Mai 2012 Beweis erho­ben zu den Fragen, ob bei der Klä­ge­rin eine Dienst­un­fä­hig­keit für das Amt einer Poli­zei­kom­mis­sa­rin bzw. für ein ande­res Amt außer­halb des Poli­zei­diens­tes vor­lie­ge, mit wel­chem Grad an Wahr­schein­lich­keit aus­ge­schlos­sen werden könne, dass bei ihr in der Lauf­bahn des geho­be­nen Dienst außer­halb des Poli­zei­diens­tes die Mög­lich­keit häu­fi­ger Fol­ge­er­kran­kun­gen bestehe oder eine dau­er­haf­te Dienst­un­fä­hig­keit schon vor Errei­chen der Alters­gren­ze ein­tre­te und wel­cher Grad der Behin­de­rung bei ihr vor­lie­ge. Wegen des Ergeb­nis­ses der Beweis­auf­nah­me wird auf das dar­auf­hin von der Chef­ärz­tin der Kran­ken­haus­ge­sell­schaft St. V., Pri­vat­do­zen­tin Dr. med. N., erstell­te Sach­ver­stän­di­gen­gut­ach­ten vom 13. August 2013 ver­wie­sen.

Die wei­te­ren Ein­zel­hei­ten des Sach- und Streit­stan­des erge­ben sich aus den Gerichts­ak­te sowie den bei­gezo­ge­nen Ver­wal­tungs­ak­ten des Beklag­ten (fünf Hefte), die sämt­lich Gegen­stand der münd­li­chen Ver­hand­lung waren.

Gründe

Die Beru­fung der Klä­ge­rin hat Erfolg. Das Ver­wal­tungs­ge­richt hätte ihrer Klage statt­ge­ben müssen. Der ange­foch­te­ne Ent­las­sungs­be­scheid des Beklag­ten vom 12. Mai 2010 sowie der Wider­spruchs­be­scheid vom 28. Juni 2010 sind rechts­wid­rig und ver­let­zen die Klä­ge­rin in ihren Rech­ten (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 Ver­wal­tungs­ge­richts­ord­nung — VwGO -).

Gemäß § 23 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 Beam­ten­sta­tus­ge­setz — BeamtStG — können Beamte und Beam­tin­nen auf Probe ent­las­sen werden, wenn sie sich in der Pro­be­zeit nicht bewährt haben. Dabei bezieht sich der Begriff der Bewäh­rung auf die Kri­te­ri­en Eig­nung, Befä­hi­gung und fach­li­che Leis­tung (§ 9 BeamtStG). In sach­li­cher Über­ein­stim­mung hier­mit bestimm­te auch § 41 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Lan­des­be­am­ten­ge­setz — LBG — in der zum Zeit­punkt der letz­ten Ver­wal­tungs­ent­schei­dung noch maß­geb­li­chen Fas­sung des Geset­zes vom 14. Juli 1970 (GVBl. S. 241, mit spä­te­ren Ände­run­gen), dass ein Beam­ter auf Probe gegen seinen Willen bei man­geln­der Bewäh­rung (Eig­nung, Befä­hi­gung, fach­li­che Leis­tung) in der Pro­be­zeit ent­las­sen werden kann.

Geeig­net in diesem Sinne ist nur, wer dem ange­streb­ten Amt in kör­per­li­cher, psy­chi­scher und cha­rak­ter­li­cher Hin­sicht gewach­sen ist (vgl. BVerfG, Beschluss vom 21. Febru­ar 1995 — 1 BvR 1397/93 -, BVerfGE 92, 140). Bei dieser Eig­nungs­be­ur­tei­lung hat der Dienst­herr eine Ent­schei­dung dar­über zu tref­fen, ob der Bewer­ber den Anfor­de­run­gen des jewei­li­gen Amtes in gesund­heit­li­cher Hin­sicht ent­spricht (BVerfG, Kam­mer­be­schluss vom 10. Dezem­ber 2008 — 2 BvR 2571/07 -, juris). Bei dieser Ein­schät­zung steht ihm nach der jüngs­ten Recht­spre­chung des Bun­des­ver­wal­tungs­ge­richts — der sich der Senat anschließt — aller­dings kein Ein­schät­zungs- oder Beur­tei­lungs­spiel­raum zu (vgl. BVerwG, Urteil vom 25. Juli 2013 — 2 C 12.11 -). Der Senat über­prüft diesen Bereich der Eig­nung eines Bewer­bers, anders als die Frage der fach­li­chen Eig­nung von Beam­ten­be­wer­bern, in vollem Umfang.

Zur Beant­wor­tung der Frage, ob ein Pro­be­be­am­ter in gesund­heit­li­cher Hin­sicht für eine Über­nah­me in das Beam­ten­ver­hält­nis auf Lebens­zeit geeig­net ist, bedarf es beson­de­rer Sach­kun­de, die regel­mä­ßig sowohl dem Dienst­herrn als auch den Ver­wal­tungs­ge­rich­ten fehlt. Hier ist zunächst der zustän­di­ge Amts­arzt ein­zu­schal­ten, der seine fach­li­che Ein­schät­zung gege­be­nen­falls unter Hin­zu­zie­hung eines Fach­arz­tes tref­fen muss. Im Fall der gericht­li­chen Anfech­tung einer sich hier­auf grün­den­den nega­ti­ven Eig­nungs­be­ur­tei­lung des Dienst­herrn (der sich inso­fern ein eige­nes Urteil über den Gesund­heits­zu­stand eines Beam­ten bilden muss), haben auch die Ver­wal­tungs­ge­rich­te gege­be­nen­falls Sach­ver­stän­di­ge hin­zu­zie­hen, um die fach­li­chen Bewer­tun­gen des Amts­arz­tes über­prü­fen zu können.

Dies gilt umso mehr, als sich die Beur­tei­lung der Eig­nung eines Pro­be­be­am­ten für die Über­nah­me in das Beam­ten­ver­hält­nis auf Lebens­zeit auch auf die künf­ti­ge Amts­tä­tig­keit und nicht nur auf die gegen­wär­ti­ge gesund­heit­li­che Situa­ti­on bezie­hen muss. Sie bedarf daher stets auch einer Pro­gno­se­be­ur­tei­lung, die sich regel­mä­ßig auf den gesam­ten Zeit­raum bis zum Errei­chen der Alters­gren­ze zu erstre­cken hat. Die gesund­heit­li­che Eig­nung eines Pro­be­be­am­ten, der sich um die Über­nah­me in das Beam­ten­ver­hält­nis auf Lebens­zeit bewirbt, kann inso­fern grund­sätz­lich wegen seiner Zuge­hö­rig­keit zu einer Risi­ko­grup­pe oder bei Vor­lie­gen einer chro­ni­schen Erkran­kung mit sich ver­schlim­mern­dem (pro­gre­di­en­ten) Ver­lauf fehlen.

Liegt eine solche Situa­ti­on vor, so darf der Dienst­herr nach Erhalt eines dem­entspre­chend nega­ti­ven Gesund­heits­zeug­nis­ses des Amts­arz­tes einen Pro­be­be­am­ten jedoch nicht ohne wei­te­res ent­las­sen. Fehlt einem Bewer­ber ledig­lich die gesund­heit­li­che Eig­nung für eine Ernen­nung als Beam­ter auf Lebens­zeit, so ist näm­lich gemäß § 23 Abs. 3 Satz 2 BeamtStG immer auch die für Zur­ru­he­set­zun­gen von Lebens­zeit­be­am­ten gel­ten­de Vor­schrift des § 26 Abs. 2 BeamtStG ent­spre­chend anzu­wen­den. In diesem Zusam­men­hang soll nach § 26 Abs. 1 Satz 3 BeamtStG bei dienst­un­fä­hi­gen Beam­ten von der Ver­set­zung in den Ruhe­stand abge­se­hen werden, wenn eine ander­wei­ti­ge Ver­wen­dung mög­lich ist. Diese Vor­ga­be gilt auch für Poli­zei­be­am­te, die aus gesund­heit­li­chen Grün­den für den Poli­zei­voll­zugs­dienst nicht mehr geeig­net sind (vgl. § 112 Abs. 2 Satz 1 LBG). Auch bei diesen Beam­ten muss vor einer Ver­set­zung in den Ruhe­stand stets geprüft werden, ob sie nicht — gege­be­nen­falls durch einen Lauf­bahn­wech­sel — ander­wei­tig ver­wen­det werden können. In glei­cher Weise ist daher auch bei Ent­las­sun­gen von Poli­zei­voll­zugs­be­am­ten im Pro­be­be­am­ten­ver­hält­nis ihre ander­wei­ti­ge Ver­wen­dung in einer Lauf­bahn des geho­be­nen Diens­tes außer­halb des Poli­zei­diens­tes zu prüfen.

In Anwen­dung dieser gesetz­li­chen und rich­ter­recht­lich ent­wi­ckel­ten Vor­ga­ben kann die Klä­ge­rin auf­grund ihrer Erkran­kung zwar nicht mehr als unein­ge­schränkt geeig­net für den Poli­zei­voll­zugs­dienst ange­se­hen werden (1.). Sie ist jedoch in gesund­heit­li­cher Hin­sicht für eine Ernen­nung zur Beam­tin auf Lebens­zeit in einer Lauf­bahn des geho­be­nen Diens­tes außer­halb des Poli­zei­voll­zugs­diens­tes geeig­net (2.). Die ent­ge­gen­ste­hen­de Ein­schät­zung des Beklag­ten in den ange­foch­te­nen Beschei­den ist feh­ler­haft; sie sind des­halb ins­ge­samt auf­zu­he­ben, ohne dass es darauf ankommt, dass sie teil­wei­se, näm­lich im Hin­blick auf die nicht gege­be­ne Poli­zei­dienst­fä­hig­keit der Klä­ge­rin, jeden­falls im Ergeb­nis zutref­fend sind (3.).

1. Die Klä­ge­rin erfüllt nicht die gesund­heit­li­chen Vor­aus­set­zun­gen, die für eine Tätig­keit als Poli­zei­voll­zugs­be­am­tin erfor­der­lich sind. Dies folgt zur Über­zeu­gung des Senats aus den Aus­füh­run­gen der mit Beweis­be­schluss vom 23. Mai 2012 bestell­ten Sach­ver­stän­di­gen Frau Dr. N. in ihrem Gut­ach­ten vom 13. August 2013. Danach ist die Klä­ge­rin für das Amt einer Poli­zei­kom­mis­sa­rin auf Lebens­zeit in gesund­heit­li­cher Hin­sicht zwar nicht grund­sätz­lich unge­eig­net, es ist aller­dings ein Dienst an der Waffe sowie ein Dienst mit sehr hohem kör­per­li­chen Ein­satz nicht zu emp­feh­len (S. 20 des Gut­ach­tens). Diese fach­li­che Ein­schät­zung ent­spricht im Ergeb­nis der Stel­lung­nah­me des Poli­zei­arz­tes Dr. M. vom 22. Dezem­ber 2010, der sich die Sach­ver­stän­di­ge Dr. N. inso­weit aus­drück­lich anschließt. Danach besteht bei einem insu­lin­pflich­ti­gen Dia­be­tes mel­li­tus selbst bei einer guten Blut­zu­cker­ein­stel­lung immer die Gefahr einer Unter­zu­cke­rung (Hypo­glyk­ämie), bei der es zu Zit­tern und Ver­wirrt­heits­zu­stän­den kommen kann mit der Folge, dass ein kor­rek­tes Han­deln dann nicht mehr mög­lich ist. Die Unter­zu­cke­rung wird unter ande­rem durch aus­ge­präg­te Stress­si­tua­tio­nen begüns­tigt, die bei Poli­zei­be­am­ten ange­sichts der hohen Anfor­de­run­gen ihres Berufs jeder­zeit auf­tre­ten können. Da des­halb beim Auf­tre­ten einer Hypo­glyk­ämie ein Schuss­waf­fen­ge­brauch, das Führen von Ein­satz­fahr­zeu­gen oder auch ein hoher kör­per­li­cher Ein­satz (z.B. bei Anwen­dung von unmit­tel­ba­rer Zwang) immer auch die Gefahr eines Fehl­ver­hal­tens her­vor­ru­fen kann und somit eine nicht abschätz­ba­re Gefähr­dung der Beam­tin selbst und/oder Drit­ter nicht aus­zu­schlie­ßen ist, liegt bei der Klä­ge­rin keine Poli­zei­dienst­fä­hig­keit vor.

Anders als die Klä­ge­rin inter­pre­tiert der Senat die Ein­schät­zung der Sach­ver­stän­di­gen, ein Dienst an der Waffe sowie ein Dienst mit sehr hohem kör­per­li­chen Ein­satz sei “nicht zu emp­feh­len”, nicht dahin­ge­hend, dass bei ihr eine ein­ge­schränk­te Poli­zei­dienst­fä­hig­keit vor­lie­ge, so dass sie in gesund­heit­li­cher Hin­sicht gleich­wohl als Poli­zei­kom­mis­sa­rin zur Beam­tin auf Lebens­zeit ernannt werden könnte. Maß­geb­lich hier­für ist die Her­lei­tung dieser Aus­sa­ge der Sach­ver­stän­di­gen, die inso­fern von der Mög­lich­keit eines Poli­zei­voll­zugs­diens­tes ohne Waffe bzw. nur im Innen­dienst aus­geht (vgl. S. 18 des Gut­ach­tens). Der­ar­ti­ge Ein­satz­mög­lich­kei­ten in einer Funk­ti­on im Poli­zei­dienst ohne Waffe oder im Innen­dienst bestehen nach den plau­si­blen Dar­stel­lun­gen des Beklag­ten jedoch nur, wenn Poli­zei­voll­zugs­be­am­te auf Lebens­zeit in ihrer all­ge­mei­nen Poli­zei­dienst­fä­hig­keit ein­ge­schränkt sind. In sol­chen Fällen erfolgt aus Für­sor­ge­grün­den ein Ein­satz auf Innen­dienst­funk­tio­nen (z. B. in der Ein­satz­leit­zen­tra­le). Auf die hier vor­lie­gen­de Kon­stel­la­ti­on einer Pro­be­be­am­tin, bei der die für eine Über­nah­me in das Beam­ten­ver­hält­nis auf Lebens­zeit in der Lauf­bahn des Poli­zei­voll­zugs­diens­tes erfor­der­li­che gesund­heit­li­che Eig­nung wegen des Risi­kos einer Hypo­glyk­ämie und des damit ver­bun­de­nen Ver­bots, eine Waffe zu tragen (vgl. S. 19 f. des Gut­ach­tens), fehlt, kann diese Mög­lich­keit dage­gen nicht über­tra­gen werden.

2. Ist die Klä­ge­rin danach in gesund­heit­li­cher Hin­sicht für eine Tätig­keit als Poli­zei­voll­zugs­be­am­tin nicht geeig­net, gilt dies jedoch nicht für eine Über­nah­me als Beam­tin auf Lebens­zeit im all­ge­mei­nen Ver­wal­tungs­dienst. Hier­für erfüllt sie sowohl die all­ge­mei­nen (a) als auch erst recht die für Schwer­be­hin­der­te gel­ten­den her­ab­ge­senk­ten (b) gesund­heit­li­chen Eig­nungs­an­for­de­run­gen.

a) Die Klä­ge­rin ist in gesund­heit­li­cher Hin­sicht für eine Ernen­nung zur Beam­tin auf Lebens­zeit in einer Lauf­bahn des geho­be­nen Diens­tes außer­halb des Poli­zei­diens­tes geeig­net. Auch dies folgt aus dem Gut­ach­ten von Frau Dr. N. vom 13. August 2013. Inso­fern stellt die Sach­ver­stän­di­ge zunächst fest, dass bei der Klä­ge­rin allein wegen ihres Dia­be­tes mel­li­tus der­zeit keine Dienst­un­fä­hig­keit im Hin­blick auf ein Amt in der Lauf­bahn des geho­be­nen Diens­tes außer­halb des Poli­zei­diens­tes vor­liegt (S. 24 des Gut­ach­tens). Da seit dem Auf­tre­ten der Erkran­kung bei der Klä­ge­rin unstrei­tig keine krank­heits­be­ding­ten Fehl­zei­ten zu ver­zeich­nen sind, ist diese Aus­sa­ge von Frau Dr. N. nicht weiter in Zwei­fel zu ziehen.

Ist die Klä­ge­rin danach aktu­ell nicht dienst­un­fä­hig, so kann ihre Ent­las­sung wegen feh­len­der gesund­heit­li­cher Eig­nung für eine Ver­be­am­tung auf Lebens­zeit nur mit einer pro­gnos­ti­schen Ein­schät­zung begrün­det werden, nach der die Mög­lich­keit häu­fi­ger Fol­ge­er­kran­kun­gen oder eine dau­er­haf­te Dienst­un­fä­hig­keit schon vor Errei­chen der Alters­gren­ze wegen ihrer chro­ni­schen Erkran­kung an Dia­be­tes mel­li­tus Typ 1 nicht mit einem über­wie­gen­den Grad an Wahr­schein­lich­keit aus­ge­schlos­sen werden kann. Das ist vor­lie­gend indes­sen nicht der Fall.

Sowohl die Mög­lich­keit häu­fi­ger Fol­ge­er­kran­kun­gen als auch eine dau­er­haf­te Dienst­un­fä­hig­keit schon vor Errei­chen der Alters­gren­ze kann nach dem inso­weit her­an­zu­zie­hen­den Gut­ach­ten von Frau Dr. N. vom 13. August 2013 mit einem hohen Grad an Wahr­schein­lich­keit aus­ge­schlos­sen werden. Der Beklag­te hat diese fach­li­chen Ein­schät­zun­gen der Sach­ver­stän­di­gen nicht nur nicht in Zwei­fel gezo­gen, sie wurden vom Sit­zungs­ver­tre­ter in der münd­li­chen Ver­hand­lung sogar aus­drück­lich ein­ge­räumt. Des­halb kann zunächst auf die Aus­füh­run­gen von Frau Dr. N. in ihrem Gut­ach­ten vom 13. August 2013 ver­wie­sen werden.

Die Schluss­fol­ge­run­gen der Sach­ver­stän­di­gen sind nach­voll­zieh­bar und über­zeu­gend. Die Fach­ärz­tin stützt ihre medi­zi­ni­sche Ein­schät­zung auf eine voll­stän­di­ge Aus­wer­tung der Akten, die umfas­sen­de Ana­mne­se und ein­ge­hen­de kör­per­li­che Befund­er­he­bung bei der Klä­ge­rin sowie die Sich­tung und Beur­tei­lung der der­zeit in der aktu­el­len medi­zi­ni­schen Wis­sen­schaft vor­lie­gen­den Erkennt­nis­se zu den gesund­heit­li­chen Risi­ken bei einer Erkran­kung an Dia­be­tes mel­li­tus. Nach ihrer zusam­men­fas­sen­den Bewer­tung kommt sie bei der Klä­ge­rin auf­grund des Vor­lie­gens güns­ti­ger Fak­to­ren (gute Ein­stel­lung des Blut­zu­ckers und des Blut­dru­ckes, gute Blut­fett­wer­te und Niko­tin­abs­ti­nenz) zu dem schlüs­si­gen Ergeb­nis, die Mög­lich­keit häu­fi­ger Fol­ge­er­kran­kun­gen oder eine dau­er­haf­te Dienst­un­fä­hig­keit schon vor Errei­chen der Alters­gren­ze in der Lauf­bahn des geho­be­nen Diens­tes außer­halb des Poli­zei­voll­zugs­diens­tes könne bei der Klä­ge­rin mit einem hohen Grad an Wahr­schein­lich­keit aus­ge­schlos­sen werden.

Diesen Aus­füh­run­gen schließt sich der Senat nach einer umfas­sen­den inhalt­li­chen Aus­wer­tung des Gut­ach­tens an und macht sie sich zu Eigen. Die Anfor­de­run­gen, die das Bun­des­ver­wal­tungs­ge­richt nach seiner jüngs­ten Recht­spre­chung an den Pro­gno­se­maß­stab für die Lebens­zeit­er­nen­nung eines aktu­ell dienst­fä­hi­gen Pro­be­be­am­ten mit einer laten­ten Grund­er­kran­kung stellt, sind damit mehr als erfüllt. Danach muss eine dau­er­haf­te Dienst­un­fä­hig­keit schon vor Errei­chen der Alters­gren­ze ledig­lich mit einem über­wie­gen­den Grad an Wahr­schein­lich­keit aus­ge­schlos­sen werden können (Urteil vom 25. Juli 2013 — 2 C 12.11 -). Diesen Wahr­schein­lich­keits­maß­stab kann der Senat, der hierzu eine eigene Ein­schät­zung vor­zu­neh­men hat, auf der Grund­la­ge des vor­lie­gen­den Gut­ach­tens ohne jeden Zwei­fel als erfüllt anse­hen, lassen sich diese gesund­heit­li­chen Folgen doch nach den Aus­füh­run­gen der Sach­ver­stän­di­gen trotz der bei der Klä­ge­rin vor­han­de­nen chro­ni­schen Erkran­kung sogar mit einem hohen Grad an Wahr­schein­lich­keit aus­schlie­ßen.

b) Mit der von der Sach­ver­stän­di­gen in ihrem Gut­ach­ten vom 13. August 2013 gestell­ten güns­ti­gen Pro­gno­se­ein­schät­zung erfüllt die Klä­ge­rin dar­über hinaus die Min­dest­an­for­de­run­gen, die nach § 14 der Lauf­bahn­ver­ord­nung an eine gesund­heit­li­che Eig­nung von schwer­be­hin­der­ten Bewer­bern zu stel­len sind. Nach dieser Vor­ga­be darf von schwer­be­hin­der­ten Men­schen nur das Min­dest­maß kör­per­li­cher Eig­nung für die Wahr­neh­mung von Lauf­bahn­auf­ga­ben ver­langt werden. Die Klä­ge­rin gehört gemäß § 2 Abs. 2 SGB IX zu dieser Per­so­nen­grup­pe, da bei ihr nach dem Gut­ach­ten von Frau Dr. N. ein Grad der Schä­di­gung von 50 v. H. vor­liegt. Auf­grund der fach­ärzt­li­chen Pro­gno­se der Sach­ver­stän­di­gen, nach der die Mög­lich­keit häu­fi­ger Fol­ge­er­kran­kun­gen oder eine dau­er­haf­te Dienst­un­fä­hig­keit schon vor Errei­chen der Alters­gren­ze in der Lauf­bahn des geho­be­nen Diens­tes außer­halb des Poli­zei­voll­zugs­diens­tes mit einem hohen Grad an Wahr­schein­lich­keit aus­ge­schlos­sen werden kann, erfüllt die Klä­ge­rin in gesund­heit­li­cher Hin­sicht zugleich diese her­ab­ge­setz­ten Anfor­de­run­gen. Da die Sach­ver­stän­di­ge ihre fach­li­che Pro­gno­se aus­drück­lich auf den Zeit­raum bis zum Errei­chen der regu­lä­ren Alters­gren­ze erstreckt hat, bedarf es keiner wei­te­ren Aus­füh­run­gen zu der vom Beklag­ten weiter pro­ble­ma­ti­sier­ten Frage, ob bei Schwer­be­hin­der­ten wegen des bei dieser Per­so­nen­grup­pe jetzt gel­ten­den her­ab­ge­senk­ten Wahr­schein­lich­keits­maß­sta­bes auch eine Ver­kür­zung des Pro­gno­se­zeit­raums erfor­der­lich ist.

3. Ist die Klä­ge­rin aus diesen Grün­den in gesund­heit­li­cher Hin­sicht für eine Ernen­nung zur Beam­tin auf Lebens­zeit in einer Lauf­bahn des geho­be­nen Diens­tes außer­halb des Poli­zei­diens­tes geeig­net, so sind die mit ihrer Klage somit erfolg­reich ange­foch­te­nen Beschei­de voll­stän­dig auf­zu­he­ben. Dass diese teil­wei­se, näm­lich im Hin­blick auf die nicht gege­be­ne Poli­zei­dienst­fä­hig­keit der Klä­ge­rin, im Ergeb­nis zutref­fend sind, ist dem­ge­gen­über nicht erheb­lich. Ent­schei­dend ist viel­mehr, dass der Beklag­te die Mög­lich­keit der Ver­wen­dung der Klä­ge­rin in einer Lauf­bahn des geho­be­nen Diens­tes außer­halb des Poli­zei­diens­tes nicht zutref­fend beur­teilt hat.

Die Kos­ten­ent­schei­dung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Ent­schei­dung über die vor­läu­fi­ge Voll­streck­bar­keit wegen der Kosten beruht auf den § 167 VwGO i. V. m. § 708 Nr. 11, § 711 ZPO.

Die Revi­si­on ist nicht zuzu­las­sen, weil Gründe der in § 132 Abs. 2 VwGO, § 127 Beam­ten­rechts­rah­men­ge­setz bezeich­ne­ten Art nicht vor­lie­gen.

Beschluss

Der Wert des Streit­ge­gen­stan­des wird gemäß § 47 Abs. 1 Satz 1, § 52 Abs. 1 und Gerichts­kos­ten­ge­setz auf 19.253,33 Euro fest­ge­setzt.