Im Namen des Volkes

Urteil

5 U 78/09
13 O 2924/08 Land­ge­richt Olden­burg

Ver­kün­det am 21.04.2010

…, Jus­tiz­se­kre­tä­rin
als Urkunds­be­am­tin der Geschäfts­stel­le

In dem Rechts­streit

J… F… D…, …,

Kläger, Beru­fungs­klä­ger und Anschluss­be­ru­fungs­be­klag­ter,

Pro­zess­be­voll­mäch­tig­te:
Rechts­an­wäl­te …

gegen

A… V…VVaG, ver­tre­ten durch den Vor­stand, dieser ver­tre­ten durch den Vor­sit­zen­den, …

Beklag­ter, Beru­fungs­be­klag­ter und Anschluss­be­ru­fungs­klä­ger,

Pro­zess­be­voll­mäch­tig­te:
Rechts­an­wäl­te …

hat der 5. Zivil­se­nat des Ober­lan­des­ge­richts Olden­burg durch den Vor­sit­zen­den Rich­ter am Ober­lan­des­ge­richt …, den Rich­ter am Land­ge­richt … und den Rich­ter am Ober­lan­des­ge­richt … auf die münd­li­che Ver­hand­lung vom 7. April 2010 für Recht erkannt:

Die Beru­fung des Klä­gers gegen das am 15. Mai 2009 ver­kün­de­te Urteil der 13. Zivil­kam­mer des Land­ge­richts Olden­burg wird zurück­ge­wie­sen.
Auf die Anschluss­be­ru­fung des Beklag­ten wird das genann­te Urteil abge­än­dert und die Klage abge­wie­sen.
Die Kosten des Rechts­streits hat der Kläger zu tragen.
Das Urteil ist vor­läu­fig voll­streck­bar. Der Kläger kann die Zwangs­voll­stre­ckung gegen Sicher­heits­leis­tung in Höhe von 110% des auf Grund des Urteils voll­streck­ba­ren Betra­ges abwen­den, wenn nicht der Beklag­te vor der Voll­stre­ckung Sicher­heit in Höhe von 110% des jeweils zu voll­stre­cken­den Betra­ges leis­tet.

Die Revi­si­on wird nicht zuge­las­sen.

Gründe:

I.
Der Kläger macht Ansprü­che aus einem Ver­trag über eine Unfall­ver­si­che­rung gel­tend. Dem Ver­si­che­rungs­ver­trag liegen die All­ge­mei­nen Ver­si­che­rungs­be­din­gun­gen des Beklag­ten für die Unfall­ver­si­che­rung (AUB 2001) zugrun­de. Der Ver­trag kam auf einen Antrag des Klä­gers vom 10. April 2002 zustan­de. Zu dieser Zeit litt der Kläger bereits an einem insu­lin­pflich­ti­gen Dia­be­tes mel­li­tus Typ II und an Blut­hoch­druck. Außer­dem war ihm kurz zuvor, näm­lich am 26. Febru­ar 2002, die linke Klein­ze­he wegen dia­be­tes­be­ding­ter Nekro­sen ampu­tiert worden. In dem vom Kläger unter­schrie­be­nen Antrags­for­mu­lar ist die Frage, ob die zu ver­si­chern­de Person voll­stän­dig gesund und ohne kör­per­li­che Gebre­chen ist, mit „ja“ beant­wor­tet.
Am 20. Febru­ar 2005 rutsch­te der Kläger auf Glatt­eis aus und fiel auf den Hin­ter­kopf. Der Unfall ereig­ne­te sich vor dem Gerä­te­haus der Frei­wil­li­gen Feu­er­wehr T…. Der Kläger ist Mit­glied der Frei­wil­li­gen Feu­er­wehr und leis­te­te an dem frag­li­chen Tag all­ge­mei­nen Feu­er­wehr­dienst. Haupt­be­ruf­lich war der Kläger im Unfall­zeit­punkt als selbst­stän­di­ger Gast­wirt tätig.
Durch den Sturz erlitt der Kläger unter ande­rem ein Schä­del­hirn­trau­ma 2. Grades mit fron­ta­ler Schä­del­frak­tur sowie fron­ta­ler Sub­arach­no­idal und Sub­du­ral­blu­tung. Wegen der Ver­let­zun­gen wurde er vom 20. Febru­ar 2005 bis zum 10. März 2005 sta­tio­när in der A… Klinik in W… behan­delt. Daran schloss sich vom 10. März 2005 bis zum 28. April 2005 eine — eben­falls wegen der Folgen des Stur­zes not­wen­dig gewor­de­ne — sta­tio­nä­re Reha­bi­li­ta­ti­ons­be­hand­lung im Reha­bi­li­ta­ti­ons­zen­trum O… an.
Am 1. Juni 2005 begann der Kläger ein ambu­lan­tes neu­ro­psy­cho­lo­gi­sches Trai­ning in der Praxis des Neu­ro­lo­gen Dr. S…, das er — mit Unter­bre­chun­gen — min­des­tens bis in das Jahr 2006 hinein fort­setz­te. Wei­te­re sta­tio­nä­re Reha­bi­li­ta­ti­ons­maß­nah­men wurden vom 8. Novem­ber 2005 bis zum 6. Dezem­ber 2005 und vom 25. April 2006 bis zum 1. Juni 2006 jeweils in der Klinik am R… in B…. Im Juli 2006 wurde dem Kläger der rechte Unter­schen­kel ampu­tiert.
Am 13. Dezem­ber 2007 erhielt der Beklag­te erst­mals eine Scha­den­an­zei­ge betref­fend den besag­ten Sturz im Febru­ar 2005. In seinem Ant­wort­schrei­ben vom 17. Dezem­ber 2007 wies der Beklag­te darauf hin, dass eine ver­zö­ger­te Unfall­an­zei­ge zu einer Leis­tungs­frei­heit des Ver­si­che­rers führen könne, kün­dig­te aber gleich­zei­tig eine unver­bind­li­che Prü­fung an.
Im Dezem­ber 2007 führte Rechts­an­walt Dr. S… im Auf­trag des Klä­gers ein Tele­fo­nat mit Herrn S… aus dem Haus des Beklag­ten. In dem Tele­fo­nat sicher­te Herr S… zu, dass der Beklag­te bis zum 31. Dezem­ber 2008 darauf ver­zich­ten werde, die Ein­re­de der Ver­jäh­rung zu erhe­ben. Den Inhalt des Tele­fo­nats fass­ten die Bevoll­mäch­tig­ten des Klä­gers in einem an den Beklag­ten gerich­te­ten Schrift­satz vom 21. Dezem­ber 2007 zusam­men.
Unter dem 29. April 2008 erklär­te der Beklag­te über seine Bevoll­mäch­tig­ten die Anfech­tung des mit dem Kläger geschlos­se­nen Unfall­ver­si­che­rungs­ver­tra­ges. er machte gel­tend, der Kläger habe ihn bei Abschluss des Ver­tra­ges über seinen dama­li­gen Gesund­heits­zu­stand arg­lis­tig getäuscht. Leis­tun­gen aus dem Ver­si­che­rungs­ver­trag erhielt der Kläger nicht.
Der Kläger hat die Ansicht ver­tre­ten, bei ihm habe sich inner­halb eines Jahres nach dem Sturz vom 20. Febru­ar 2005 eine Inva­li­di­tät im Sinne des Unfall­ver­si­che­rungs­ver­tra­ges ein­ge­stellt. Dazu hat er behaup­tet, die unstrei­tig durch den Sturz her­vor­ge­ru­fe­nen Beschwer­den, nament­lich die Kon­zen­tra­ti­ons­stö­run­gen, die Antriebs­lo­sig­keit, der Kopf­schmerz und der Schwin­del, hätten sich bereits inner­halb eines Jahres nach dem Unfall als Dau­er­fol­gen ein­ge­stellt. Weiter habe sich auf Grund der langen Lie­ge­zei­ten wäh­rend der sta­tio­nä­ren Behand­lung in seinen Unter­schen­keln ein post­throm­bo­ti­sches Syn­drom ent­wi­ckelt. In der Folge habe sein rech­tes Bein unter­halb des Knies ampu­tiert werden müssen.
Die unfall­be­ding­te dau­er­haf­te Beein­träch­ti­gung seiner kör­per­li­chen und geis­ti­gen Leis­tungs­fä­hig­keit sei, wie in den Ver­si­che­rungs­be­din­gun­gen ver­langt, inner­halb von 15 Mona­ten nach dem Unfall durch einen Arzt schrift­lich fest­ge­hal­ten worden. Die ersten Fest­stel­lun­gen dazu seien in dem Zwi­schen­be­richt der Abtei­lung für Unfall und Wie­der­her­stel­lungs­chir­ur­gie der A… Klinik vom 20. Dezem­ber 2005 (Anlage K 13) ent­hal­ten. Ent­spre­chen­des ergebe sich aus dem Ent­las­sungs­be­richt der Klinik am R… vom 19. Januar 2006 (Anlage K 14) und einem wei­te­ren Zwi­schen­be­richt der Abtei­lung für Unfall und Wie­der­her­stel­lungs­chir­ur­gie der A…Klinik vom 23. Febru­ar 2006 (Anlage K 15).
Aller­dings, so der Kläger, habe er seine Ansprü­che nicht inner­halb von 15 Mo¬na¬ten nach dem Unfall gegen­über dem Beklag­ten gel­tend gemacht. Das habe seinen Grund in den erlit­te­nen Ver­let­zun­gen. Wegen unfall­be­ding­ter Gedächt­nis­stö­run­gen habe er sich nicht mehr an den Abschluss einer Unfall­ver­si­che­rung erin­nern können. Erst Ende 2007 habe ein in seiner Gast­stät­te täti­ger Mit­ar­bei­ter bemerkt, dass er eine Unfall­ver­si­che­rung abge­schlos­sen habe.
Im Übri­gen sei dem dama­li­gen Vor­stands­vor­sit­zen­den des Beklag­ten, Herrn G… E…, bekannt gewe­sen, dass er, der Kläger, auf Grund des Unfalls nicht mehr in seiner Gast­stät­te habe arbei­ten können.
Was die Anfech­tung des Ver­si­che­rungs­ver­tra­ges betrifft, so hat der Kläger den Stand­punkt ein­ge­nom­men, dass die betref­fen­de Erklä­rung des Beklag­ten schon des­halb wir­kungs­los sei, weil eine arg­lis­ti­ge Täu­schung nicht vor­lie­ge. Dazu hat er behaup­tet, er habe den Antrag auf Abschluss einer Unfall­ver­si­che­rung gar nicht selbst aus­ge­füllt. Viel­mehr habe er den Bogen auf Vor­schlag des Ver­si­che­rungs­ver­tre­ters G… B… in seiner Gast­stät­te blanko unter­schrie­ben. Anschlie­ßend habe Herr B… das For­mu­lar mit­ge­nom­men und die not­wen­di­gen Ein­tra­gun­gen vor­ge­nom­men.
Über­dies, so der Kläger, hätte der Beklag­te den Unfall­ver­si­che­rungs­ver­trag selbst dann abge­schlos­sen, wenn die Dia­be­tes­Er­kran­kung in dem Antrags­for­mu­lar ver­merkt worden wäre. Zudem sei der Vor­stands­vor­sit­zen­de G… E… bereits bei Abschluss des Ver­si­che­rungs­ver­tra­ges im Jahr 2002 auf Grund per­sön­li­cher Kon­tak­te genau über seinen Gesund­heits­zu­stand, ins­be­son­de­re über die Dia­be­tes­Er­kran­kung, unter­rich­tet gewe­sen.
Ange­sichts der geschil­der­ten Umstän­de habe er einen Anspruch auf die ver­ein­bar­te Inva­li­di­täts­grund­sum­me in Höhe 100.000,00 €, auf ein Kran­ken­haus­ta­ge­geld in Höhe von 8.800,00 € (50,00 € pro Tag für 176 Tage) und auf ein Gene­sungs­geld in Höhe von 5.000,00 € (50,00 € pro Tag für 100 Tage).

Vor dem Land­ge­richt hat der Kläger bean­tragt,
den Beklag­ten zu ver­ur­tei­len, an ihn 108.800 € zu zahlen sowie wei­te­re 5.000,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Pro¬zent¬punkten über dem Basis­zins­satz seit Rechts­hän­gig­keit.

Der Beklag­te hat bean­tragt,
die Klage abzu­wei­sen.

Er hat in Abrede gestellt, dass bei dem Kläger inner­halb eines Jahres nach dem Unfall dau­er­haf­te Beein­träch­ti­gun­gen der kör­per­li­chen oder geis­ti­gen Leis­tungs­fä­hig­keit ein­ge­tre­ten sind. Die Ampu­ta­ti­on des rech­ten Unter­schen­kels, so der Beklag­te, sei keine Folge des Stur­zes, son­dern auf die Dia­be­tes­Er­kran­kung des Klä­gers zurück­zu­füh­ren. Was die übri­gen nach dem Sturz auf­ge­tre­te­nen Beschwer­den angehe, so habe sich inner­halb des ersten Jahres zumin­dest keine dau­er­haf­te Beein­träch­ti­gung gezeigt.
Dem­entspre­chend habe auch kein Arzt inner­halb von 15 Mona­ten nach dem Unfall eine Inva­li­di­tät im Sinne des Ver­si­che­rungs­ver­trags schrift­lich fest­ge­stellt. Die von dem Kläger in diesem Zusam­men­hang auf­ge­führ­ten ärzt­li­chen Berich­te ent­hiel­ten inso­weit keine hin­rei­chen­den Anga­ben.
Ebenso wenig habe der Kläger die ver­spä­te­te Anzei­ge des Unfalls und der angeb­li­chen Inva­li­di­tät genü­gend ent­schul­digt. Ins­be­son­de­re beleg­ten die zur Ver­fü­gung ste­hen­den Arzt­be­rich­te nicht, dass der Kläger einen Gedächt­nis­ver­lust erlit­ten habe, der sich auf Umstän­de jen­seits des Unfall­ge­sche­hens bezie­he. Außer­dem ergebe sich weder aus der Scha­den­mel­dung vom 13. Dezem­ber 2007 noch aus sons­ti­gen vor­pro­zes­sua­len Schrei­ben, dass der Kläger eine Inva­li­di­täts­leis­tung begeh­re. Einen sol­chen Anspruch habe er erst­mals mit der Klage gel­tend gemacht.
Der Ver­si­che­rungs­ver­trag sei auch wegen arg­lis­ti­ger Täu­schung anfecht­bar. Ver­mit­telt worden sei der Ver­trag durch den dama­li­gen Außen­dienst­mit­ar­bei­ter G… B…. Dieser habe sich am 10. April 2002 mit dem Kläger und dessen Ehe­frau in deren Gast­stät­te getrof­fen. Dort habe Herr B… das Antrags­for­mu­lar nach den Anga­ben des Klä­gers und seiner Ehe­frau aus­ge­füllt. Unter ande­rem habe er die Frage nach der Gesund­heit der Antrag­stel­ler vor­ge­le­sen. Der Kläger und seine Ehe­frau hätten über­ein­stim­mend erklärt, dass sie gesund seien. Dem­entspre­chend habe Herr B… die Felder „ja“ ange­kreuzt. Schließ­lich habe der Kläger das aus­ge­füll­te Antrags­for­mu­lar durch­ge­se­hen und sodann unter­zeich­net.
Wäre die Dia­be­tes­Er­kran­kung bei Antrag­stel­lung bekannt gewe­sen, hätte er, der Beklag­te, den Kläger nicht ver­si­chert. Denn Dia­be­tes mel­li­tus führe früher oder später zu einer Gefühl­lo­sig­keit in den unte­ren Glied­ma­ßen und damit zu einer erhöh­ten Unfall­ge­fähr­dung.
Das Land­ge­richt hat dem Kläger nach Beweis­auf­nah­me ein Kran­ken­haus­ta­ge­geld und ein Gene­sungs­geld für jeweils 68 Tage, ins­ge­samt also 6.800,00 €, zuge­spro­chen, und zwar nebst Zinsen in Höhe von 5 Pro­zent­punk­ten über dem Basis­zins­satz auf 3.400,00 € seit dem 21. März 2009. Im Übri­gen hat es die Klage abge­wie­sen. Auf die tat­säch­li­chen Fest­stel­lun­gen in dem ange­foch­te­nen Urteil wird Bezug genom­men.
Gegen das Urteil, das dem Kläger am 2. Juni 2009 zuge­stellt worden ist, hat dieser mit einem am 22. Juni 2009 bei Gericht ein­ge­gan­ge­nen Schrift­satz Beru­fung ein­ge­legt. In seiner am 24. Juli 2009 ein­ge­gan­ge­nen Beru­fungs­be­grün­dung und in ergän­zen­den Schrift­sät­zen nimmt der Kläger den Stand­punkt ein, das Land­ge­richt habe ihm die Inva­li­di­täts­leis­tung zu Unrecht ver­sagt.
Er ver­tritt die Auf­fas­sung, dass eine Inva­li­di­tät inner­halb von 15 Mona­ten nach dem Unfall durch einen Arzt schrift­lich doku­men­tiert worden sei. Dazu ver­weist er unter ande­rem auf den Zwi­schen­be­richt der Abtei­lung für Unfall und Wie­der­her­stel­lungs­chir­ur­gie der A… Klinik vom 20. Dezem­ber 2005 (Anlage K 13), nament­lich auf die darin ent­hal­te­ne For­mu­lie­rung, dass wegen der Unfall­fol­gen eine Arbeits­fä­hig­keit in dem zuvor aus­ge­üb­ten Beruf als Gast­wirt nicht wieder ein­tre­ten werde. Zwar sei, so der Kläger, bei der Unfall­ver­si­che­rung die Fähig­keit, einen bestimm­ten Beruf aus­zu­üben, grund­sätz­lich nicht ent­schei­dend. Doch beleg­ten die zitier­ten ärzt­li­chen Fest­stel­lun­gen in der vor­lie­gen­den Gestal­tung zugleich eine dau­er­haf­te Beein­träch­ti­gung der kör­per­li­chen und geis­ti­gen Leis­tungs­fä­hig­keit. Denn die maß­ge­ben­den Sym­pto­me — kogni­ti­ve Defi­zi­te, Antriebs­stö­rung, Schwin­del, Kopf­schmerz — stün­den nicht nur spe­zi­ell einer Tätig­keit als Gast­wirt ent­ge­gen­ste­hen, son­dern wirk­ten sich ins­ge­samt auf die Lebens­füh­rung aus. Inso­fern belege auch der wei­te­re Zwi­schen­be­richt der A… Klinik vom 23. Febru­ar 2005 (Anlage K 15) eine Inva­li­di­tät im Sinne des Ver­si­che­rungs­ver­tra­ges. Immer­hin werde darin noch einmal her­vor­ge­ho­ben, dass er, der Kläger, seine Arbeit als selbst­stän­di­ger Gast­wirt auf Dauer nicht mehr werde auf­neh­men können, und zwar größ­ten­teils wegen der Unfall­fol­gen.
Eine dau­er­haf­te Beein­träch­ti­gung seiner kör­per­li­chen und geis­ti­gen Leis­tungs­fä­hig­keit ergebe sich außer­dem aus einem sozi­al­me­di­zi­ni­schen Gut­ach­ten des Priv.Doz. Dr. M… vom 20. Juni 2005, das im Rahmen eines von ihm geführ­ten sozi­al­ge­richt­li­chen Ver­fah­rens (Az.: S 3 LW 14/04) durch das Sozi­al­ge­richt Olden­burg ein­ge­holt worden sei. In dem Gut­ach­ten, so der Kläger, werde aus­ge­führt, dass sein Leis­tungs­ver­mö­gen für alle Tätig­kei­ten des all­ge­mei­nen Arbeits­mark­tes infol­ge des Unfalls voll­stän­dig auf­ge­ho­ben sei.
Dass er das Gut­ach­ten nicht bereits in der ersten Instanz vor­ge­legt habe, beruhe nicht auf Nach­läs­sig­keit. Auf Grund seiner unfall­be­ding­ten Gedächt­nis­stö­run­gen und seiner all­ge­mein gerin­gen Leis­tungs­fä­hig­keit habe er sich nicht mehr an das Gut­ach­ten und die darin ent­hal­te­nen Fest­stel­lun­gen erin­nern können. Viel­mehr sei es sein Mit­ar­bei­ter B… R… gewe­sen, der sich nach Abschluss des Ver­fah­rens vor dem Land­ge­richt daran erin­nert habe, dass 2005 in dem sozi­al­ge­richt­li­chen Ver­fah­ren ein Gut­ach­ten ein­ge­holt worden sei. Herr R… arbei­te nicht nur in der Gast­stät­te mit, son­dern küm­me­re sich seit dem Unfall auch zuneh­mend um seine finan­zi­el­len Ange­le­gen­hei­ten.
Was die ver­spä­te­te Gel­tend­ma­chung der Inva­li­di­täts­leis­tung betrifft, so ver­tieft der Kläger seinen erst­in­stanz­li­chen Vor­trag, wonach er sich wegen des Unfalls nicht mehr an den Abschluss einer Unfall­ver­si­che­rung erin­nern konnte. Das Bestehen einer Unfall­ver­si­che­rung sei dem Mit­ar­bei­ter R… erst Ende 2007 auf­grund der regel­mä­ßi­gen Bei­trags­über­wei­sun­gen auf­ge­fal­len.

In einem Schrift­satz vom 6. April 2010 — über­reicht in der münd­li­chen Ver­hand­lung vor dem Senat am 7. April 2010 — führt der Kläger weiter aus, seine Ehe­frau habe sich wegen einer Scha­den­an­zei­ge tele­fo­nisch mit dem Beklag­ten in Ver­bin­dung gesetzt. Dar­auf­hin seien — nach Anmel­dung — zwei Außen­dienst­mit­ar­bei­ter erschie­nen und hätten mit ihm, dem Kläger, und seiner Ehe­frau gespro­chen. Sodann hätten die Außen­dienst­mit­ar­bei­ter das For­mu­lar für die Scha­den­an­zei­ge „nach eige­nem Gut­dün­ken“ aus­ge­füllt und ihm zur Unter­schrift vor­ge­legt. Anschlie­ßend hätten die Außen­dienst­mit­ar­bei­ter die Scha­den­an­zei­ge mit­ge­nom­men. Inso­fern sei davon aus­zu­ge­hen, dass sie auch die in dem For­mu­lar genann­te Anlage in Emp­fang genom­men haben.
Ein Anfech­tungs­recht des Beklag­ten vermag der Kläger nach wie vor nicht zu erken­nen. Eine arg­lis­ti­ge Täu­schung stellt er in Abrede. Über­dies habe Herr G… E…, Mit­glied im Vor­stand des Beklag­ten, im Jahr 2006 erfah­ren, dass ihm, dem Kläger ein Bein ampu­tiert worden sei. Des­halb sei anzu­neh­men, dass ihm auch die Dia­be­tes­Er­kran­kung nicht ver­bor­gen geblie­ben sei. Damit habe die ein­jäh­ri­ge Anfech­tungs­frist für den Beklag­ten im Jahr 2006 begon­nen mit der Folge, dass sie bei Erklä­rung der Anfech­tung im Jahr 2008 ver­stri­chen gewe­sen sei.
Nach­dem der Kläger in der Beru­fungs­be­grün­dung die Zah­lung wei­te­rer 100.000,00 € nebst Zinsen begehrt hatte, hat er die Klage mit Schrift­satz vom 21. Okto­ber 2009 erwei­tert.

Der Kläger bean­tragt nun­mehr,
das ange­foch­te­ne Urteil zu ändern und den Beklag­ten zu ver­ur­tei­len, an ihn — über die zuge­spro­che­nen 6.800,00 € hinaus — wei­te­re 400.000,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozent¬punkten über dem Basis­zins­satz seit Rechts­hän­gig­keit zu zahlen.
Der Beklag­te bean­tragt,
die Beru­fung zurück­zu­wei­sen.

Er ver­tei­digt das ange­foch­te­ne Urteil, soweit das Land­ge­richt die Klage abge­wie­sen hat. Auch das erst in der Beru­fungs­in­stanz vor­ge­leg­te sozi­al­me­di­zi­ni­sche Gut­ach­ten des Priv.Doz. Dr. M… vom 20. Juni 2005 belegt nach seiner Auf­fas­sung nicht, dass der in Rede ste­hen­de Sturz zu einer Inva­li­di­tät des Klä­gers geführt hat. Viel­mehr, so der Beklag­te, ergebe sich aus dem Gut­ach­ten, dass der Kläger auf Grund von viel­fäl­ti­gen Vor­er­kran­kun­gen bereits vor dem Unfall arbeits­un­fä­hig gewe­sen sei und eine voll­stän­di­ge Inva­li­di­tät vor­ge­le­gen habe. Außer­dem sei eine Ver­wer­tung des Gut­ach­tens im Beru­fungs­ver­fah­ren unzu­läs­sig, weil der Kläger nicht hin­rei­chend dar­ge­tan habe, wes­halb ihm eine Vor­la­ge nicht bereits in erster Instanz mög­lich gewe­sen sei.
Die ver­spä­te­te Unfall­an­zei­ge hält der Beklag­te nach wie vor nicht für ent­schul­digt. Dies umso weni­ger, als er — unstrei­tig — im Januar 2005 und Febru­ar 2005 den Bei­trag für die Unfall­ver­si­che­rung ange­mahnt hat. Am 3. März 2005, so der Beklag­te, sei der Rück­stand dann aus­ge­gli­chen worden. Wenn es dem Kläger gelun­gen sei, den Bei­trag für die Unfall­ver­si­che­rung kurz nach seinem Sturz zu zahlen, hätte er auch eine Scha­den­mel­dung über­mit­teln können.
Schließ­lich erhebt der Beklag­te die Ein­re­de der Ver­jäh­rung.
Soweit das Land­ge­richt dem Kläger ein Kran­ken­haus­ta­ge­geld und ein Gene­sungs­geld in Höhe von ins­ge­samt 6.800,00 € nebst Zinsen zuge­spro­chen hat, hält der Beklag­te das Urteil für feh­ler­haft. Er hat sich des­halb der Beru­fung des Klä­gers ange­schlos­sen. Der betref­fen­de Schrift­satz ist am 26. August 2009 und damit inner­halb der für die Beru­fungs­er­wi­de­rung gesetz­ten Frist (28. August 2009) bei Gericht ein­ge­gan­gen.
Nach Ansicht des Beklag­ten ist das Land­ge­richt zu Unrecht davon aus­ge­gan­gen, dass ihm der Beweis einer arg­lis­ti­gen Täu­schung beim Abschluss des Ver­si­che­rungs­ver­tra­ges nicht gelun­gen ist. Auf der Grund­la­ge des aktu­el­len Sach und Streit­stan­des seien die Anga­ben der Zeugin D… vor dem Land­ge­richt nicht glaub­haft. Das gelte ins­be­son­de­re für die Aus­sa­ge, mit dem Zeugen B… sei am 10. April 2002 bei der Auf­nah­me des Antrags über die Dia­be­tes­Er­kran­kung des Klä­gers gespro­chen worden. Wie dem sozi­al­me­di­zi­ni­schen Gut­ach­ten des Priv.Doz. Dr. M… zu ent­neh­men sei, sei dem Kläger kurz vor der Antrag­stel­lung die linke Klein­ze­he wegen Nekro­sen ampu­tiert worden. Die Ampu­ta­ti­on habe die Zeugin D… vor dem Land­ge­richt — unstrei­tig — nicht erwähnt. Dass der Kläger und seine Ehe­frau den Zeugen B… zwar über die Dia­be­tes­Er­kran­kung als solche, nicht aber über die Ampu­ta­ti­on der Zehe unter­rich­tet haben, sei nicht plau­si­bel. Da die Ampu­ta­ti­on in der Beweis­auf­nah­me nicht zur Spra­che gekom­men sei, sei viel­mehr der Schluss gerecht­fer­tigt, dass die Aus­sa­ge des Zeugen B… zutref­fe, wonach der Kläger und seine Ehe­frau sich damals als gesund bezeich­net haben.

Im Wege der Anschluss­be­ru­fung bean­tragt der Beklag­te,
das ange­foch­te­ne Urteil abzu­än­dern und die Klage abzu­wei­sen.

Der Kläger bean­tragt,
die Anschluss­be­ru­fung zurück­zu­wei­sen.

Er ver­tei­digt das ange­foch­te­ne Urteil, soweit ihm 6.800,00 € zuge­spro­chen worden sind.
Wegen der wei­te­ren Ein­zel­hei­ten des Vor­brin­gens der Par­tei­en wird auf deren vor­be­rei­ten­de Schrift­sät­ze nebst Anla­gen, die Gegen­stand der münd­li­chen Ver­hand­lung waren, Bezug genom­men.

Der Senat hat Beweis erho­ben durch Ver­neh­mung der Zeugen G… B… und I…D…. Wegen des Ergeb­nis­ses der Beweis­auf­nah­me wird auf das Pro­to­koll der Sit­zung vom 7. April 2010 ver­wie­sen.

II.
Die Beru­fung des Klä­gers ist zuläs­sig. In der Sache musste ihr jedoch der Erfolg ver­sagt blei­ben. Der Kläger hat keinen Anspruch auf die von ihm gel­tend gemach­te Inva­li­di­täts­leis­tung.
1.
Die For­de­rung des Klä­gers schei­tert bereits daran, dass der Beklag­te den frag­li­chen Ver­si­che­rungs­ver­trag wegen arg­lis­ti­ger Täu­schung wirk­sam ange­foch­ten hat. Der Ver­trag ist des­halb als von Anfang an nich­tig anzu­se­hen ist (§ 22 VVG a. F. in Ver­bin­dung mit §§ 123 Abs. 1, 142 Abs. 1 BGB).
a) Aus­weis­lich des vor­ge­leg­ten Ver­si­che­rungs­scheins (Anlage K 1) unter­hielt der Kläger am 20. Febru­ar 2005, dem Zeit­punkt des Stur­zes, bei der Beklag­ten eine Unfall­ver­si­che­rung des Typs „Unfall Exclu­siv“. Dem Ver­trag lagen die All­ge­mei­nen Ver­si­che­rungs­be­din­gun­gen des Beklag­ten für die Unfall­ver­si­che­rung (AUB 2001 — Anlage K 2) zugrun­de. Auf den Ver­trag ist das Ver­si­che­rungs­ver­trags­ge­setz in seiner alten Fas­sung anzu­wen­den. Da er vor dem 1. Januar 2008 geschlos­sen worden ist, han­delt es sich um einen Alt­ver­trag im Sinne des Art. 1 Abs. 1 EGVVG. Ist bei Alt­ver­trä­gen ein Ver­si­che­rungs­fall — wie hier — bis zum 31. Dezem­ber 2008 ein­ge­tre­ten, ist das Ver­si­che­rungs­ver­trags­ge­setz in der alten Fas­sung maß­ge­bend (Art. 1 Abs. 2 EGVVG).
b) Mit vor­pro­zes­sua­lem Schrift­satz vom 29. April 2008 (Anlage B 5) hat der Beklag­te gegen­über den Bevoll­mäch­tig­ten des Klä­gers die Anfech­tung des Unfall­ver­si­che­rungs­ver­tra­ges wegen arg­lis­ti­ger Täu­schung erklärt. Der Beklag­te macht ins­be­son­de­re gel­tend, der Kläger habe sich bei Bean­tra­gung der Unfall­ver­si­che­rung als voll­stän­dig gesund dar­ge­stellt, obwohl er damals bereits seit Jahren unter einem medi­ka­men­tös behan­del­ten Blut­hoch­druck und insu­lin­pflich­ti­gem Dia­be­tes mel­li­tus Typ II gelit­ten habe und obwohl ihm erst wenige Wochen zuvor die linke Klein­ze­he wegen Nekro­sen ampu­tiert worden sei. Hätte er, der Beklag­te, bei Antrag­stel­lung von der Dia­be­tes­Er­kran­kung des Klä­gers gewusst, hätte er einen Unfall­ver­si­che­rungs­ver­trag mit dem vor­lie­gen­den Inhalt nicht abge­schlos­sen. Denn bei Per­so­nen mit Dia­be­tes mel­li­tus stelle sich viel­fach eine Gefühllosigkeit/Taubheit an den unte­ren Glied­ma­ßen ein, was die Unfall­ge­fahr erhöhe.

c) Die Anfech­tungs­er­klä­rung des Beklag­ten ist wirk­sam.
aa) Gemäß § 123 Abs. 1 BGB i. V. m. § 22 VVG a. F. kann der Ver­si­che­rer den Ver­si­che­rungs­ver­trag anfech­ten, wenn er arg­lis­tig über erheb­li­che Gefahr­um­stän­de getäuscht worden ist. Das kommt ins­be­son­de­re in Betracht, wenn ein Ver­si­che­rungs­neh­mer bei der Antrag­stel­lung seine Anzei­ge­pflicht nach § 16 Abs. 1 VVG a. F. ver­letzt hat. So ver­hält es sich hier.
(1) Nach dem Ergeb­nis der Beweis­auf­nah­me steht zur Über­zeu­gung des Senats fest, dass der Kläger bei der Auf­nah­me des Antrags auf Abschluss einer Unfall­ver­si­che­rung im April 2002 der Wahr­heit zuwi­der erklärt hat, er sei gesund.
(a) Der Zeuge G… B…, der den Antrag sei­ner­zeit — unstrei­tig — ent­ge­gen­ge­nom­men hat, hat in der Beweis­auf­nah­me vor dem Senat bekun­det, der Kläger habe sich so geäu­ßert, wie es in dem Antrags­for­mu­lar ange­kreuzt sei. Als er den Kläger und dessen Ehe­frau wegen der Auf­nah­me des Antrags — nach Ver­ein­ba­rung eines ent­spre­chen­den Ter­mins — auf­ge­sucht habe, sei das Antrags­for­mu­lar zwar im Wesent­li­chen schon aus­ge­füllt gewe­sen. das habe eine Kol­le­gin über­nom­men. Noch nicht ange­kreuzt gewe­sen sei aber die Ant­wort auf die Frage, ob die zu ver­si­chern­de Person voll­stän­dig gesund und ohne kör­per­li­che Gebre­chen sei. Diese Frage habe er, der Zeuge B…, dem Kläger und seiner Ehe­frau vor­ge­le­sen. Dar­auf­hin hätten beide geant­wor­tet, sie seien gesund. Irgend­wel­che Krank­hei­ten hätten sie nicht ange­spro­chen. Ins­be­son­de­re sei kein Dia­be­tes zur Spra­che gekom­men. Daran könne er sich kon­kret erin­nern. Er meine auch, es sei nicht erwähnt worden, dass dem Kläger kurz vor dem Tref­fen ein Zeh ampu­tiert worden sei. in diesem Punkt sei er aber nicht völlig sicher. Falls die Ampu­ta­ti­on erwähnt worden wäre, hätte er sich aber auf jeden Fall erkun­digt, warum es dazu gekom­men sei. Kei­nes­falls hätten der Kläger oder seine Ehe­frau erläu­tert, dass die Ampu­ta­ti­on auf den Dia­be­tes des Klä­gers zurück­ge­he.
Bis zu dem Gespräch sei ihm nichts über den Gesund­heits­zu­stand des Klä­gers bekannt gewe­sen. Wenn­gleich er sich mit dem Ehe­paar D… — auf dessen Vor­schlag hin — geduzt habe, hätten außer geschäft­li­chen Kon­tak­ten kei­ner­lei Berüh­rungs­punk­te mit der Fami­lie D… exis­tiert. Den Anga­ben des Klä­gers und seiner Ehe­frau ent­spre­chend habe er bei der besag­ten Gesund­heits­fra­ge die Felder „ja“ ange­kreuzt. Anschlie­ßend habe der Kläger das For­mu­lar unter­schrie­ben.

(b) Die Bekun­dun­gen des Zeugen B… sind nach Über­zeu­gung des Senats glaub­haft. Der Senat ver­kennt nicht, dass der Zeuge als Mit­ar­bei­ter des Beklag­ten ein Inter­es­se am Aus­gang des vor­lie­gen­den Rechts­streits hat. Gleich­wohl liegen — auch nach dem per­sön­li­chen Ein­druck, den der Zeuge in der Sit­zung am 7. April 2010 hin­ter­las­sen hat — keine Anhalts­punk­te dafür vor, dass er sich des­halb zu einer fal­schen Aus­sa­ge hat hin­rei­ßen lassen. Seine Anga­ben waren nicht nur in sich schlüs­sig, son­dern er war auch erkenn­bar darum bemüht, wahr­heits­ge­mäß zu ant­wor­ten und vor­han­de­ne Gedächt­nis­lü­cken zu offen­ba­ren. Auf die Frage, ob über die Zeham­pu­ta­ti­on des Klä­gers gespro­chen worden sei, hat er bei­spiels­wei­se unum­wun­den ein­ge­räumt, inso­weit nicht „hun­dert­pro­zen­tig sicher“ zu sein. Diese Ein­schrän­kung weist darauf hin, dass es nicht die Inten­ti­on des Zeugen B… war, dem Beklag­ten durch eine für diesen mög­lichst güns­ti­ge, not­falls auch unwah­re Aus­sa­ge zu einem Obsie­gen in dem vor­lie­gen­den Rechts­streit zu ver­hel­fen.
Schließ­lich erscheint es nach der Lebens­er­fah­rung auch unwahr­schein­lich, dass der Zeuge B… den Abschluss eines Unfall­ver­si­che­rungs­ver­tra­ges mit dem Kläger „um jeden Preis“ her­bei­füh­ren wollte. Wie der Zeuge bereits vor dem Land­ge­richt bekun­det hat, unter­hielt das Ehe­paar D… im Zeit­punkt des frag­li­chen Gesprächs bereits meh­re­re Ver­si­che­run­gen bei dem Beklag­ten. Da der Zeuge nach eige­nem Bekun­den bereits seit 1996 bei dem Beklag­ten tätig ist, hatte er dort bis 2002 schon meh­re­re Jahre Erfah­rung gesam­melt. Es ist daher zu erwar­ten, dass ihm eher daran gele­gen war, (pro­vi­si­ons) wirk­sa­me Ver­trä­ge abzu­schlie­ßen, als durch ekla­tant fal­sche Anga­ben in einem Antrags­for­mu­lar die gute Geschäfts­be­zie­hung zu dem Ehe­paar D… zu gefähr­den und eine Aus­ein­an­der­set­zung mit seinem Arbeit­ge­ber zu ris­kie­ren.

© Die Aus­sa­ge der Zeugin I… D… vermag die Bekun­dun­gen des Zeugen B… aus Sicht des Senats nicht zu erschüt­tern.
(aa) Aller­dings hat sie in der Beweis­auf­nah­me am 7. April 2010 geschil­dert, sie und ihr Ehe­mann — der Kläger — hätten dem Zeugen B… wäh­rend des be
sagten Gesprächs über den Dia­be­tes berich­tet. Sie hätten auch die Aus­wir­kun­gen dar­ge­legt, zum Bei­spiel den Blut­hoch­druck und die Tat­sa­che, dass dem Kläger wegen dia­be­tes­be­ding­ter Nekro­sen der kleine Zeh ampu­tiert worden sei. Der Zeuge B… habe jedoch sinn­ge­mäß erwi­dert, dass jeder Zweite unter Dia­be­tes leide und diese Krank­heit nichts mit einer Unfall­ver­si­che­rung zu tun habe.
(bb) Der Senat ver­moch­te diesen Anga­ben keinen Glau­ben zu schen­ken. Schon der Anlass dafür, Aus­künf­te zu dem Gesund­heits­zu­stand des Klä­gers zu geben, ist nach der Aus­sa­ge der Zeugin D… nicht recht nach­voll­zieh­bar. Ihren Bekun­dun­gen zufol­ge hat der Zeuge B… die in dem Antrags­for­mu­lar nie­der­ge­leg­te Gesund­heits­fra­ge nicht vor­ge­le­sen. Wie man kon­kret auf die Erkran­kun­gen des Klä­gers zu spre­chen gekom­men ist, ver­moch­te die Zeugin nicht zu sagen.
Im Hin­blick auf die Gesund­heits­fra­ge wichen ihre Anga­ben vor dem Senat auch von den­je­ni­gen Bekun­dun­gen ab, die sich in dem Pro­to­koll der erst­in­stanz­li­chen Beweis­auf­nah­me vom 24. April 2009 finden. So heißt es dort zunächst: „Diese Gesund­heits­fra­gen, die sind gestellt worden.“ Im Anschluss daran findet sich die Aus­sa­ge: „Wenn ich sagen soll, ob Herr B… sie vor­ge­le­sen hat, so weiß ich das nicht. […] Ich glaube, dass er diese Frage nicht vor­ge­le­sen hat, so genau wört­lich jeden­falls nicht.“ Diesen For­mu­lie­run­gen zufol­ge hatte die Zeugin D… vor dem Land­ge­richt gar keine siche­re Erin­ne­rung daran, ob der Zeuge B… die Gesund­heits­fra­ge vor­ge­le­sen hat oder nicht.
Mit Blick auf die Frage, inwie­weit das Antrags­for­mu­lar aus­ge­füllt gewe­sen ist, als der Kläger es unter­schrie­ben hat, hat die Zeugin D… vor dem Land­ge­richt aus­weis­lich des Pro­to­kolls vom 24. April 2009 erklärt: „Es hat dann einen Termin mit Herrn B… gege­ben […]. Wir haben vorn in der Gast­stät­te geses­sen und das bespro­chen und alles andere auch, weil man sich ja schließ­lich gut kennt. Er hat alles ange­kreuzt und mein Mann hat nur unter­schrie­ben, nichts ande­res.“
Dem­ge­gen­über hat die Zeugin D… vor dem Senat aus­ge­sagt, der Kläger habe das For­mu­lar blanko unter­schrie­ben. es sei in diesem Zeit­punkt an keiner Stelle aus­ge­füllt gewe­sen. Nach­dem der Beklag­ten­ver­tre­ter der Zeugin D… die erst­in­stanz­li­che Aus­sa­ge vor­ge­hal­ten hatte, hat die Zeugin erklärt, sie habe vor dem Land­ge­richt das­sel­be gemeint wie vor dem Senat.
Zwar ist eine solche sprach­li­che Unge­nau­ig­keit nicht völlig aus­ge­schlos­sen. Doch hat der Kläger sei­ner­seits einen Ablauf vor­tra­gen lassen, der wie­der­um von den Anga­ben der Zeugin D… abweicht. Aus­weis­lich seines Schrift­sat­zes vom 9. März 2009 hat er gar „keine Anga­ben über seinen Krank­heits­zu­stand gemacht“. Viel­mehr soll der Zeuge B… erklärt haben, er wisse alles Not­wen­di­ge und werde das For­mu­lar aus­fül­len. er, der Kläger, müsse es nur blanko unter­schrei­ben.
Bemer­kens­wert ist ferner, dass die Zeugin D… in der ersten Instanz auf die Frage, was denn eigent­lich kon­kret über den Dia­be­tes aus­ge­führt worden sei, dem Pro­to­koll zufol­ge geant­wor­tet hat, es sei „ein­fach nur so“ über die Erkran­kung gespro­chen worden. Uner­wähnt gelas­sen hat die Zeugin D… in diesem Zusam­men­hang die Tat­sa­che, dass dem Kläger am 26. Febru­ar 2002 und damit wenige Wochen vor der frag­li­chen Antrag­stel­lung die linke Klein­ze­he wegen dia­be­tes­be­ding­ter Nekro­sen ampu­tiert worden war. Nach­dem der Beklag­te diese Auf­fäl­lig­keit in seiner Anschluss­be­ru­fungs­schrift vom 25. August 2009 her­vor­ge­ho­ben hatte, hat die Zeugin D… vor dem Senat — wie dar­ge­legt — bekun­det, der Zeuge B… sei auch über die Ampu­ta­ti­on unter­rich­tet worden. Warum sie vor dem Land­ge­richt diesen auf eine beson­ders ein­schnei­den­de Maß­nah­me bezo­ge­nen Teil des Gesprächs nicht erwähnt hat, ver­moch­te die Zeugin auf Nach­fra­ge des Beklag­ten­ver­tre­ters nicht zu erklä­ren. Im Übri­gen geht der Kläger in seinem Schrift­satz vom 15. Okto­ber 2009 offen­bar selbst davon aus, dass die Ampu­ta­ti­on seines Zehs nicht zur Spra­che gekom­men sei („[…] Dass nicht expli­zit über die Ampu­ta­ti­on des Zehs […] gespro­chen wurde, steht dem nicht ent­ge­gen.“).
Schließ­lich hat die Zeugin D… als Ehe­frau des Klä­gers ein erheb­li­ches Inter­es­se am Aus­gang dieses Rechts­streits. Aus Sicht des Senats bedeu­tet das zwar nicht zwin­gend, dass die Klä­ge­rin bewusst falsch aus­ge­sagt hat. Es besteht auch die Mög­lich­keit, dass sie durch häu­fi­ge Reka­pi­tu­la­ti­on der für sie bedeut­sa­men Vor­gän­ge inzwi­schen davon über­zeugt ist, dass ihre Schil­de­run­gen dem tat­säch­lich Gesche­he­nen ent­spre­chen, zumal seit der Auf­nah­me des Antrags inzwi­schen 8 Jahre ver­gan­gen sind. In keinem Fall sind die viel­fach pau­scha­len, teil­wei­se wech­sel­haf­ten und mit meh­re­ren Unge­reimt­hei­ten behaf­te­ten Anga­ben der Zeugin D… jedoch geeig­net, die plau­si­ble und nach der Lebens­er­fah­rung wahr­schein­li­che Aus­sa­ge des Zeugen B… in Frage zu stel­len.
(d) Danach steht fest, dass der Kläger und seine Ehe­frau sich bei der Auf­nah­me des frag­li­chen Ver­si­che­rungs­an­trags — den Anga­ben auf dem For­mu­lar ent­spre­chend — als gesund bezeich­net haben. Ins­be­son­de­re haben sie den Zeugen B… nicht über den Dia­be­tes des Klä­gers oder Fol­ge­er­kran­kun­gen unter­rich­tet. Selbst in dem — vom Zeugen B… nicht sicher aus­zu­schlie­ßen­den — Fall, dass eine Zeham­pu­ta­ti­on des Klä­gers erwähnt worden ist, haben die Ehe­leu­te D… nicht offen­bart, dass dia­be­tes­be­ding­te Nekro­sen der Grund für diesen Ein­griff waren. Auch nach­dem der Zeuge B… die Aus­sa­ge der Zeugin D… gehört hatte, war er sich sicher, dass über einen Dia­be­tes mit keinem Wort gespro­chen worden sei. Über­dies hat er glaub­haft bekun­det, vor der Auf­nah­me des Antrags nichts über den Gesund­heits­zu­stand des Klä­gers gewusst zu haben.

(2) Aller­dings ver­tritt der Kläger die Auf­fas­sung, es fehle unab­hän­gig davon, was dem Zeugen B… bei Antrag­stel­lung mit­ge­teilt worden sei, an einer Täu­schung des Beklag­ten.
(a) Dazu trägt er vor, der dama­li­ge Vor­stands­vor­sit­zen­de des Beklag­ten, Herr G… E…, sei voll­stän­dig und umfas­send über seine gesund­heit­li­che Situa­ti­on infor­miert gewe­sen. Herr E… sei sei­ner­zeit auch haupt­be­ruf­lich Auk­tio­na­tor gewe­sen und habe in dieser Eigen­schaft in geschäft­li­chem Kon­takt mit ihm, dem Kläger, gestan­den. Es habe sich ein enger per­sön­li­cher Kon­takt ent­wi­ckelt, der fast als Freund­schaft zu bezeich­nen sei. Bereits im Jahr 2002 seien Herrn E… alle seine kör­per­li­chen Beein­träch­ti­gun­gen bekannt gewe­sen.
(b) Dieser Argu­men­ta­ti­on vermag der Senat nicht zu folgen. Umstän­de, die es ermög­li­chen könn­ten, das angeb­li­che Wissen des Herrn E… dem Beklag­ten zuzu­rech­nen, sind nicht dar­ge­tan. Weder ist sub­stan­zi­iert vor­ge­tra­gen, was genau Herr E… wann erfah­ren haben soll, noch ist dem Vor­trag des Klä­gers zu ent­neh­men, dass Herr E… sein angeb­li­ches Wissen in seiner Eigen­schaft als Reprä­sen­tant des Beklag­ten erlangt hat. Über­dies war Herr E…, soweit ersicht­lich, nicht unmit­tel­bar in den kon­kre­ten Ver­si­che­rungs­ab­schluss ein­ge­bun­den. Der Kläger konnte des­halb nicht ohne wei­te­res davon aus­ge­hen, dass die für den Ver­trags­ab­schluss zustän­di­ge Abtei­lung über Herrn E… von seinen gesund­heit­li­chen Ein­schrän­kun­gen Kennt­nis erlangt.
(3) Nach dem Gesag­ten hat der Kläger den Beklag­ten bei Abschluss des Unfall­ver­si­che­rungs­ver­tra­ges über erheb­li­che Gefahr­um­stän­de getäuscht.
(a) Gefah­rer­heb­lich ist jeder Umstand, der geeig­net ist, auf den Ent­schluss des Ver­si­che­rers, einen Ver­trag über­haupt oder zu den ver­ein­bar­ten Bedin­gun­gen abzu­schlie­ßen, Ein­fluss aus­zu­üben (vgl. Prölss, in: Prölss/Martin, VVG, 27. Aufl., § 16, Rn. 2, 7 m. w. N.).
(b) Das trifft auf den insu­lin­pflich­ti­gen Dia­be­tes mel­li­tus Typ II und die Fol­ge­er­kran­kun­gen zu. Die Dar­le­gun­gen des Beklag­ten, wonach er den Unfall­ver­si­che­rungs­ver­trag mit dem Kläger nicht oder nicht mit dem­sel­ben Inhalt abge­schlos­sen hätte, wenn er bei Ver­trags­schluss über die insu­lin­pflich­ti­ge Dia­be­tes­Er­kran­kung unter­rich­tet worden wäre, ist — auch unter Berück­sich­ti­gung des dama­li­gen Alters des Klä­gers (54 Jahre) — über­zeu­gend. Wie unter ande­rem dem mit der Beru­fungs­be­grün­dung vor­ge­leg­ten sozi­al­me­di­zi­ni­schen Gut­ach­ten vom 20. Juni 2005 zu ent­neh­men ist, hat sich die vom Beklag­ten gel­tend gemach­te Gefahr einer Poly­neu­ro­pa­thie mit Gang­un­si­cher­heit bei dem Kläger bereits ver­wirk­licht. Hinzu kommt die schon vor der Antrag­stel­lung durch­ge­führ­te Ampu­ta­ti­on der linken Klein­ze­he, die eben­falls auf den Dia­be­tes zurück­geht und bei Offen­ba­rung dieses Zusam­men­han­ges das Risiko eines wei­te­ren Ver­lus­tes von Extre­mi­tä­ten nahe gelegt hätte.
(4) Ein arg­lis­ti­ges Han­deln des Klä­gers ist nach Über­zeu­gung des Senats eben­falls zu beja­hen.
(a) Um den Ver­si­che­rer arg­lis­tig zu täu­schen, muss der Ver­si­che­rungs­neh­mer nicht nur die Unrich­tig­keit seiner Anga­ben kennen, son­dern er muss zusätz­lich auf die Ent­schlie­ßung des Ver­si­che­rers Ein­fluss nehmen wollen und sich daher bewusst sein, dass der Ver­si­che­rer mög­li­cher­wei­se seinen Antrag nicht oder nur unter erschwer­ten Bedin­gun­gen anneh­men werde, wenn er die Wahr­heit sage (vgl. Prölss, in: Prölss/Martin, VVG, 27. Aufl., § 22, Rn. 4 m. w. N.). Diese sub­jek­ti­ven Vor­aus­set­zun­gen können durch Indi­zi­en bewie­sen werden. Des­halb ist das ver­lang­te Bewusst­sein, durch Falsch­an­ga­ben die Ver­trags­ge­stal­tung mög­li­cher­wei­se zu beein­flus­sen, in der Regel anzu­neh­men, wenn schwe­re Erkran­kun­gen oder erkenn­bar chro­ni­sche Erkran­kun­gen ver­schwie­gen worden sind (vgl. OLG Koblenz, NVersZ 2001, 503 m. w. N.).
(b) Ein sol­cher Fall ist hier gege­ben. Unstrei­tig litt der Kläger bei Bean­tra­gung er Unfall­ver­si­che­rung (2002) an einem insu­lin­pflich­ti­gen Dia­be­tes mel­li­tus Typ II. Aus­weis­lich des sozi­al­me­di­zi­ni­schen Gut­ach­tens des Priv.Doz. Dr. M… vom 20. Juni 2005 wird der Dia­be­tes bereits seit 1999 mit Insu­lin behan­delt. Außer­dem war dem Kläger erst einige Wochen vor dem frag­li­chen Tref­fen mit dem Zeugen B… infol­ge der Dia­be­tes­Er­kran­kung die linke Klein­ze­he ampu­tiert worden. Ange­sichts dieser schwe­ren und chro­ni­schen Erkran­kung recht­fer­ti­gen die fest­ge­stell­ten unwah­ren Anga­ben des Klä­gers aus Sicht des Senats den Schluss, dass sein Vor­ge­hen auf Arg­list in dem zuvor defi­nier­ten Sinne beruht.
bb) Ent­ge­gen der Auf­fas­sung des Klä­gers ist die Anfech­tung inner­halb der dafür vor­ge­se­he­nen Frist erklärt worden.
(1) Gemäß § 124 BGB muss die Anfech­tung wegen arg­lis­ti­ger Täu­schung binnen Jah­res­frist erfol­gen. die Frist beginnt mit dem Zeit­punkt, in wel­chem der Anfech­tungs­be­rech­tig­te die Täu­schung ent­deckt. Die Dar­le­gungs und Beweis­last für alle Umstän­de, die zu einem Erlö­schen des Anfech­tungs­rechts führen, trägt der Anfech­tungs­geg­ner. Er muss daher auch bewei­sen, wann der Anfech­tungs­be­rech­tig­te von der arg­lis­ti­gen Täu­schung Kennt­nis erlangt hat (vgl. Ellen­ber­ger, in: Palandt, BGB, 69. Aufl., § 124, Rn. 5 m. w. N.).
(2) In dem Schrift­satz vom 29. April 2008, mit dem der Beklag­te die Anfech­tung erklärt hat, hat dieser dar­ge­legt, dass er erst 2008 von der Dia­be­tes­Er­kran­kung und dem Blut­hoch­druck des Klä­gers erfah­ren habe, und zwar durch den ange­for­der­ten Bericht der A… Klinik vom 8. Febru­ar 2008 und den Bericht des Chef­arz­tes der neu­ro­lo­gi­schen Abtei­lung des Reha­bi­li­ta­ti­ons­zen­trums O… vom 4. März 2008. Dem ist der Kläger in der Beru­fungs­be­grün­dung mit der Argu­men­ta­ti­on ent­ge­gen­ge­tre­ten, der Beklag­te habe mit Schrift­satz vom 18. März 2009 selbst ein­ge­räumt, dass das Vor­stands­mit­glied G… E… im Jahr 2006 wahr­ge­nom­men habe, dass er, der Kläger, im Roll­stuhl sitze, weil ihm ein Unter­schen­kel ampu­tiert worden sei. Des­halb sei davon aus­zu­ge­hen, dass Herrn E… die Dia­be­tes­Er­kran­kung spä­tes­tens 2006 bekannt gewe­sen sei.
Das vermag aus zwei Grün­den nicht zu über­zeu­gen. Zum einen deutet eine Unter­schen­kel­Am­pu­ta­ti­on nicht zwin­gend auf eine Dia­be­tes­Er­kran­kung hin, so dass der vom Kläger gezo­ge­ne Schluss einer hin­rei­chen­den Grund­la­ge ent­behrt. Zum ande­ren sind keine Umstän­de dar­ge­tan, die es recht­fer­ti­gen könn­ten, eine even­tu­el­le pri­va­te Wahr­neh­mung eines in die Sach­be­ar­bei­tung nicht unmit­tel­bar ein­ge­bun­de­nen Vor­stands­mit­glieds dem Beklag­ten zuzu­rech­nen.
Im Ergeb­nis hat der Beklag­te die Anfech­tung des Ver­si­che­rungs­ver­tra­ges damit frist­ge­mäß erklärt. Folg­lich ist der Ver­trag als von Anfang an nich­tig anzu­se­hen (§ 142 Abs. 1 BGB). Schon des­halb kann der Kläger aus ihm keinen Anspruch auf eine Inva­li­di­täts­leis­tung ablei­ten.
2.
Im Übri­gen schei­tert ein sol­cher Anspruch auch an den for­mel­len Vor­aus­set­zun­gen, die in Ziffer 2.1.1.1 AUB 2001 nor­miert sind. Danach liegt Inva­li­di­tät vor, wenn die ver­si­cher­te Person durch einen Unfall auf Dauer in ihrer kör­per­li­chen oder geis­ti­gen Leis­tungs­fä­hig­keit beein­träch­tigt ist. Die Inva­li­di­tät muss inner­halb eines Jahres nach dem Unfall ein­ge­tre­ten sein. Weiter muss sie inner­halb von 15 Mona­ten nach dem Unfall von einem Arzt schrift­lich fest­ge­stellt und bei dem Unfall­ver­si­che­rer gel­tend gemacht worden sein.
a) Die 15monatige Frist zur Gel­tend­ma­chung der Inva­li­di­tät, die hier mit dem 20. Mai 2006 abge­lau­fen ist, hat der Kläger unstrei­tig nicht ein­ge­hal­ten. Die erste Scha­den­an­zei­ge ist am 13. Dezem­ber 2007 bei dem Beklag­ten ein­ge­gan­gen. Der Senat ver­kennt nicht, dass es sich bei der genann­ten Frist um eine Aus­schluss­frist han­delt, deren Ver­säu­mung unbe­acht­lich bleibt, wenn sie aus­rei­chend ent­schul­digt wird (vgl. BGH, NJW 1995, S. 2854 m. w. N.). Indes können selbst die ver­spä­te­te Scha­den­an­zei­ge und die daran anknüp­fen­den Schrei­ben des Klä­gers nicht als Gel­tend­ma­chung einer Inva­li­di­tät gemäß Ziffer 2.1.1.1 AUB 2001 ange­se­hen werden.
(1) Gel­tend­ma­chung einer Inva­li­di­tät setzt voraus, dass der Ver­si­cher­te einen kon­kre­ten unfall­be­ding­ten Dau­er­scha­den nennt, der durch bestimm­te Sym­pto­me gekenn­zeich­net wird. Die Angabe von Ver­let­zungs­fol­gen reicht nur dann aus, wenn diese not­wen­dig zur Inva­li­di­tät führen. Die Gel­tend­ma­chung eines bestimm­ten Anspruchs ist hin­ge­gen nicht erfor­der­lich (vgl. BGH, NJWRR 1988, S. 212. ferner Knapp­mann, in: Prölss/Martin, VVG, 27. Aufl., § 7 AUB 94, Rn. 19 f. mit w. N.).
(2) Diesen Anfor­de­run­gen wird die vor­ge­leg­te Scha­den­an­zei­ge nicht gerecht. Ein unfall­be­ding­ter Dau­er­scha­den ist darin nicht kon­kret bezeich­net. Ent­spre­chen­des gilt für die vor­pro­zes­sua­len, an den Beklag­ten gerich­te­ten Schrei­ben der Bevoll­mäch­tig­ten des Klä­gers vom 21. und 28. Dezem­ber 2007 (Anla­gen B 6 und B 7) sowie vom 21. Januar 2008 (Anlage B 8).
Auf die Frage nach Ver­let­zun­gen und gesund­heit­li­chen Beein­träch­ti­gun­gen hat der Kläger unter Ziffer 10 des For­mu­lars für die Scha­den­an­zei­ge ledig­lich mit­ge­teilt: „Schä­del­trau­ma, Beine [[?]] etc. laut Anlage“. Die genann­te Anlage liegt nicht vor. Der Beklag­te hat dazu erklärt, der Scha­den­an­zei­ge seien kei­ner­lei Anla­gen bei­gefügt gewe­sen.
Aus dem ergän­zen­den Vor­trag des Klä­gers vom 6. April 2010 lassen sich die an eine Gel­tend­ma­chung der Inva­li­di­tät zu stel­len­den Min­dest­an­for­de­run­gen eben­falls nicht ablei­ten — unab­hän­gig davon, ob man diesen erst in der münd­li­chen Ver­hand­lung vor dem Senat über­reich­ten Schrift­satz als beacht­lich ansieht oder nicht. Dass der Kläger dem Beklag­ten oder dessen Außen­dienst­mit­ar­bei­tern im Zusam­men­hang mit der Scha­den­an­zei­ge aus Dezem­ber 2007 einen kon­kre­ten, durch bestimm­te Sym­pto­me gekenn­zeich­ne­ten unfall­be­ding­ten Dau­er­scha­den genannt hat, legt der Kläger nach wie vor nicht mit Sub­stanz dar.
Viel­mehr unter­mau­ert die über­mit­tel­te vor­pro­zes­sua­le Kor­re­spon­denz der Par­tei­en (Anla­gen K 22 bis 24, B 7 bis 8) den Ein­druck, dass die Scha­den­an­zei­ge nicht auf eine Inva­li­di­tät des Klä­gers abge­zielt hat. Denn die betref­fen­den Schrei­ben beschrän­ken sich im Wesent­li­chen auf die Frage nach unfall­be­ding­ten Kran­ken­haus­auf­ent­hal­ten. Das ist inso­fern nach­voll­zieh­bar, als der Kläger mit Schrift­satz vom 28. Dezem­ber 2007 (Anlage B 7) aus­drück­lich ein Kran­ken­haus­ta­ge­geld bean­tragt hat. Dass dane­ben eine Inva­li­di­täts­leis­tung gel­tend gemacht worden ist, ist nicht erkenn­bar.
(3) Darauf, dass die not­wen­di­gen Anga­ben später — etwa in dem vor­lie­gen­den Ver­fah­ren — nach­ge­holt worden sind, kann der Kläger sich nicht zurück­zie­hen. Selbst wenn ein Ver­si­che­rungs­neh­mer zunächst schuld­los gehin­dert war, die Frist für die Gel­tend­ma­chung der Inva­li­di­tät ein­zu­hal­ten, so muss er die betref­fen­de Anzei­ge unver­züg­lich nach Weg­fall des Hin­der­nis­ses nach­ho­len (vgl. BGH, NJW 1995, S. 2854, 2855).
(4) Dem Beklag­ten ist es auch nicht etwa nach Treu und Glau­ben ver­wehrt, sich auf die ver­spä­te­te Gel­tend­ma­chung einer Inva­li­di­tät zu beru­fen. Ins­be­son­de­re hat der Beklag­te durch sein Schrei­ben vom 17. Dezem­ber 2007 (Anlage K 22) und durch die nach­fol­gen­de Kor­re­spon­denz (Anla­gen K 23 und 24) nicht — wie der Kläger meint — den Ein­druck erweckt, er werde „eine Ent­schä­di­gung aus der Unfall­ver­si­che­rung jeden­falls nicht an der Ver­säu­mung der Frist der Gel­tend­ma­chung der Inva­li­di­tät schei­tern lassen“. Denn in dem Schrei­ben vom 17. Dezem­ber 2007 hat der Beklag­te gerade her­vor­ge­ho­ben, dass ein Unfall unver­züg­lich anzu­zei­gen ist und dass ande­ren­falls eine Leis­tungs­frei­heit des Ver­si­che­rers droht. Zwar zielt dieser Hin­weis — wie der Kläger zutref­fend aus­führt — auf eine Oblie­gen­heits­ver­let­zung und nicht auf die Frist nach Ziffer 2.1.1.1 AUB 2001 ab. Doch bestand sei­ner­zeit gar keine Ver­an­las­sung, die Fris­ten der Ziffer 2.1.1.1 AUB 2001 zu the­ma­ti­sie­ren, weil sich aus der Scha­den­an­zei­ge kein kon­kre­ter Hin­weis auf eine Inva­li­di­tät ergab (siehe oben).
Inso­fern fehlen tat­säch­li­che Anhalts­punk­te dafür, dass der Beklag­te aus Sicht des Klä­gers einen Ver­trau­en­s­tat­be­stand geschaf­fen hat, der einen Ver­weis auf die for­mel­len Vor­aus­set­zun­gen der Ziffer 2.1.1.1 AUB 2001 als rechts­miss­bräuch­lich erschei­nen lässt. Das gilt umso mehr, als der Beklag­te in dem Schrei­ben vom 17. Dezem­ber 2007 betont hat, er wolle die Sach­la­ge trotz des Zeit­ab­laufs „unver­bind­lich“ prüfen.

III.
Die zuläs­si­ge Anschluss­be­ru­fung hat Erfolg. Der Kläger hat keinen Anspruch auf das ihm vom Land­ge­richt zuge­spro­che­ne Kran­ken­haus­ta­ge­geld und das Gene­sungs­geld. Wie oben ein­ge­hend dar­ge­legt, ist der Unfall­ver­si­che­rungs­ver­trag, auf den der Kläger seine For­de­run­gen stützt, wegen der vom Beklag­ten unter dem 29. April 2008 erklär­ten Anfech­tung nich­tig.
IV.
Die Kos­ten­ent­schei­dung folgt aus den §§ 91 Abs. 1, 97 Abs. 1 ZPO. Die Anord­nung der vor­läu­fi­gen Voll­streck­bar­keit beruht auf den §§ 708 Nr. 10, 711, 709 Satz 2 ZPO.
Die Revi­si­on war nicht zuzu­las­sen. Die Rechts­sa­che besitzt keine grund­sätz­li­che Bedeu­tung (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO). Ebenso wenig erfor­dert die Fort­bil­dung des Rechts oder die Siche­rung einer ein­heit­li­chen Recht­spre­chung eine Ent­schei­dung des Revi­si­ons­ge­richts (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 ZPO).