Ich bin Dia­be­ti­ker und beab­sich­ti­ge eine Schwer­be­hin­de­rung fest­stel­len zu lassen. Mein Arzt hat mir hierzu ein Attest aus­ge­stellt, aus wel­chem sich ergibt, dass ich „schlecht ein­ge­stellt“ bin.

Habe ich damit Chan­cen, hier eine ent­spre­chen­de Schwer­be­hin­de­rung zuer­kannt zu erhal­ten?

Petra W., Stutt­gart


Sehr geehr­te Frau W.,

die Dest­stel­lung einer Schwer­be­hin­de­rung bei Dia­be­tes setzt eine inten­si­vier­te Insu­lin­the­ra­pie oder Insu­lin­pum­pen­the­ra­pie voraus. Wei­ter­hin müssen Sie durch “erheb­li­che Ein­schnit­te” gra­vie­rend in Ihrer Lebens­füh­rung beein­träch­tigt sein.

Zwar ergibt sich meist auf­grund einer schwe­ren Ein­stell­bar­keit des Blut­zu­ckers, dass es letzt­lich auch zu einer schlech­ten Blut­zu­cker­ein­stel­lung kommt und hier­durch auch erheb­li­che Beein­träch­ti­gun­gen resul­tie­ren.

Dies ist aber nicht zwin­gend: Auch bei einer schwe­ren Ein­stell­bar­keit ist es näm­lich nicht aus­ge­schlos­sen, dass letzt­lich im Ergeb­nis doch eine gute Blut­zu­cker­ein­stel­lung erreicht werden kann.
Die Frage ist daher viel­mehr, woran eine “schwe­re Ein­stell­bar­keit” im Ein­zel­fall denn jeweils fest­zu­ma­chen ist. Nach der bis­he­ri­gen Recht­spre­chung des Bun­des­so­zi­al­ge­richts kann der The­ra­pie­auf­wand — bei­spiels­wei­se die Häu­fig­keit des Sprit­zens oder die Anzahl der Blut­zu­cker­mes­sun­gen – grund­sätz­lich nicht berück­sich­tigt werden.
Es wird daher eher darauf abzu­stel­len sein, wie schwie­rig es für den Betrof­fe­nen bzw. den Arzt bzw. unter wel­chen Umstän­den es über­haupt mög­lich ist, häu­fi­ge Blut­zu­cker­schwan­kun­gen durch adäqua­te Medi­ka­men­te bzw. Insulin­do­sie­rung in den Griff zu bekom­men. Ein Indiz dafür kann sein, dass ein Pati­ent nicht nach einem regel­mä­ßi­gen Spritz-Ess­sche­ma behan­delt wird, son­dern im Rahmen einer inten­si­vier­ten Insu­lin­the­ra­pie regel­mä­ßig und hierzu vor jeder Insu­lin­in­jek­ti­on eine jeweils ange­pass­te Dosis­be­rech­nung vor­neh­men muss. Ein wich­ti­ges Indiz wäre auch, wenn zu bestimm­ten Wochen­ta­gen bzw. Tages­zei­ten unter­schied­li­che und „außer­plan­mä­ßi­ge“ Kor­rek­tur­fak­to­ren bestehen, die vom Pati­en­ten zu berück­sich­ti­gen sind. Auch könnte ange­führt werden, wenn es auf­grund der häu­fi­gen Stoff­wech­sel­schwan­kun­gen mög­li­cher­wei­se zu kör­per­li­chen Leis­tungs­ab­fäl­len bzw. auch psy­chi­schen Stö­run­gen (zB. Depres­sio­nen, Arbeits­un­lust) kommt. Die Dar­stel­lung der Aus­wir­kun­gen von häu­fi­gen Blut­zu­cker­schwan­kun­gen oder Unter­zu­cke­run­gen — bei­spiels­wei­se Unwohl­sein, Durch­fall oder Kopf­schmer­zen – können hier eben­falls wei­ter­hel­fen.

Ins­ge­samt würde ich Ihnen also raten, mög­lichst anschau­lich dar­zu­le­gen, aus wel­chem Grund Sie bzw. Ihr Arzt die Krank­heit für schwer ein­stell­bar halten und welche tat­säch­li­chen Kon­se­quen­zen sich hier­aus für Sie erge­ben. Gene­rell sind die Chan­cen für Typ‑1 Dia­be­ti­ker dann sehr hoch, die begehr­te Schwer­be­hin­de­rung fest­ge­stellt zu erhal­ten.

(Ver­öf­fent­licht im Dia­be­tes-Jour­nal (http://www.diabetes-journal.de)