Tat­be­stand:

Der am 10. Okto­ber 1963 gebo­re­ne Kläger war seit dem 20. Febru­ar 1989 auf­grund schrift­li­chen Ver­tra­ges vom 20. Febru­ar 1989 als Maschi­nen­for­mer für die Beklag­te tätig. Er ist auf­grund eines Beschei­des des Ver­sor­gungs­am­tes Hei­del­berg vom 23. Dezem­ber 1987 als Schwer­be­hin­der­ter mit einem Behin­de­rungs­grad von 60 % aner­kannt und hat fol­gen­de Behin­de­run­gen:

1. Ver­lust der linken Niere, Nie­ren­stein­lei­den und Funk­ti­ons­stö­rung der rech­ten Niere.
2. Dege­ne­ra­ti­ve Ver­än­de­run­gen der Wir­bel­säu­le, Ischi­al­gi­en Chon­dro­pa­thia patel­lae.

Bei Ein­stel­lung ver­nein­te der Kläger die Frage der Beklag­ten nach der Schwer­be­hin­de­rung. Der von ihm unter­schrie­be­ne Arbeits­ver­trag ent­hält den Ver­merk: ” Schwer­be­hin­der­ter: Nein”. Die vom Kläger ver­rich­te­te Tätig­keit besteht darin, daß Sand zunächst in den Form­kas­ten gekippt, anschlie­ßend gerüt­telt und schließ­lich mit einem Press­luft­stamp­fer bear­bei­tet wird. Der Form­kas­ten muß dabei teil­wei­se manu­ell aus der Vor­rich­tung her­aus­ge­nom­men werden. Die Tätig­keit wird zu 90 % im Stehen aus­ge­führt und ist eine kör­per­lich schwe­re Arbeit.

Ende März 1992 teilte der Kläger nach einer arbeits­me­di­zi­ni­schen Vor­un­ter­su­chung auf Anra­ten der Betriebs­ärz­tin Dr. C mit, daß er
Schwer­be­hin­der­ter sei. Die Beklag­te focht mit Schrei­ben vom 9. April 1992, dem Kläger am 13. April 1992 zuge­gan­gen, den geschlos­se­nen Arbeits­ver­trag wegen arg­lis­ti­ger Täu­schung an.

Der Kläger hat die Unwirk­sam­keit der von der Beklag­ten erklär­ten Anfech­tung gel­tend gemacht und die Ansicht ver­tre­ten, die Betriebs­ärz­tin habe ihn sowohl bei der Ein­stel­lungs­un­ter­su­chung als auch bei einer wei­te­ren Unter­su­chung im März 1992 für die Tätig­keit als Maschi­nen­for­mer als taug­lich ange­se­hen. Im Laufe von drei Jahren habe er gezeigt, daß er trotz seiner Behin­de­rung seine arbeits­ver­trag­li­chen Pflich­ten erfül­len könne. Der Beklag­ten stehe kein  unein­ge­schränk­tes Fra­ge­recht nach der Schwer­be­hin­der­ten­ei­gen­schaft zu. Bei
Ver­trags­ab­schluß habe er nicht erken­nen können, daß die Frage nach der Schwer­be­hin­de­rung für die Ein­stel­lung von wesent­li­cher Bedeu­tung gewe­sen sei.
Er bestrei­te, im März 1992 gegen­über seinem Vor­ge­setz­ten erklärt zu haben, ihm sei klar gewe­sen, daß er nicht ein­ge­stellt werde, wenn er die Frage nach der Schwer­be­hin­de­rung bejaht hätte.

Der Kläger hat bean­tragt,

1. fest­zu­stel­len, daß das Arbeits­ver­hält­nis zwi­schen den Par­tei­en über den 9.
April 1992 hinaus unan­ge­foch­ten fort­be­steht,

2. die Beklag­te zu ver­ur­tei­len, ihn als Maschi­nen­for­mer zu den bis­he­ri­gen
Ver­trags­be­din­gun­gen wei­ter­zu­be­schäf­ti­gen.

Die Beklag­te hat sich mit ihrem kla­ge­ab­wei­sen­den Antrag darauf beru­fen, sie sei durch den Kläger arg­lis­tig getäuscht worden. Der Kläger könne die Tätig­keit als Maschi­nen­for­mer bei seinem Leiden und seiner Behin­de­rung auf Dauer nicht aus­üben. Das bestä­tig­ten seine nicht uner­heb­li­chen Krank­heits­zei­ten in der Ver­gan­gen­heit. Im Hin­blick auf die Tätig­keit sei mit einer wei­te­ren Zunah­me der Arbeits­un­fä­hig­keits­zei­ten zu rech­nen, wenn das Arbeits­ver­hält­nis fort­ge­setzt erde. Der Kläger sei sich bei Ein­stel­lung über die Kon­se­quen­zen der Ver­nei­nung seiner Schwer­be­hin­der­ten­ei­gen­schaft bewußt gewe­sen, denn er habe im März 1992 sein frü­he­res Ver­schwei­gen damit begrün­det,
daß er nicht ein­ge­stellt worden wäre, wenn er die Frage nach der Schwer­be­hin­der­ten­ei­gen­schaft wahr­heits­ge­mäß beant­wor­tet hätte.

Das Arbeits­ge­richt hat die Klage auf­grund wirk­sa­mer Anfech­tung des Arbeits­ver­tra­ges abge­wie­sen und dabei in den zur Schwer­be­hin­de­rung füh­ren­den Leiden des Klä­gers eine Beein­träch­ti­gung seiner Leis­tungs­fä­hig­keit gese­hen.

Die von dem Kläger gegen dieses Urteil ein­ge­leg­te Beru­fung ist erfolg­los geblie­ben. Mit der vom Lan­des­ar­beits­ge­richt zuge­las­se­nen Revi­si­on ver­folgt der Kläger sein Kla­ge­be­geh­ren weiter.

Ent­schei­dungs­grün­de:

Die Revi­si­on des Klä­gers ist nicht begrün­det. Die Vor­in­stan­zen sind zu Recht von einer wirk­sa­men Anfech­tung des Arbeits­ver­tra­ges aus­ge­gan­gen.

I. Das Lan­des­ar­beits­ge­richt hat seine Ent­schei­dung im wesent­li­chen wie folgt begrün­det: Die Beklag­te sei nach § 123 BGB wegen arg­lis­ti­ger Täu­schung zur Anfech­tung des Arbeits­ver­tra­ges berech­tigt gewe­sen. Der Kläger habe wahr­heits­wid­rig erklärt, er sei kein Schwer­be­hin­der­ter. In diesem Zeit­punkt habe jedoch seine Schwer­be­hin­der­ten­ei­gen­schaft vor­ge­le­gen. Er habe damals auch gewußt, daß seine Angabe unrich­tig sei. Das Vor­brin­gen des Klä­gers er habe ange­nom­men, für die ver­trag­lich vor­ge­se­he­ne Arbeit trotz seiner Behin­de­rung geeig­net zu sein, weil er dem betriebs­ärzt­li­chen Dienst bei der Ein­stel­lungs­un­ter­su­chung seine Behin­de­rung bekannt gege­ben und dieser ihn gleich­wohl für die vor­ge­se­he­ne Tätig­keit für geeig­net befun­den habe, sei durch die Beweis­auf­nah­me wider­legt worden. Bei Zulas­sung der Frage nach der Schwer­be­hin­der­ten­ei­gen­schaft sei trotz berech­tig­ter schutz­wür­di­ger Inter­es­sen von Schwer­be­hin­der­ten nicht von einem arbeits­platz­be­zo­ge­nen Fra­ge­recht aus­zu­ge­hen, son­dern an der bis­he­ri­gen Recht­spre­chung des Bun­des­ar­beits­ge­richts fest­zu­hal­ten. Die Anfech­tung des Arbeits­ver­hält­nis­ses ver­sto­ße auch nicht gegen Treu und Glau­ben. Der Anfech­tungs­grund habe für die Durch­füh­rung des
Arbeits­ver­hält­nis­ses seine Recht­fer­ti­gung nicht ver­lo­ren. Er bestehe in den zusätz­li­chen gesetz­li­chen Ver­pflich­tun­gen, welche dem Arbeit­ge­ber aus der Schwer­be­hin­der­ten­ei­gen­schaft des Arbeit­neh­mers erwüch­sen und die er bei Ein­ge­hung des Arbeits­ver­hält­nis­ses nicht gekannt habe. Diese Anfech­tungs­la­ge bestehe unver­än­dert fort.

II. Dem ange­foch­te­nen Urteil folgt der Senat im Ergeb­nis und über­wie­gend auch in der Begrün­dung.

1. Zwi­schen den Par­tei­en besteht kein Arbeits­ver­hält­nis mehr. Die Beklag­te war zur Anfech­tung des Arbeits­ver­tra­ges berech­tigt, denn sie ist vom Kläger arg­lis­tig getäuscht worden, § 123 BGB.

a) Nach stän­di­ger Recht­spre­chung des Bun­des­ar­beits­ge­richts (seit BAGE 5, 159 =AP Nr. 2 zu § 123 BGB) kann grund­sätz­lich der Arbeits­ver­trag auch durch Anfech­tung gemäß § 123 Abs. 1 BGB been­det werden. Das Anfech­tungs­recht wird nicht durch das Recht zur außer­or­dent­li­chen Kün­di­gung ver­drängt. Der Tat­be­stand der arg­lis­ti­gen Täu­schung gemäß § 123 BGB setzt in objek­ti­ver Hin­sicht voraus, daß der Täu­schen­de durch Vor­spie­ge­lung oder Ent­stel­lung von Tat­sa­chen beim Erklä­rungs­geg­ner einen Irrtum erregt und ihn zur Abgabe einer Wil­lens­er­klä­rung ver­an­laßt. Die Täu­schung muß sich auf objek­tiv nach­prüf­ba­re Umstän­de bezie­hen; sub­jek­ti­ve Wert­ur­tei­le genü­gen nicht (Soergel/Hefermehl,
BGB, 12. Aufl., 123 Rz 3; Staudinger/Dilcher, BGB, 12. Aufl., § 123 Rz 4). Die Täu­schung kann durch posi­ti­ves Tun, also ins­be­son­de­re durch Behaup­ten, Unter­drü­cken oder Ent­stel­len von Tat­sa­chen erfol­gen. Sie kann aber auch in dem Ver­schwei­gen von Tat­sa­chen bestehen, sofern der Erklä­ren­de zur Offen­ba­rung der frag­li­chen Tat­sa­che ver­pflich­tet ist. Das gilt auch im Zusam­men­hang mit der Anbah­nung von Arbeits­ver­hält­nis­sen. Wird der Arbeit­neh­mer bei der Ein­stel­lung nach dem Vor­lie­gen einer bestimm­ten Tat­sa­che befragt, so ist er, falls die
Frage zuläs­sig ist, zu deren wahr­heits­ge­mä­ßer Beant­wor­tung ver­pflich­tet (BAGE 11, 270; 49, 214 = AP Nr. 15 und 30 zu § 123 BGB). Ein Fra­ge­recht wird dem Arbeit­ge­ber im all­ge­mei­nen nur inso­weit zuge­stan­den, als er ein berech­tig­tes, bil­li­gens­wer­tes und schutz­wür­di­ges Inter­es­se an der Beant­wor­tung seiner Frage für das Arbeits­ver­hält­nis hat (Senats­ur­teil vom 20. Febru­ar 1986 — 2 AZR 244/85 — BAGE 51, 167 = AP Nr. 31 zu § 123 BGB). Wie in der Recht­spre­chung des Bun­des­ar­beits­ge­richts weiter klar­ge­stellt worden ist,stellt nicht jede fal­sche Angabe bei der Ein­stel­lung eine arg­lis­ti­ge Täu­schung i. S. des § 123 BGB dar, son­dern nur eine fal­sche Ant­wort auf eine zuläs­sig gestell­te Frage (Senats­ur­teil vom 21. Febru­ar 1991 — 2 AZR 449/90 — AP Nr. 35, aaO).

Für den Bereich der Schwer­be­hin­der­ten besteht sowohl in der Lite­ra­tur als auch der Recht­spre­chung Einig­keit dar­über, daß der Schwer­be­hin­der­te von sich aus nicht über die bestehen­de Behin­de­rung auf­klä­ren muß, soweit ihm die Tätig­keit
dadurch nicht unmög­lich gemacht wird (vgl. BAG Urteil vom 25. März 1976 ‑2 AZR 136/75 — AP Nr. 19, aaO). Dem Arbeit­ge­ber wird jedoch das Recht zuge­stan­den, nach der Schwer­be­hin­der­ten­ei­gen­schaft zu fragen; der Arbeit­neh­mer hat die Pflicht, darauf wahr­heits­ge­mäß zu ant­wor­ten (vgl. BAG Urteil vom 7.Juni 1984 — AP Nr. 26, aaO, zu II 4 der Gründe; BAGE 49, 214, 219 f. = AP Nr.30, aaO, zu II 1 der Gründe; BAG Urteil vom 28. Febru­ar 1991 — 2 AZR 515/90 -,unver­öf­fent­licht, zu II 1 der Gründe).

b) Unter Beach­tung dieser Grund­sät­ze hat das Beru­fungs­ge­richt eine arg­lis­ti­ge Täu­schung des Klä­gers gegen­über der Beklag­ten rechts­feh­ler­frei ange­nom­men.

aa) Eine arg­lis­ti­ge Täu­schung liegt vor, wenn der Bewer­ber beim Ein­stel­lungs­ge­spräch die Frage nach der Schwer­be­hin­der­ten­ei­gen­schaft falsch
beant­wor­tet. Im Ein­stel­lungs­ge­spräch hat der Kläger die Frage des Ver­tre­ters der Beklag­ten nach der Schwer­be­hin­de­rung mit “nein” beant­wor­tet. Dem­entspre­chend wurde in den Arbeits­ver­trag vom 20. Febru­ar 1989 bei dem Ver­merk “Schwer­be­hin­dert ja/ nein” das Wort ja durch­ge­stri­chen Durch die wahr­heits­wid­ri­ge Beant­wor­tung der zuläs­si­gen Frage hat der Kläger einen Irrtum über den wahren Sach­ver­halt her­vor­ge­ru­fen.

bb) Die Täu­schung muß wider­recht­lich gewe­sen sein. Nach § 123 S. 1 BGB ist diese Vor­aus­set­zung bei der Täu­schung nicht aus­drück­lich genannt. Der Gesetz­ge­ber ist aber davon aus­ge­gan­gen, die arg­lis­ti­ge Täu­schung sei immer rechts­wid­rig. Dies wäre aller­dings zu ver­nei­nen, wenn ein Arbeit­neh­mer vor seiner Anstel­lung in unzu­läs­si­ger Weise befragt wird (vgl. Senats­ur­teil vom 21. Febru­ar 1991, aaO).

Der Senat ist bisher davon aus­ge­gan­gen, der Arbeit­ge­ber habe bei den Ver­hand­lun­gen über den Abschluß eines Arbeits­ver­tra­ges ein unein­ge­schränk­tes Recht, einen Bewer­ber nach dem Vor­lie­gen einer Schwer­be­hin­der­ten­ei­gen­schaft oder einer Gleich­stel­lung zu fragen (Urtei­le des Senats vom 7. Juni 1984 ‑2 AZR 270/83 — AP Nr. 26, aaO, zu II 4 der Gründe und vom 28. Febru­ar 1991 ‑2 AZR 515/90 -, unver­öf­fent­licht, zu II 1 b der Gründe). Das Fra­ge­recht des Arbeit­ge­bers und die ent­spre­chen­de Pflicht des Arbeit­neh­mers zur wahr­heits­ge­mä­ßen Beant­wor­tung folg­ten aus dem Grund­satz von Treu und Glau­ben. Im vor­ver­trag­li­chen Anbah­nungs­ver­hält­nis seien die zu berück­sich­ti­gen­den
Inter­es­sen von Arbeit­neh­mer und Arbeit­ge­ber gegen­sätz­lich. Die Inter­es­sen des Arbeit­neh­mers am Schutz seines Per­sön­lich­keits­rech­tes und an der Unver­letz­bar­keit seiner Indi­vi­du­al­sphä­re müßten gegen die Inter­es­sen des Arbeit­ge­bers zurück­tre­ten. Die Frage nach der Schwer­be­hin­der­ten­ei­gen­schaft erfol­ge unab­hän­gig davon, welche Aus­wir­kung sie und die zugrun­de­lie­gen­de Behin­de­rung kon­kret auf die in Aus­sicht genom­me­ne Tätig­keit habe. Das vor­ran­gi­ge Inter­es­se des Arbeit­ge­bers ergebe sich aus den beson­de­ren gesetz­li­chen Ver­pflich­tun­gen, die für ihn durch die Beschäf­ti­gung Schwer­be­hin­der­ter ent­stün­den, und zwar aus der recht­li­chen und wirt­schaft­li­chen Trag­wei­te und den betrieb­li­chen Aus­wir­kun­gen, die sich für ihn aus der Ein­stel­lung und Beschäf­ti­gung eines Schwer­be­hin­der­ten ergä­ben (Senats­ur­tei­le vom 7. Juni 1984 — 2 AZR 270/83 — AnP, aaO, und vom 28. Febru­ar 1991 — 2 AZR 515/90 -, unver­öf­fent­licht).

cc) Die Revi­si­on rügt dieses unein­ge­schränk­te Fra­ge­recht des Arbeit­ge­bers nach der Schwer­be­hin­der­ten­ei­gen­schaft. Sie erach­tet die Frage nur unter arbeits­platz­be­zo­ge­nen Gesichts­punk­ten für zuläs­sig. Sie kri­ti­siert aus­ge­hend vom Schutz­zweck des Schwer­be­hin­der­ten­ge­set­zes eine Geset­zes­aus­le­gung durch die bis­he­ri­ge Recht­spre­chung, die bei Offen­le­gung der Schwer­be­hin­de­rung zur Ver­hin­de­rung der Ein­stel­lung des Bewer­bers führe.

dd) An dem Fra­ge­recht des Arbeit­ge­bers (vgl. dazu kri­tisch Düwell, Pra­xis­hand­buch Arbeits­recht, Teil 8; Kap. 5. 1. 2, Stand Novem­ber 1988, S. 15f.) ist jeden­falls für die vor­lie­gen­de Fall­kon­stel­la­ti­on fest­zu­hal­ten. Der Kläger war auf­grund seiner Behin­de­rungs­lei­den zumin­dest auf Dauer für die ver­trag­lich geschul­de­te Tätig­keit nur beschränkt ein­setz­bar. Er leidet nicht nur an Nie­ren­er­kran­kun­gen, die sich mög­li­cher­wei­se noch nicht unmit­tel­bar auf seine Leis­tungs­fä­hig­keit als Maschi­nen­for­mer aus­wirk­ten. Aber die dege­ne­ra­ti­ven Ver­än­de­run­gen der Wir­bel­säu­le und die Chon­dro­pa­thia patel­lae (lt. Pschychr­em­bel, Kli­ni­sches Wör­ter­buch, 255. Aufl.: Dege­ne­ra­ti­ve Knor­pel­ver­än­de­rung der Knie­schei­be, die in Arthro­se über­ge­hen kann) lassen den Kläger bei seiner kör­per­lich schwe­ren Tätig­keit als Maschi­nen­for­mer gerade unter den von der Revi­si­on rekla­mier­ten arbeits­platz­be­zo­ge­nen Gesichts­punk­ten als nur ein­ge­schränkt ver­wend­bar erschei­nen. Die Tätig­keit des Klä­gers besteht
nach dem unstrei­ti­gen Tat­be­stand darin, daß Sand zunächst in den Form­kas­ten gekippt, anschlie­ßend gerüt­telt und schließ­lich mit einem Press­luft­stamp­fer bear­bei­tet wird; dabei muß der Form­kas­ten teil­wei­se manu­ell aus der Vor­rich­tung her­aus­ge­nom­men werden. Diese Tätig­keit wird zu 90 % im Stehen aus­ge­führt. Auf­grund dieser Tat­sa­chen sind beide Vor­in­stan­zen zum Ergeb­nis gelangt, daß die zur Schwer­be­hin­de­rung füh­ren­den Leiden arbeits­platz­be­zo­gen erheb­lich sind. Das wird auch von der Revi­si­on letzt­lich nicht in Zwei­fel gezo­gen, wobei ergän­zend — wie auch von der Beklag­ten gel­tend gemacht — darauf abzu­stel­len ist, daß der Kläger wegen dieser Leiden im Beschäf­ti­gungs­zeit­raum
an min­des­tens 20 Arbeits­ta­gen arbeits­un­fä­hig war. Die Rele­vanz des Fra­ge­rechts kann daher vor­lie­gend schon des­halb nicht ver­neint werden, weil dem Arbeit­ge­ber u. a. in § 618 BGB auf­ge­ge­ben wird, die Arbeits­be­din­gun­gen so zu gestal­ten, daß nie­mand ohne Not gesund­heit­lich gefähr­det wird (vgl. u. a. Senats­ur­teil vom 13. März 1967 — 2 AZR 133/66 — AP Nr. 15 zu § 618 BGB). Hätte sich der Kläger bei seiner Tätig­keit einen Gesund­heits­scha­den oder auch nur eine Ver­schlech­te­rung seiner gesund­heit­li­chen Kon­sti­tu­ti­on zuge­zo­gen, wäre u.a. eine Scha­den­er­satz­pflicht der Beklag­ten nach § 618 Abs. 3 BGB in Betracht­ge­kom­men (vgl. u. a. Palandt/Putzo, BGB, 52. Aufl., § 618 Rz 8; Schaub,
Arbeits­rechts-Hand­buch, 7. Aufl., § 108 III 2 c, S. 821 und § 178 V 5 d, S.1344). Das bedeu­tet, daß die Beklag­te den Kläger wegen der
Gesund­heits­ge­fähr­dung nicht einmal beschäf­ti­gen darf. Schon des­halb kann ihr­In­ter­es­se an der Fest­stel­lung der Schwer­be­hin­der­ten­ei­gen­schaft nicht ver­neint werden.

Das gilt unab­hän­gig davon, daß das Schwer­be­hin­der­ten­ge­setz über­haupt nur im beschränk­ten Umfang das Inter­es­se des Schwer­be­hin­der­ten regelt, als Arbeit­neh­mer ein­ge­stellt zu werden. Der indi­vi­du­el­le Schutz zuguns­ten des­Schwer­be­hin­der­ten im Ver­hält­nis zum Arbeit­ge­ber beschränkt sich darauf, ihm den bereits erwor­be­nen Arbeits­platz, nicht aber auch die Ein­ge­hung des­Ar­beits­ver­tra­ges selbst, d. h. den Erwerb des Arbeits­plat­zes unter allen Umstän­den zu sichern (vgl. Senats­ur­teil vom 1. August 1985 — 2 AZR 101/83 — AP Nr. 30 zu § 123 BGB).

Inso­fern belegt — ent­ge­gen der Mei­nung der Revi­si­on — die Neu­re­ge­lung des § 20 SchwbG, wonach das Erfor­der­nis der Zustim­mung der Haupt­für­sor­ge­stel­le in den ersten sechs Mona­ten des Arbeits­ver­hält­nis­ses ent­fal­len ist, eher, daß hier­mit eine abschlie­ßen­de Rege­lung des Gesetz­ge­bers über die erleich­ter­te Ein­stel­lung Schwer­be­hin­der­ter beab­sich­tigt war (anders Düwell, aaO, S. 17 f.). Ansons­ten
hätte nichts näher gele­gen, als eine dem § 611a BGB ent­spre­chen­de Bestim­mung in das Schwer­be­hin­der­ten­ge­setz auf­zu­neh­men.

ee) Zwi­schen der Täu­schungs­hand­lung und der Wil­lens­er­klä­rung besteht vor­lie­gend auch Kau­sa­li­tät. Die Täu­schungs­hand­lung muß zu einem Irrtum des Getäusch­ten führen, und der Irrtum muß für eine Wil­lens­er­klä­rung ursäch­lich sein, die der Getäusch­te ohne die Täu­schung nicht, mit ande­rem Inhalt oder jeden­falls nicht zu diesem Zeit­punkt abge­ge­ben hätte (BGH Urteil vom 12. Novem­ber 1957 — VIII ZR 311/56 -, NJW 1958, 177; BGH Urteil vom 2. Januar 1964 — VIII ZR 103/62 -, NJW 1964, 811). Es genügt für die Kau­sa­li­tät, daß die Täu­schung für den Wil­lens­ent­schluß mit­be­stim­mend war, wobei es aus­reicht, wenn der Getäusch­te Umstän­de dar­ge­tan hat, die für seinen Ent­schluß von Bedeu­tung
sein können, und wenn die arg­lis­ti­ge Täu­schung nach der Lebens­er­fah­rung bei dem Abschluß eines Ver­tra­ges einen Ein­fluß auf die Ent­schei­dung haben kann (vgl. BGH Urteil vom 12. Novem­ber 1957 — VIII ZR 311/56 -, aaO).

Im Streit­fall hat die Beklag­te durch ihre Frage nach der Schwer­be­hin­de­rung zu erken­nen gege­ben, daß diese Tat­sa­che für sie — nicht zuletzt im Hin­blick auf die vom Kläger aus­zu­üben­de Tätig­keit — von erheb­li­cher Bedeu­tung war. Die Täu­schung des Klä­gers, daß keine Schwer­be­hin­de­rung vor­lie­ge, bil­de­te unter diesen Umstän­den nach der Lebens­er­fah­rung einen Umstand, der die Beklag­te zum Abschluß des Arbeits­ver­tra­ges bewo­gen hat.

ff) Der Täu­schen­de muß schließ­lich arg­lis­tig gehan­delt haben. Arg­lis­tig ist die Täu­schung dann, wenn sie vor­sätz­lich zu dem Zweck vor­ge­nom­men wird, den Willen des Getäusch­ten zu beein­flu­ßen. Es genügt aber auch beding­ter Vor­satz, also das Bewußt­sein, daß die Täu­schung den ande­ren zu der Erklä­rung bestim­men könnte. Dem­nach reicht es aus, wenn der Täu­schen­de weiß, daß seine Anga­ben
unrich­tig sind, er aber mit der Mög­lich­keit rech­net, der Erklä­rungs­geg­ner könnte in seiner Ent­schei­dung durch die Täu­schung beein­flußt werden, und dies bil­li­gend in Kauf nimmt (vgl. BGHZ 7, 301, 302; 49, 155, 156; Münch­Komm-Krae­mer, BGB, 2. Aufl., § 123 Rz 7), wobei die bewußt unwah­re Aus­sa­ge den Vor­satz erken­nen läßt, auf den Erklä­rungs­wil­len des Arbeit­ge­bers ein­zu­wir­ken (Mün­ch­ArbR-Richar­di, § 44 Rz 38).

Das arg­lis­ti­ge Ver­hal­ten ist beim Kläger zu beja­hen, weil er bewußt eine fal­sche Aus­sa­ge abge­ge­ben hat. Bereits dieser Umstand läßt den Vor­satz
erken­nen, auf den Erklä­rungs­wil­len der Beklag­ten ein­zu­wir­ken. Der Ein­wand des Klä­gers, er habe sich sub­jek­tiv in der Lage gefühlt, die vor­ge­se­he­ne Tätig­keit ohne Gefähr­dung für seine Gesund­heit aus­zu­üben und daher der Frage nach der
Schwer­be­hin­der­ten­ei­gen­schaft keine Bedeu­tung bei­gemes­sen, ist kein Grund, den beding­ten Vor­satz zu ver­nei­nen, weil es nicht auf den Irrtum über die Bedeu­tung der Frage, son­dern auf die fal­sche Aus­kunft ankommt.

c) Die Revi­si­on rügt erfolg­los, die Beklag­te habe im Rahmen der Anfech­tungs­vor­aus­set­zun­gen vor­tra­gen müssen, daß die ent­spre­chen­de Pas­sa­ge im For­mu­lar­ar­beits­ver­trag des Klä­gers zur Schwer­be­hin­de­rung mit Zustim­mung des Betriebs­ra­tes erfolgt sei. Diese erst­mals im Revi­si­ons­ver­fah­ren erho­be­ne Ein­wen­dung kann der Senat schon des­halb nicht berück­sich­ti­gen, weil hier­für tat­säch­li­che Fest­stel­lun­gen des Beru­fungs­ge­richts fehlen, § 561 ZPO. Nach dieser Vor­schrift unter­liegt nur das­je­ni­ge Vor­brin­gen der Beur­tei­lung des Revi­si­ons­ge­richts, das aus dem Tat­be­stand des Beru­fun­gur­teils ersicht­lich ist.
Die Beklag­te hat diesen Umstand auch nicht unstrei­tig gestellt.

Das­sel­be gilt im übri­gen für das neue Revi­si­ons­vor­brin­gen, die Beklag­te habe die Schwer­be­hin­der­ten­quo­te nicht erfüllt. Ob dieses Vor­brin­gen recht­lich über­haupt erheb­lich ist, braucht des­halb nicht erör­tert zu werden.

d) Die Anfech­tung ist schließ­lich nicht wegen feh­len­der Betriebs­rats­an­hö­rung unwirk­sam. Die Beklag­te war näm­lich bei der Anfech­tung des Arbeits­ver­tra­ges des Klä­gers nicht zur Anhö­rung des Betriebs­ra­tes ver­pflich­tet.

Nach stän­di­ger Recht­spre­chung des Senats ist nach § 102 Abs. 1 Satz 3 BetrVG eine ohne Anhö­rung des Betriebs­ra­tes aus­ge­spro­che­ne Kün­di­gung unwirk­sam. Dem Betriebs­rat steht das Anhö­rungs­recht nur bei Kün­di­gun­gen, nicht aber bei einer Anfech­tung zu. Auch
in der Lite­ra­tur wird über­wie­gend die Betei­li­gung des Betriebs­ra­tes bei einer Anfech­tung des Arbeit­ge­bers ver­neint (vgl. Dietz/Richardi, BetrVG, 6. Aufl., § 102 Rz 25; Fitting/ Auffarth/Kaiser/Heither, BetrVG, 17. Aufl., § 102 Rz 10; Kraft, GK-BetrVG, 4. Aufl., § 102 Rz 22; aus­führ­lich: Picker, Anfech­tung von Arbeits­ver­trä­gen, ZfA 1981, 1, 43 ff.). Die Anfech­tung ist gegen­über der Kün­di­gung ein ande­res Gestal­tungs­recht. Bei ihr geht es aus­schließ­lich um die dem Anfech­tungs­be­rech­tig­ten ein­ge­räum­te Ent­schei­dung über die Gel­tung oder Nicht-Gel­tung des Rechts­ge­schäf­tes. Da der Betriebs­rat nach § 99 BetrVG nicht die Ein­stel­lung eines Bewer­bers erzwin­gen kann, muß der Arbeit­ge­ber frei in
seiner Ent­schei­dung dar­über sein, ob er den Arbeits­ver­trag gelten läßt, nach­dem der Anfech­tungs­grund auf­ge­deckt ist (vgl. Mün­ch­Arb-Richar­di, § 44 Rz 54, m.w.N.).

e) Das Lan­des­ar­beits­ge­richt hat zutref­fend die Aus­übung des Anfech­tungs­rech­tes als nicht treu­wid­rig nach § 242 BGB ange­se­hen.

aa) Nach stän­di­ger Recht­spre­chung steht die Anfech­tung wegen arg­lis­ti­ger Täu­schung unter dem Vor­be­halt von Treu und Glau­ben; die Anfech­tung ist daher aus­ge­schlos­sen, wenn die Rechts­la­ge des Getäusch­ten im Zeit­punkt der Aus­übung des Anfech­tungs­rechts durch die arg­lis­ti­ge Täu­schung nicht mehr beein­träch­tigt ist (vgl. BAGE 22, 278 = AP Nr. 17 zu § 123 BGB; BAG Urteil vom 18. Sep­tem­ber
1987 — 7 AZR 507/86 — AP Nr. 32 zu § 123 BGB). Bei der Aus­übung des Anfech­tungs­rechts ist die Ent­wick­lung des Arbeits­ver­tra­ges in der
Ver­gan­gen­heit zu beach­ten. Dabei kann sich erge­ben, daß der Anfech­tungs­grund soviel an Bedeu­tung ver­lo­ren hat, daß er eine Auf­lö­sung des Arbeits­ver­tra­ges nicht mehr recht­fer­ti­gen kann (vgl. BAGE 22, 278 = AP Nr. 17, aaO). Der Anfech­tungs­be­rech­tig­te wird zum Zeit­punkt der Anfech­tung in die Lage ver­setzt, neu und unbe­ein­flußt vom Wil­lens­man­gel über das Ob und Wie des Ver­tra­ges zu ent­schei­den.

Nach den Fest­stel­lun­gen des Lan­des­ar­beits­ge­richts hat die Beklag­te im März 1992 siche­re Kennt­nis vom objek­ti­ven und sub­jek­ti­ven Tat­be­stand der arg­lis­ti­gen Täu­schung erlangt. Zu diesem Zeit­punkt bestand das Arbeits­ver­hält­nis zwi­schen den Par­tei­en bereits fast drei Jahre. Dieser
Zeit­raum ist für sich allein nicht geeig­net, den Umstand der arg­lis­ti­gen Täu­schung zurück­tre­ten zu lassen. Das gilt vor­lie­gend schon des­halb, weil der Kläger wegen seiner Schwer­be­hin­de­rungs­er­kran­kun­gen an 25 Arbeits­ta­gen arbeits­un­fä­hig war, was schon allein auf­grund der Lohn­fort­zah­lungs­pflicht, die auch in Zukunft erneut ein­tre­ten kann, indi­ziert, daß der Anfech­tungs­grund für die Beklag­te nicht an Bedeu­tung ver­lo­ren hat. Im übri­gen sind auch hier die obigen Über­le­gun­gen (unter B II b dd) zu § 618 BGB von Bedeu­tung.

2. Da die Anfech­tung des Arbeits­ver­tra­ges wegen arg­lis­ti­ger Täu­schung berech­tigt war und dem­nach die Vor­in­stan­zen zu Recht die gegen diese
Anfech­tung gerich­te­te Klage abge­wie­sen haben, war auch der Wei­ter­be­schäf­ti­gungs­an­trag des Klä­gers hin­fäl­lig.