Leit­sät­ze

1. Maß­geb­li­cher Zeit­punkt für die Beur­tei­lung der gesund­heit­li­chen Eig­nung eines Pro­be­be­am­ten ist der Ablauf der Pro­be­zeit, nicht der Zeit­punkt des Erlas­ses der letz­ten Ver­wal­tungs­ent­schei­dung.

2. Einem Beam­ten auf Probe fehlt die gesund­heit­li­che Eig­nung für die Beru­fung in das Beam­ten­ver­hält­nis auf Lebens­zeit, wenn tat­säch­li­che Anhalts­punk­te die Annah­me recht­fer­ti­gen, er werde mit über­wie­gen­der Wahr­schein­lich­keit vor Errei­chen der gesetz­li­chen Alters­gren­ze wegen dau­ern­der Dienst­un­fä­hig­keit vor­zei­tig in den Ruhe­stand ver­setzt. Die gesund­heit­li­che Eig­nung fehlt auch, wenn er mit über­wie­gen­der Wahr­schein­lich­keit bis zum Errei­chen der gesetz­li­chen Alters­gren­ze über Jahre hinweg regel­mä­ßig krank­heits­be­dingt aus­fal­len und des­halb eine erheb­lich gerin­ge­re Lebens­dienst­zeit auf­wei­sen wird (im Anschluss an Urteil vom 25. Juli 2013 — BVerwG 2 C 12.11 -).

Tat­be­stand

Die Klä­ge­rin wendet sich gegen ihre Ent­las­sung aus dem Beam­ten­ver­hält­nis auf Probe und bean­sprucht ihre Ernen­nung zur Beam­tin auf Lebens­zeit.

Am 1. Dezem­ber 1997 berief die Beklag­te die 1964 gebo­re­ne Klä­ge­rin in das Beam­ten­ver­hält­nis auf Probe. Mit Wir­kung vom 1. April 2000 stell­te sie die Klä­ge­rin an und ernann­te sie zur Ver­wal­tungs­rä­tin. Die Klä­ge­rin leis­te­te von Anfang 1999 bis Anfang Febru­ar 2005 keinen Dienst. Sie befand sich nach der Geburt ihrer Kinder im Mut­ter­schutz, im Erzie­hungs­ur­laub und in der Eltern­zeit.

Nach dem Ende der Eltern­zeit war die Klä­ge­rin von Anfang Febru­ar 2005 bis Ende 2006 wegen der Fol­ge­wir­kun­gen zweier Band­schei­ben­vor­fäl­le dienst­un­fä­hig erkrankt. Im Hin­blick hier­auf ver­län­ger­te die Beklag­te die Pro­be­zeit bis Mitte Sep­tem­ber 2007. Nach­dem die Klä­ge­rin von Anfang Januar bis Anfang April 2007 im Rahmen ihrer stu­fen­wei­sen Wie­der­ein­glie­de­rung nur teil­wei­se gear­bei­tet hatte, leis­te­te sie ab April 2007 wieder voll­stän­dig Dienst.

Die Beklag­te ent­ließ die Klä­ge­rin mit Ablauf des 31. Dezem­ber 2007 aus dem Beam­ten­ver­hält­nis auf Probe. Die gesund­heit­li­che Eig­nung der Klä­ge­rin sei nicht nach­ge­wie­sen. Die bis zum Ablauf der Pro­be­zeit ver­blie­be­ne Dienst­zeit reiche nicht aus, um ihre gesund­heit­li­che Eig­nung zuver­läs­sig fest­zu­stel­len.

In der Beru­fungs­in­stanz hat das Ober­ver­wal­tungs­ge­richt die erst­in­stanz­lich erfolg­rei­che Klage abge­wie­sen. Zur Begrün­dung hat es im Wesent­li­chen aus­ge­führt:

Die gericht­lich nur beschränkt über­prüf­ba­re pro­gnos­ti­sche Ein­schät­zung der Beklag­ten, die Klä­ge­rin sei aus gesund­heit­li­chen Grün­den für die Über­nah­me in das Beam­ten­ver­hält­nis auf Lebens­zeit nicht geeig­net, sei auf­grund der Beweis­auf­nah­me nicht zu bean­stan­den. Die Klä­ge­rin sei wäh­rend ihrer ver­län­ger­ten Pro­be­zeit nahezu zwei Jahre unun­ter­bro­chen dienst­un­fä­hig erkrankt gewe­sen. Zum einen habe die Klä­ge­rin ab Anfang 2005 meh­re­re Band­schei­ben­vor­fäl­le erlit­ten. Zum ande­ren hätten diese zu einem chro­ni­fi­zier­ten Schmerz­syn­drom mit selbst­stän­di­gem Krank­heits­wert geführt. Diese beiden Dia­gno­sen schlös­sen eine posi­ti­ve gesund­heit­li­che Eig­nungs­pro­gno­se zum Ablauf der Pro­be­zeit der Klä­ge­rin aus.

Hier­ge­gen wendet sich die vom Senat zuge­las­se­ne Revi­si­on der Klä­ge­rin, mit der sie die Ver­let­zung for­mel­len und mate­ri­el­len Rechts rügt. Sie bean­tragt,

das Urteil des Ober­ver­wal­tungs­ge­richt Berlin-Bran­den­burg vom 5. Sep­tem­ber 2011 auf­zu­he­ben und die Beru­fung der Beklag­ten gegen das Urteil des Ver­wal­tungs­ge­richts Berlin vom 29. Juni 2009 zurück­zu­wei­sen.

Die Beklag­te bean­tragt,

die Revi­si­on zurück­zu­wei­sen.

Gründe

Die Revi­si­on ist mit der Maß­ga­be begrün­det, dass das Beru­fungs­ur­teil auf­zu­he­ben und die Sache an das Ober­ver­wal­tungs­ge­richt zurück­zu­ver­wei­sen ist (§ 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO). Das Urteil des Ober­ver­wal­tungs­ge­richts ver­letzt § 31 des Bun­des­be­am­ten­ge­set­zes in der Fas­sung des Geset­zes zur Neu­ord­nung des Bun­des­dis­zi­pli­nar­rechts vom 9. Juli 2001 (- BBG a.F. -, BGBl I S. 1510). Ob es sich aus ande­ren Grün­den im Ergeb­nis als rich­tig dar­stellt (§ 144 Abs. 4 VwGO), kann der Senat man­gels aus­rei­chen­der tat­säch­li­cher Fest­stel­lun­gen des Ober­ver­wal­tungs­ge­richts nicht ent­schei­den.

1. Nach § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BBG a.F. kann ein Beam­ter auf Probe wegen man­geln­der Bewäh­rung (Eig­nung, Befä­hi­gung, fach­li­che Leis­tung) ent­las­sen werden. Auch die feh­len­de gesund­heit­li­che Eig­nung stellt einen Ent­las­sungs­grund dar. Dies folgt zudem aus Art. 33 Abs. 2 GG, dessen Kri­te­ri­en § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BBG a.F. über­nimmt. Geeig­net ist nach Art. 33 Abs. 2 GG nur der­je­ni­ge, der dem ange­streb­ten Amt in kör­per­li­cher, psy­chi­scher und cha­rak­ter­li­cher Hin­sicht gewach­sen ist (BVerfG, Beschlüs­se vom 21. Febru­ar 1995 — 1 BvR 1397/93 — BVerfGE 92, 140 <151> und vom 20. April 2004 — 1 BvR 838/01 u.a. — BVerfGE 110, 304 <322>; BVerwG, Urteil vom 25. Juli 2013 — 2 C 12.11 — Rn. 10 <für die Ent­schei­dungs­samm­lun­gen BVerw­GE und Buch­holz vor­ge­se­hen>). Bei der von Art. 33 Abs. 2 GG gefor­der­ten Eig­nungs­be­ur­tei­lung hat der Dienst­herr daher immer auch eine Ent­schei­dung dar­über zu tref­fen, ob der Bewer­ber den Anfor­de­run­gen des jewei­li­gen Amtes in gesund­heit­li­cher Hin­sicht ent­spricht (Urteil vom 25. Juli 2013 a.a.O.).

Obwohl § 31 Abs. 1 Satz 1 BBG a.F. davon spricht, dass ein Beam­ter auf Probe ent­las­sen werden “kann”, ist der Behör­de hin­sicht­lich der Ent­las­sung eines Pro­be­be­am­ten, der sich in der Pro­be­zeit nicht bewährt hat, kein Ermes­sen eröff­net. Nach § 7 Abs. 8 Satz 1 der Bun­des­lauf­bahn­ord­nung (- BLV a.F. -) in der hier maß­geb­li­chen Fas­sung der Bekannt­ma­chung vom 2. Juli 2002 (BGBl I S. 2459) werden Beam­tin­nen und Beamte, die sich nicht bewährt haben, ent­las­sen. Das Wort “kann” trägt ledig­lich dem Gesichts­punkt Rech­nung, dass die Pro­be­zeit, wie hier gesche­hen, zu ver­län­gern ist, wenn die Bewäh­rung oder Nicht­be­wäh­rung des Beam­ten noch nicht end­gül­tig fest­ge­stellt worden ist (Urtei­le vom 24. Novem­ber 1988 — BVerwG 2 C 24.87 — Buch­holz 237.6 § 39 Nds. LBG Nr. 7 S. 6; vom 19. März 1998 — BVerwG 2 C 5.97 — BVerw­GE 106, 263 <271> = Buch­holz 237.6 § 39 Nds. LBG Nr. 9 S. 7 und vom 3. Dezem­ber 1998 — BVerwG 2 C 26.97 — BVerw­GE 108, 64 <70> = Buch­holz 111 Art. 20 EV Nr. 4 S. 15).

Maß­geb­li­cher Zeit­punkt für die Beur­tei­lung der gesund­heit­li­chen Eig­nung eines Pro­be­be­am­ten ist der Ablauf der Pro­be­zeit, nicht der Zeit­punkt des Erlas­ses der letz­ten Ver­wal­tungs­ent­schei­dung. Dies folgt aus dem mate­ri­el­len Recht, das auch bestimmt zu wel­chem Zeit­punkt diese Vor­aus­set­zun­gen erfüllt sein müssen (stRspr; vgl. Urtei­le vom 17. Okto­ber 1989 — BVerwG 9 C 58.88 — Buch­holz 402.25 § 5 AsylVfG Nr. 8 S. 9, vom 31. März 2004 — BVerwG 8 C 5.03 — BVerw­GE 120, 246 <250> = Buch­holz 428 § 4 Abs. 3 VermG Nr. 20 S. 74 f. und vom 23. Febru­ar 2012 — BVerwG 2 C 76.10 — BVerw­GE 142, 59 = Buch­holz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 54 jeweils Rn. 11).

Die Vor­schrift des § 31 Abs. 1 Satz 1 BBG a.F. über die Ent­las­sung von Beam­ten auf Probe wegen man­geln­der Bewäh­rung (Eig­nung, Befä­hi­gung, fach­li­che Leis­tung) steht im Zusam­men­hang mit § 9 BBG a.F., der die Vor­aus­set­zun­gen für die Ernen­nung zum Beam­ten auf Lebens­zeit fest­legt. Danach darf Beam­ter auf Lebens­zeit u.a nur werden, wer sich als Lauf­bahn­be­wer­ber oder als ande­rer Bewer­ber (§ 7 Abs. 1 Nr. 3 BBG a.F.) in einer Pro­be­zeit bewährt hat. Ferner schreibt § 7 Abs. 3 Satz 1 BLV a.F. vor, dass vor Ablauf der Pro­be­zeit fest­ge­stellt wird, ob der Beamte sich bewährt hat.

Aus diesen Bestim­mun­gen folgt, dass in die Ent­schei­dung des Dienst­herrn über die gesund­heit­li­che Bewäh­rung des Pro­be­be­am­ten, nur solche Umstän­de Ein­gang finden, die wäh­rend der Pro­be­zeit bekannt gewor­den sind oder die zwar nach Ablauf dieser Zeit ein­ge­tre­ten sind, aber Rück­schlüs­se auf die Bewäh­rung des Beam­ten in der lauf­bahn­recht­li­chen Pro­be­zeit zulas­sen (Urteil vom 25. Febru­ar 1993 — BVerwG 2 C 27.90 — BVerw­GE 92, 147 <150 ff.> = Buch­holz 237.7 § 9 NWLBG Nr. 1 S. 5).

War die Erkran­kung eines Pro­be­be­am­ten bereits vor der Begrün­dung dieses Beam­ten­ver­hält­nis­ses bekannt, so darf der Dienst­herr die gesund­heit­li­che Eig­nung des Beam­ten bei der anste­hen­den Ernen­nung zum Beam­ten auf Lebens­zeit nur dann im Hin­blick auf diese Erkran­kung ver­nei­nen, wenn sich die Grund­la­gen ihrer Bewer­tung inzwi­schen geän­dert haben. Bei unver­än­der­ter Sach­la­ge ist der Dienst­herr an seine Bewer­tung der gesund­heit­li­chen Eig­nung vor Begrün­dung des Pro­be­be­am­ten­ver­hält­nis­ses gebun­den.

a) Ohne Ver­stoß gegen revi­si­bles Recht hat das Ober­ver­wal­tungs­ge­richt ent­schie­den, trotz der Anstel­lung der Klä­ge­rin zum 1. April 2000 habe die Beklag­te zum Ablauf der ver­län­ger­ten Pro­be­zeit Mitte Sep­tem­ber 2007 noch über deren gesund­heit­li­che Eig­nung befin­den können. Mit der Anstel­lung der Klä­ge­rin war nicht die Fest­stel­lung ihrer Bewäh­rung in der Pro­be­zeit ver­bun­den, die die gesund­heit­li­che Eig­nung mit umfasst. Ist die Anstel­lung wegen Kin­der­er­zie­hungs­zei­ten vor­ge­zo­gen worden, so ist nach § 10 Abs. 3 Satz 6 BLV a.F. die vor­ge­schrie­be­ne Pro­be­zeit unge­ach­tet der Anstel­lung abzu­leis­ten. Die Regel des § 10 Abs. 2 Satz 1 BLV a.F. findet dann keine Anwen­dung.

b) Die Auf­fas­sung des Ober­ver­wal­tungs­ge­richts, der Beklag­ten stehe hin­sicht­lich der Frage der gesund­heit­li­chen Eig­nung der Klä­ge­rin ein Beur­tei­lungs­spiel­raum zu, ist mit Art. 19 Abs. 4 und Art. 33 Abs. 2 GG sowie § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BBG a.F. nicht ver­ein­bar.

Die Vor­aus­set­zun­gen, denen ein Bewer­ber in gesund­heit­li­cher Hin­sicht genü­gen muss, um sich durch die erfolg­rei­che Ableis­tung der Pro­be­zeit zu bewäh­ren, erge­ben sich aus den kör­per­li­chen Anfor­de­run­gen, die der Beamte erfül­len muss, um die Ämter seiner Lauf­bahn wahr­neh­men zu können. Der Dienst­herr legt diese Anfor­de­run­gen in Aus­übung seiner Orga­ni­sa­ti­ons­ge­walt fest; sub­jek­ti­ve Rechte der Beam­ten werden hier­durch grund­sätz­lich nicht berührt. Diese Vor­ga­ben bilden den Maß­stab, an dem die indi­vi­du­el­le kör­per­li­che Leis­tungs­fä­hig­keit der Bewer­ber zu messen ist (Urtei­le vom 21. Juni 2007 — BVerwG 2 A 6.06 — Buch­holz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 35 Rn. 22 und vom 25. Juli 2013 a.a.O. Rn. 12). Für die ver­glei­chen­de fach­li­che Eig­nung der Bewer­ber steht dem Dienst­herrn ein Beur­tei­lungs­spiel­raum zu, der vor allem die Gewich­tung der leis­tungs­be­zo­ge­nen Aus­wahl­kri­te­ri­en des Art. 33 Abs. 2 GG umfasst (Urtei­le vom 28. Okto­ber 2004 — BVerwG 2 C 23.03 — BVerw­GE 122, 147 <150 f.> = Buch­holz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 30 S. 17 und vom 4. Novem­ber 2010 — BVerwG 2 C 16.09 — BVerw­GE 138, 102 = Buch­holz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 47 jeweils Rn. 45).

Dem­ge­gen­über ist dem Dienst­herrn kein Beur­tei­lungs­spiel­raum hin­sicht­lich der Frage eröff­net, ob der Bewer­ber den lauf­bahn­be­zo­ge­nen fest­ge­leg­ten Vor­aus­set­zun­gen in gesund­heit­li­cher Hin­sicht genügt. Über die gesund­heit­li­che Eig­nung von Bewer­bern im Sinne von Art. 33 Abs. 2 GG haben letzt­ver­ant­wort­lich die Ver­wal­tungs­ge­rich­te zu ent­schei­den, ohne an tat­säch­li­che oder recht­li­che Wer­tun­gen des Dienst­herrn gebun­den zu sein. Inso­weit sind die Vor­aus­set­zun­gen, unter denen eine Ein­schrän­kung der aus Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG fol­gen­den Letzt­ent­schei­dungs­be­fug­nis der Ver­wal­tungs­ge­rich­te für die Aus­le­gung und Anwen­dung nor­ma­ti­ver Rege­lun­gen anzu­neh­men ist, nicht erfüllt (Urteil vom 25. Juli 2013 a.a.O. Rn. 24 ff.).

Die pro­gnos­ti­sche Beur­tei­lung, ob der Bewer­ber den gesund­heit­li­chen Anfor­de­run­gen der jewei­li­gen Lauf­bahn vor­aus­sicht­lich genü­gen wird, ist auf­grund einer fun­dier­ten medi­zi­ni­schen Tat­sa­chen­grund­la­ge zu tref­fen. Auf dieser Basis können sich die Ver­wal­tungs­ge­rich­te im glei­chen Maße ein eigen­ver­ant­wort­li­ches Urteil über die vor­aus­sicht­li­che gesund­heit­li­che Ent­wick­lung des Bewer­bers und über die Erfül­lung der dienst­li­chen Anfor­de­run­gen bilden wie die zustän­di­ge Behör­de. Können die Ver­wal­tungs­ge­rich­te mit sach­kun­di­ger Hilfe ihrer Auf­ga­be gerecht werden, die ent­schei­dungs­re­le­van­ten tat­säch­li­chen Umstän­de fest­zu­stel­len und recht­lich zu bewer­ten, besteht kein Anlass, die gericht­li­che Kon­troll­dich­te zuguns­ten der Ver­wal­tung ein­zu­schrän­ken. Inso­weit besteht eine Par­al­le­le zur Beur­tei­lung der Dienst­un­fä­hig­keit eines Beam­ten als Vor­aus­set­zung für seine vor­zei­ti­ge Ver­set­zung in den Ruhe­stand. Auch hier steht der Behör­de kein Beur­tei­lungs­spiel­raum zu (vgl. Urteil vom 26. März 2009 — BVerwG 2 C 73.08 — BVerw­GE 133, 297 = Buch­holz 232 § 42 BBG Nr. 25 jeweils Rn. 14 f.)

Das Urteil des Ober­ver­wal­tungs­ge­richts beruht jedoch nicht auf diesem Ver­stoß gegen Art. 19 Abs. 4 Satz 1 i.V.m. Art. 33 Abs. 2 GG. Das Ober­ver­wal­tungs­ge­richt ist zwar im Ober­satz davon aus­ge­gan­gen, die Ent­schei­dung der Beklag­ten über die gesund­heit­li­che Eig­nung sei ledig­lich auf die Ein­hal­tung der bei einem Beur­tei­lungs­spiel­raum all­ge­mein aner­kann­ten Gren­zen über­prüf­bar. Im Gegen­satz hierzu hat es aber zu deren Über­prü­fung eine umfang­rei­che Beweis­auf­nah­me durch­ge­führt und auf­grund dieser die Begrün­dung der Beklag­ten für die angeb­li­che man­geln­de gesund­heit­li­che Eig­nung der Klä­ge­rin wesent­lich ergänzt.

c) Die Auf­fas­sung des Ober­ver­wal­tungs­ge­richts, die Bewäh­rung in gesund­heit­li­cher Hin­sicht erfor­de­re, dass sich nach der pro­gnos­ti­schen Ein­schät­zung des Dienst­herrn künf­ti­ge Erkran­kun­gen des Beam­ten und dau­ern­de vor­zei­ti­ge Dienst­un­fä­hig­keit mit einem hohen Grad der Wahr­schein­lich­keit aus­schlie­ßen lassen, ist mit Art. 33 Abs. 2 GG und dem­nach mit § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BBG a.F. unver­ein­bar. Diesen Pro­gno­se­maß­stab hat der Senat in Bezug auf die Bewer­tung der gesund­heit­li­chen Eig­nung von sol­chen Bewer­bern auf­ge­ge­ben, die die Ernen­nung zum Pro­be­be­am­ten bean­spru­chen (Urteil vom 25. Juli 2013 a.a.O. Rn. 16). Glei­ches muss für die Pro­gno­se­ent­schei­dung gelten, ob Pro­be­be­am­te für die Beru­fung in das Beam­ten­ver­hält­nis auf Lebens­zeit gesund­heit­lich geeig­net sind. Maß­geb­lich sind fol­gen­de Erwä­gun­gen:

Das Lebens­zeit- und das Ali­men­ta­ti­ons­prin­zip (Art. 33 Abs. 5 GG) ver­pflich­ten den Dienst­herrn zur lebens­lan­gen Ver­sor­gung der Ruhe­stands­be­am­ten. Daher ver­lei­hen sie dem Inter­es­se des Dienst­herrn an einem aus­ge­wo­ge­nen zeit­li­chen Ver­hält­nis von Lebens­dienst­zeit und Ruhe­stands­zeit der Beam­ten einen ver­fas­sungs­recht­li­chen Stel­len­wert. Durch die Fest­le­gung der Höchst­al­ters­gren­ze für die Ver­be­am­tung und der Alters­gren­ze für den Ein­tritt in den Ruhe­stand brin­gen Gesetz- und Ver­ord­nungs­ge­ber zum Aus­druck, welche Lebens­dienst­zeit ange­mes­sen ist, um die Alters­ver­sor­gung zu erdie­nen. Dem­entspre­chend kann der Dienst­herr unter Beru­fung auf den gesund­heit­li­chen Zustand des Bewer­bers die Begrün­dung eines Beam­ten­ver­hält­nis­ses ableh­nen, wenn abseh­bar ist, dass bei diesem das ange­mes­se­ne Ver­hält­nis von Lebens­dienst­zeit und Ruhe­stands­zeit vor­aus­sicht­lich spür­bar gestört sein wird. Dies ist der Fall, wenn der Beamte vor Errei­chen der gesetz­li­chen Alters­gren­ze wegen dau­ern­der Dienst­un­fä­hig­keit in den Ruhe­stand ver­setzt wird (Urteil vom 23. Febru­ar 2012 — BVerwG 2 C 76.10 — BVerw­GE 142, 59 = Buch­holz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 54 jeweils Rn. 21). Glei­ches gilt, wenn der Beamte zwar die gesetz­li­che Alters­gren­ze im Dienst errei­chen wird, es aber abseh­bar ist, dass er wegen einer chro­ni­schen Erkran­kung vor­aus­sicht­lich regel­mä­ßig erheb­li­che dem Dienst­herrn in der Gesamt­heit nicht zumut­ba­re Aus­fall­zei­ten auf­wei­sen wird. Die wahr­schein­lich erwart­ba­ren Fehl­zei­ten müssen in der Summe ein Ausmaß errei­chen, das einer Pen­sio­nie­rung wegen Dienst­un­fä­hig­keit etli­che Jahre vor Errei­chen der gesetz­li­chen Alters­gren­ze gleich­kommt. Es muss der Schluss gerecht­fer­tigt sein, die Lebens­dienst­zeit sei erheb­lich ver­kürzt.

Der bis­he­ri­ge, vom Senat auf­ge­ge­be­ne Pro­gno­se­maß­stab stellt dem­ge­gen­über eine unver­hält­nis­mä­ßi­ge Ein­schrän­kung des Rechts aus Art. 33 Abs. 2 GG auf Zugang zu einem öffent­li­chen Amt dar. Er hat in der Praxis dazu geführt, dass Bewer­ber und Pro­be­be­am­te ohne Prü­fung ihrer vor­aus­sicht­li­chen gesund­heit­li­chen Ent­wick­lung als unge­eig­net ange­se­hen worden sind, weil ihr Gesund­heits­zu­stand vom Regel­zu­stand abge­wi­chen ist oder sie in der Pro­be­zeit vor­über­ge­hend erkrank­ten. Dies ist ins­be­son­de­re im Hin­blick auf den langen, sich über Jahr­zehn­te erstre­cken­den Pro­gno­se­zeit­raum und die Unsi­cher­heit medi­zi­ni­scher Pro­gno­sen ange­sichts des Art. 33 Abs. 2 GG unver­hält­nis­mä­ßig.

Solan­ge der Gesetz­ge­ber keinen kür­ze­ren Pro­gno­se­zeit­raum bestimmt, ist maß­geb­lich für die Pro­gno­se, ob der Bewer­ber dau­ernd dienst­un­fä­hig oder auf­grund einer chro­ni­schen Erkran­kung regel­mä­ßig erheb­li­che Aus­fall­zei­ten auf­wei­sen wird, die Zeit bis zum Errei­chen der Regel­al­ters­gren­ze. Je nach Lauf­bahn kann sich die Pro­gno­se danach auf meh­re­re Jahr­zehn­te erstre­cken. Die damit ver­bun­de­nen Unwäg­bar­kei­ten werden noch durch die Kom­ple­xi­tät von medi­zi­nisch fun­dier­ten Vor­her­sa­gen über den vor­aus­sicht­li­chen Ver­lauf einer Erkran­kung ver­schärft. Dies gilt nicht nur in Bezug auf die Ein­schät­zung der gesund­heit­li­chen Ent­wick­lung, son­dern auch im Hin­blick auf den medi­zi­ni­schen Fort­schritt. Künf­ti­ge Prä­ven­ti­ons- und Heil­me­tho­den können zum Zeit­punkt der Eig­nungs­pro­gno­se noch nicht in die Bewer­tung ein­be­zo­gen werden. Viel­fach ist auch die Wech­sel­wir­kung und damit Ursäch­lich­keit ein­zel­ner Fak­to­ren für das Risiko schwer­wie­gen­der Sym­ptom­bil­dun­gen noch nicht sicher erforscht. Zudem kann nach gegen­wär­ti­gem Erkennt­nis­stand auch nicht davon aus­ge­gan­gen werden, der teil­wei­se Aus­fall der Lebens­dienst­zeit von Beam­ten sei in nen­nens­wer­tem Umfang auf solche Krank­hei­ten zurück­zu­füh­ren, die zum Zeit­punkt der Ein­stel­lungs­ent­schei­dung vor­her­seh­bar waren. Viel­mehr geht dies regel­mä­ßig auf erst nach­träg­lich ein­ge­tre­te­ne Umstän­de zurück (Urteil vom 25. Juli 2013 a.a.O. Rn. 16 ff.).

Daher kann der Dienst­herr einem Bewer­ber die gesund­heit­li­che Eig­nung für die ange­streb­te Lauf­bahn nur dann abspre­chen, wenn tat­säch­li­che Anhalts­punk­te die Annah­me recht­fer­ti­gen, er werde mit über­wie­gen­der Wahr­schein­lich­keit vor Errei­chen der gesetz­li­chen Alters­gren­ze wegen dau­ern­der Dienst­un­fä­hig­keit vor­zei­tig in den Ruhe­stand ver­setzt oder er werde mit über­wie­gen­der Wahr­schein­lich­keit bis zur Pen­sio­nie­rung über Jahre hinweg regel­mä­ßig krank­heits­be­dingt aus­fal­len und des­halb eine erheb­lich gerin­ge­re Lebens­dienst­zeit auf­wei­sen (im Anschluss an das Urteil vom 25. Juli 2013). Dabei kann die gesund­heit­li­che Eig­nung nur im Hin­blick auf Erkran­kun­gen, ins­be­son­de­re chro­ni­sche Erkran­kun­gen ver­neint werden, nicht aber unter Beru­fung auf gesund­heit­li­che Folgen, die mit dem all­ge­mei­nen Lebens­ri­si­ko, wie z.B. einem Unfall bei sport­li­chen Akti­vi­tä­ten des Bewer­bers, ver­bun­den sind.

Ist zum Zeit­punkt der Begrün­dung des Beam­ten­ver­hält­nis­ses auf Probe oder auf Lebens­zeit eine Erkran­kung des Bewer­bers bereits bekannt, so ist der Ein­tritt der dau­ern­den Dienst­un­fä­hig­keit des Bewer­bers vor Errei­chen der gesetz­li­chen Alters­gren­ze oder von regel­mä­ßi­gen und erheb­li­chen Aus­fall­zei­ten über Jahre hinweg über­wie­gend wahr­schein­lich, wenn für die Rich­tig­keit dieser Annah­me nach objek­ti­ven Gesichts­punk­ten derart gewich­ti­ge Gründe spre­chen, dass andere denk­ba­re Mög­lich­kei­ten ver­nünf­ti­ger­wei­se nicht maß­geb­lich in Betracht kommen.

Lassen sich vor­zei­ti­ge dau­ern­de Dienst­un­fä­hig­keit oder krank­heits­be­ding­te erheb­li­che und regel­mä­ßi­ge Aus­fall­zei­ten nach Aus­schöp­fen der zugäng­li­chen Beweis­quel­len weder fest­stel­len noch aus­schlie­ßen (“non liquet”), so geht dies zu Lasten des Dienst­herrn. Denn die Vor­aus­set­zun­gen für die Annah­me der man­geln­den gesund­heit­li­chen Eig­nung eines Bewer­bers im Sinne von § 31 Abs. 1 BBG a.F. sind nicht erfüllt.

Bloße Zwei­fel des Dienst­herrn an der gesund­heit­li­chen Eig­nung des Bewer­bers, die den genann­ten Anfor­de­run­gen nicht genü­gen, sind dage­gen uner­heb­lich. Soweit der Senat in seiner bis­he­ri­gen Recht­spre­chung für die Annah­me man­geln­der gesund­heit­li­cher Eig­nung des Bewer­bers auch “nach­hal­ti­ge Zwei­fel” des Dienst­herrn, ins­be­son­de­re auf­grund von erheb­li­chen krank­heits­be­ding­ten Fehl­zei­ten, hat aus­rei­chen lassen, wird diese auf­ge­ge­ben (Urteil vom 18. Juli 2001 — BVerwG 2 A 5.00 — Buch­holz 232 § 31 BBG Nr. 60 S. 2 und Beschluss vom 16. Sep­tem­ber 1986 — BVerwG 2 B 92.86 — Buch­holz 232 § 31 BBG Nr. 39 S. 16 m.w.N.). Auch bei län­ge­ren oder wie­der­keh­ren­den krank­heits­be­ding­ten Fehl­zei­ten wäh­rend der Pro­be­zeit ist auf der Grund­la­ge aus­sa­ge­kräf­ti­ger ärzt­li­cher Stel­lung­nah­men zu klären, ob der Beamte wegen der diesen Fehl­zei­ten zugrun­de­lie­gen­den Erkran­kung mit über­wie­gen­der Wahr­schein­lich­keit vor Errei­chen der Regel­al­ters­gren­ze wegen Dienst­un­fä­hig­keit in den Ruhe­stand ver­setzt werden muss. Glei­ches gilt, wenn der Beamte erheb­li­che und regel­mä­ßi­ge Aus­fall­zei­ten auf­wei­sen wird.

Zur Beur­tei­lung der gesund­heit­li­chen Eig­nung müssen die kör­per­li­chen und psy­chi­schen Ver­an­la­gun­gen des Bewer­bers fest­ge­stellt und deren Aus­wir­kun­gen auf sein Leis­tungs­ver­mö­gen bestimmt werden. Das indi­vi­du­el­le Leis­tungs­ver­mö­gen muss in Bezug zu den kör­per­li­chen Anfor­de­run­gen der Dienst­pos­ten gesetzt werden, die den Sta­tus­äm­tern der betref­fen­den Lauf­bahn zuge­ord­net sind. Diese Beur­tei­lungs­vor­gän­ge erfor­dern in aller Regel beson­de­re medi­zi­ni­sche Sach­kun­de, über die nur ein Arzt ver­fügt.

Für die Pro­gno­se über die vor­aus­sicht­li­che Ent­wick­lung des Gesund­heits­zu­stan­des des Bewer­bers muss in aller Regel ein Medi­zi­ner eine fun­dier­te medi­zi­ni­sche Tat­sa­chen­ba­sis auf der Grund­la­ge all­ge­mei­ner medi­zi­ni­scher Erkennt­nis­se und seiner Ver­fas­sung erstel­len. Der Arzt muss das Ausmaß der Ein­schrän­kun­gen fest­stel­len und deren vor­aus­sicht­li­che Bedeu­tung für die Leis­tungs­fä­hig­keit sowie für die Erfül­lung der dienst­li­chen Anfor­de­run­gen medi­zi­nisch fun­diert ein­schät­zen. Er muss in seiner Stel­lung­nah­me Anknüp­fungs- und Befund­tat­sa­chen dar­stel­len, seine Unter­su­chungs­me­tho­den erläu­tern und seine Hypo­the­sen sowie deren Grund­la­ge offen legen. Auf dieser Grund­la­ge hat er unter Aus­schöp­fung der vor­han­de­nen Erkennt­nis­se zum Gesund­heits­zu­stand des Bewer­bers eine Aus­sa­ge über die vor­aus­sicht­li­che Ent­wick­lung des Leis­tungs­ver­mö­gens zu tref­fen, die den Dienst­herrn in die Lage ver­setzt, die Rechts­fra­ge der gesund­heit­li­chen Eig­nung eigen­ver­ant­wort­lich zu beant­wor­ten (Urteil vom 25. Juli 2013 a.a.O. Rn. 23).

Als Grund­la­ge für die vom Dienst­herrn oder vom Gericht zu tref­fen­de Ent­schei­dung über die gesund­heit­li­che Eig­nung eines Bewer­bers reicht die nicht näher beleg­te Ein­schät­zung eines Medi­zi­ners über den vor­aus­sicht­li­chen Ver­lauf der beim Bewer­ber bestehen­den Erkran­kung nicht aus. Sofern sta­tis­ti­sche Erkennt­nis­se über die gewöhn­lich zu erwar­ten­de Ent­wick­lung einer Erkran­kung her­an­ge­zo­gen werden sollen, sind diese nur ver­wert­bar, wenn sie auf einer belast­ba­ren Basis beru­hen. Dafür muss über einen län­ge­ren Zeit­raum hinweg eine signi­fi­kan­te Anzahl von Per­so­nen beob­ach­tet worden sein. Zudem ist es bei der medi­zi­ni­schen Bewer­tung zu berück­sich­ti­gen, wenn der indi­vi­du­el­le Krank­heits­ver­lauf des Betrof­fe­nen Beson­der­hei­ten gegen­über den sta­tis­ti­schen Erkennt­nis­sen auf­weist.

Die Not­wen­dig­keit, einen Arzt hin­zu­zu­zie­hen, bedeu­tet aber nicht, dass diesem die Ent­schei­dungs­ver­ant­wor­tung für das gesund­heit­li­che Eig­nungs­ur­teil über­tra­gen werden darf. Viel­mehr wird der Arzt als Sach­ver­stän­di­ger tätig, auf dessen Hilfe die zustän­di­ge Behör­de und das Gericht ange­wie­sen sind, um die not­wen­di­gen Fest­stel­lun­gen tref­fen zu können. Die Behör­de muss — ebenso wie das Gericht — die ärzt­li­chen Befun­de und Schluss­fol­ge­run­gen inhalt­lich nach­voll­zie­hen und sich auf ihrer Grund­la­ge ein eige­nes Urteil bilden. Im Hin­blick auf die Ver­wert­bar­keit der ärzt­li­chen Stel­lung­nah­me muss geprüft werden, ob Zwei­fel an der Sach­kun­de oder Unpar­tei­lich­keit des Arztes bestehen, dieser von zutref­fen­den sach­li­chen Vor­aus­set­zun­gen aus­ge­gan­gen ist und die ent­schei­dungs­er­heb­li­chen Fragen plau­si­bel und nach­voll­zieh­bar abge­han­delt hat. Gege­be­nen­falls muss darauf hin­ge­wirkt werden, dass der Arzt seine Aus­füh­run­gen ergänzt, oder es ist ein wei­te­rer Arzt, ins­be­son­de­re ein Fach­arzt, ein­zu­schal­ten (Urtei­le vom 21. Juni 2007 — BVerwG 2 A 6.06 — Buch­holz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 35 Rn. 22 f. und vom 25. Juli 2013 a.a.O. Rn. 11).

2. Auf der Grund­la­ge der tat­säch­li­chen Fest­stel­lun­gen des Ober­ver­wal­tungs­ge­richts kann der Senat nicht ent­schei­den, ob die Klä­ge­rin zum maß­geb­li­chen Zeit­punkt des Ablaufs der Pro­be­zeit nach Maß­ga­be der dar­ge­leg­ten Grund­sät­ze im Sinne von § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BBG a.F. gesund­heit­lich unge­eig­net und des­halb zu ent­las­sen war. Die münd­li­chen Erläu­te­run­gen des gericht­li­chen Sach­ver­stän­di­gen Prof. Dr. K. in der Beru­fungs­ver­hand­lung, denen das Ober­ver­wal­tungs­ge­richt gefolgt ist, sind nicht ver­wert­bar. Diese gut­acht­li­che Stel­lung­nah­me leidet an rechts­er­heb­li­chen Män­geln.

Ein Sach­ver­stän­di­gen­gut­ach­ten kann seine Auf­ga­be, dem Gericht die zur Fest­stel­lung des ent­schei­dungs­er­heb­li­chen Sach­ver­halts erfor­der­li­che Sach­kun­de zu ver­mit­teln, nicht erfül­len, wenn es grobe, offen erkenn­ba­re Mängel oder unlös­ba­re Wider­sprü­che auf­weist, wenn es von unzu­tref­fen­den sach­li­chen Vor­aus­set­zun­gen aus­geht oder Anlass zu Zwei­feln an der Sach­kun­de oder der Unpar­tei­lich­keit des Gut­ach­ters besteht (Urteil vom 19. Dezem­ber 1968 — BVerwG 8 C 29.67 — BVerw­GE 31, 149 <156>; Beschlüs­se vom 10. März 1977 — BVerwG 6 B 38.76 — Buch­holz 310 § 86 Abs. 3 VwGO Nr. 21 S. 6 und vom 31. Okto­ber 2012 — BVerwG 2 B 33.12 — NVwZ-RR 2013, 115 Rn. 34). Dies gilt auch für münd­li­che Dar­le­gun­gen eines Sach­ver­stän­di­gen zur Erläu­te­rung des schrift­li­chen Gut­ach­tens nach § 411 Abs. 3 ZPO.

Nach diesen Grund­sät­zen konnte das Ober­ver­wal­tungs­ge­richt seine Ein­schät­zung, die Klä­ge­rin sei gesund­heit­lich nicht geeig­net und sei des­halb zu Recht ent­las­sen worden, nicht auf die ledig­lich münd­li­chen Aus­füh­run­gen des Gut­ach­ters Prof. Dr. K. in der Beru­fungs­ver­hand­lung stüt­zen. Die Stel­lung­nah­me des Gut­ach­ters beruht inso­weit auf einer erkenn­bar unzu­rei­chen­den tat­säch­li­chen Grund­la­ge.

Zum einen hat dieser bei seinen münd­li­chen Aus­füh­run­gen zum chro­ni­fi­zier­ten Schmerz­syn­drom der Klä­ge­rin nicht gewür­digt, dass die Schmerz­be­hand­lung mit Botox ab Sep­tem­ber 2006 erfolg­reich war. Nach der Nie­der­schrift über die letzte Beru­fungs­ver­hand­lung hat der Gut­ach­ter dort selbst aus­ge­führt, seine Fest­stel­lung eines chro­ni­fi­zier­ten Schmerz­syn­droms wäre unrich­tig, wenn bei der Klä­ge­rin eine The­ra­pie­form nach­hal­tig ange­schla­gen hätte. Zum ande­ren hätte der Gut­ach­ter vor seiner ent­schei­den­den Aus­sa­ge zum Vor­lie­gen eines chro­ni­fi­zier­ten Schmerz­syn­droms die Unter­la­gen des behan­deln­den Arztes ein­se­hen müssen. Ohne Prü­fung der Unter­la­gen über die inten­si­ve und lang andau­ern­de Schmerz­the­ra­pie war eine sach­ver­stän­di­ge Äuße­rung über das Schmerz­syn­drom, das den Gut­ach­ter zur geän­der­ten Beant­wor­tung der ihm gestell­ten Beweis­fra­ge ver­an­lasst hat, nicht mög­lich.

Das Ober­ver­wal­tungs­ge­richt hat nun­mehr zu klären, ob die Klä­ge­rin zum Ablauf ihrer Pro­be­zeit neben der Band­scheib­e­n­er­kran­kung noch an einer wei­te­ren Krank­heit litt, die es in ihrer Gesamt­heit als über­wie­gend wahr­schein­lich mach­ten, dass sie mit der Folge einer erheb­lich gerin­ge­ren Lebens­dienst­zeit vor Errei­chen der gesetz­li­chen Alters­gren­ze wegen Dienst­un­fä­hig­keit in den Ruhe­stand zu ver­set­zen sein oder über Jahre hinweg regel­mä­ßig krank­heits­be­dingt aus­fal­len wird.

3. § 31 Abs. 1 Satz 2 BBG a.F. bestimmt, dass in dem hier gege­be­nen Fall des Satzes 1 Nr. 2 bei allein man­geln­der gesund­heit­li­cher Eig­nung § 42 Abs. 3 BBG a.F. sinn­ge­mäß anzu­wen­den ist. Auf diese Rege­lung, deren Ver­let­zung zur Rechts­wid­rig­keit der Ent­las­sungs­ver­fü­gung führt, ist das Ober­ver­wal­tungs­ge­richt im ange­grif­fe­nen Urteil nicht ein­ge­gan­gen.

Die sinn­ge­mä­ße Anwen­dung dieser Vor­schrift über die Ver­set­zung eines Lebens­zeit­be­am­ten in den Ruhe­stand wegen Dienst­un­fä­hig­keit auf den Fall der Ent­las­sung eines Pro­be­be­am­ten wegen man­geln­der gesund­heit­li­cher Eig­nung muss der gegen­über § 42 Abs. 3 BBG a.F. geän­der­ten Aus­gangs­la­ge Rech­nung tragen. Bei einem dau­ernd dienst­un­fä­hi­gen Lebens­zeit­be­am­ten soll ent­spre­chend dem Grund­satz “Wei­ter­ver­wen­dung vor Ver­sor­gung” von der Zur­ru­he­set­zung abge­se­hen werden, wenn ihm ein ande­res Amt der­sel­ben oder einer ande­ren Lauf­bahn über­tra­gen werden kann. Dem­ge­gen­über kommt es für die ander­wei­ti­ge Ver­wen­dung eines Pro­be­be­am­ten darauf an, ob der Betrof­fe­ne noch für einen aus­rei­chend großen Teil der Dienst­pos­ten der gesam­ten bis­he­ri­gen Lauf­bahn oder für eine andere Lauf­bahn, für die der Beamte die Befä­hi­gung besitzt oder vor­aus­sicht­lich erwer­ben wird, mit ins­ge­samt gerin­ge­ren gesund­heit­li­chen Anfor­de­run­gen gesund­heit­lich geeig­net ist. Die aus § 42 Abs. 3 BBG a.F. fol­gen­de Pflicht zur Suche nach einer ander­wei­ti­gen Ver­wen­dung (Urteil vom 26. März 2009 — BVerwG 2 C 73.08 — BVerw­GE 133, 297 = Buch­holz 232 § 42 BBG Nr. 25 jeweils Rn. 25 ff.) besteht im Ein­zel­fall nicht, wenn ihr Zweck von vorn­her­ein nicht erreicht werden kann. Dies ist anzu­neh­men, wenn die Erkran­kung des Beam­ten von sol­cher Art oder Schwe­re ist, dass dieser für sämt­li­che Dienst­pos­ten der betref­fen­den oder einer ande­ren Lauf­bahn, in die der Beamte wech­seln könnte, ersicht­lich gesund­heit­lich unge­eig­net ist. Auch diese Frage hat das Ober­ver­wal­tungs­ge­richt im erneu­ten Beru­fungs­ver­fah­ren zu klären, falls es erneut zu dem Ergeb­nis kommt, der Klä­ge­rin fehle die gesund­heit­li­che Eig­nung.

4. Wird die gesund­heit­li­che Eig­nung der Klä­ge­rin fest­ge­stellt, so ist nach § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BBG a.F. für die Ent­schei­dung der Recht­mä­ßig­keit der Ent­las­sungs­ver­fü­gung auch die fach­li­che Eig­nung der Klä­ge­rin wäh­rend der Pro­be­zeit zu klären. Inso­weit steht der Beklag­ten aber ein gericht­lich nur beschränkt nach­prüf­ba­rer Beur­tei­lungs­spiel­raum zu.

5. Im erneu­ten Beru­fungs­ver­fah­ren wird das Ober­ver­wal­tungs­ge­richt auch über den gericht­lich gel­tend gemach­ten Anspruch der Klä­ge­rin auf Ernen­nung zur Beam­tin auf Lebens­zeit zu ent­schei­den haben, den es im ange­grif­fe­nen Urteil nicht beschie­den hat. Dieser Anspruch besteht, wenn fest­steht, dass sich die Klä­ge­rin in der Pro­be­zeit bewährt hat.

Rechts­grund­la­ge dieses Anspruchs der Klä­ge­rin auf Ernen­nung zur Beam­tin auf Lebens­zeit ist § 9 Abs. 2 BBG a.F. (vgl. § 147 Abs. 2 Satz 1 BBG in der Fas­sung des Geset­zes zur Unter­stüt­zung der Fach­kräf­te­ge­win­nung im Bund und zur Ände­rung wei­te­rer dienst­recht­li­cher Vor­schrif­ten vom 15. März 2012, BGBl I S. 462). Nach § 9 Abs. 2 Satz 1 BBG a.F. ist ein Beam­ten­ver­hält­nis auf Probe spä­tes­tens nach fünf Jahren in ein sol­ches auf Lebens­zeit umzu­wan­deln, wenn der Beamte die beam­ten­recht­li­chen Vor­aus­set­zun­gen hier­für erfüllt, d.h. wenn er sich bewährt hat. Ansons­ten ist er zu ent­las­sen. Nach Satz 2 ver­län­gert sich die Frist um die Zeit einer Beur­lau­bung ohne Dienst­be­zü­ge. Der Anspruch setzt neben den Anfor­de­run­gen des § 7 BBG a.F. die Voll­endung des 27. Lebens­jah­res sowie die Bewäh­rung des Pro­be­be­am­ten in der Pro­be­zeit voraus. Dage­gen ist nicht von Bedeu­tung, ob eine ent­spre­chen­de Plan­stel­le frei ist.

Die Pro­be­zeit dient der Klä­rung der Frage der Bewäh­rung des Pro­be­be­am­ten. Wäh­rend dieser Zeit hat der Beamte seine all­sei­ti­ge Eig­nung, unter Ein­schluss der gesund­heit­li­chen Eig­nung, für die Beru­fung in das Beam­ten­ver­hält­nis auf Lebens­zeit nach­zu­wei­sen. Ent­spre­chend diesem Zweck der Pro­be­zeit und der ihm oblie­gen­den Für­sor­ge­pflicht ist der Dienst­herr gehal­ten, unver­züg­lich nach ihrem Ablauf eine Ent­schei­dung über die Bewäh­rung des Beam­ten zu tref­fen (Beru­fung in das Beam­ten­ver­hält­nis auf Lebens­zeit oder Ent­las­sung) und damit zugleich dem Beam­ten Klar­heit über seinen künf­ti­gen Berufs­weg zu ver­schaf­fen (Urteil vom 24. Novem­ber 1988 — BVerwG 2 C 24.87 — Buch­holz 237.6 § 39 NdsLBG Nr. 7 S. 8).

Da für die Beru­fung in das Beam­ten­ver­hält­nis auf Lebens­zeit die Erkennt­nis­se bis zum Ablauf der Pro­be­zeit maß­geb­lich sind, ist der Beur­tei­lungs­zeit­punkt des Ver­pflich­tungs­be­geh­rens mit dem der Anfech­tungs­kla­ge gegen die Ent­las­sungs­ver­fü­gung iden­tisch. Es können nur solche Umstän­de Ein­gang in die Ent­schei­dung finden, die wäh­rend der Pro­be­zeit bekannt gewor­den sind oder die zwar nach Ablauf der Pro­be­zeit ein­ge­tre­ten sind, aber Rück­schlüs­se auf die Bewäh­rung des Beam­ten in der lauf­bahn­recht­li­chen Pro­be­zeit zulas­sen (Urteil vom 25. Febru­ar 1993 — BVerwG 2 C 27.90 — BVerw­GE 92, 147 <151 f.> = Buch­holz 237.7 § 9 NWLBG Nr. 1 S. 5 m.w.N.).