Tenor

Der Antrag wird abge­lehnt.

Die Klä­ge­rin trägt die Kosten des Zulas­sungs­ver­fah­rens.

Der Streit­wert wird für das Zulas­sungs­ver­fah­ren auf bis zu 25.000,00 EUR fest­ge­setzt.

 

Gründe:

Der Antrag hat keinen Erfolg.

Aus den im Zulas­sungs­an­trag dar­ge­leg­ten Grün­den, die der Senat allein zu prüfen hat, erge­ben sich keine ernst­li­chen Zwei­fel an der Rich­tig­keit des ange­foch­te­nen Urteils (Zulas­sungs­grund gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO).

Die Klä­ge­rin meint, dem beklag­ten Land sei es ent­ge­gen der Annah­me des Ver­wal­tungs­ge­richts ver­wehrt, die Ableh­nung ihres Antrags auf Über­nah­me in das Beam­ten­ver­hält­nis auf Probe auf das Gut­ach­ten der Amts­ärz­tin beim Gesund­heits­amt der Stadt X. Dr. I. vom 8. Mai 2002 und auf deren wei­te­re Stel­lung­nah­me vom 16. März 2005 zu stüt­zen. Die darin ent­hal­te­nen pro­gnos­ti­schen Aus­sa­gen seien nicht auf sie — die Klä­ge­rin — bezo­gen, son­dern gäben nur eine gene­rel­le Ein­schät­zung wieder, die nicht geeig­net sei, im Ein­zel­fall die Über­nah­me in das Beam­ten­ver­hält­nis auf Probe zu ver­sa­gen.

Dem ist nicht zu folgen. An der gesund­heit­li­chen Eig­nung fehlt es bereits dann, wenn die Mög­lich­keit künf­ti­ger Erkran­kun­gen oder des Ein­tritts dau­ern­der Dienst­un­fä­hig­keit vor Errei­chen der Alters­gren­ze nicht mit einem hohen Grad an Wahr­schein­lich­keit aus­ge­schlos­sen werden kann. Vgl. BVerwG, Urteil vom 25. Febru­ar 1993 — 2 C 27.90 -, DVBl. 1993, 953.

Zur Fest­stel­lung der gesund­heit­li­chen Eig­nung bedarf es daher einer Pro­gno­se dahin­ge­hend, ob tat­säch­li­che Anhalts­punk­te die Mög­lich­keit künf­ti­ger Erkran­kun­gen oder des Ein­tritts dau­ern­der Dienst­un­fä­hig­keit vor Errei­chen der Alters­gren­ze nahe legen. Eine solche Pro­gno­se wird zwar natur­ge­mäß am indi­vi­du­el­len Gesund­heits­zu­stand des Bewer­bers anknüp­fen müssen, wie er sich gegen­wär­tig und in der Ver­gan­gen­heit dar­ge­stellt hat, kann aber zudem auch den Rück­griff auf wis­sen­schaft­li­che Erkennt­nis­se und Erfah­rungs­wer­te erfor­dern.

Dem­entspre­chend ist die Amts­ärz­tin ver­fah­ren. Sie hat die Pro­gno­se rich­ti­ger­wei­se auf einen Zeit­raum erstreckt, der der im Zeit­punkt der Pro­gno­se­er­stel­lung vor­aus­sicht­lich noch abzu­leis­ten­den Dienst­zeit der Klä­ge­rin ent­sprach, und dar­über hinaus berück­sich­tigt, dass die Dia­be­tes­er­kran­kung bei ihr bereits seit etwa zwan­zig Jahren bestand. Die Amts­ärz­tin hat ihrer Pro­gno­se zu Grunde gelegt, dass die Klä­ge­rin im Hin­blick auf ihre Dia­be­tes­er­kran­kung medi­ka­men­tös befrie­di­gend ein­ge­stellt ist und bei ihr bisher keine über diese Erkran­kung als solche hin­aus­ge­hen­den gesund­heit­li­chen Aus­wir­kun­gen der Grund­er­kran­kung fest­zu­stel­len waren. Wei­te­re Grund­la­ge der Pro­gno­se war die auf wis­sen­schaft­li­che Erkennt­nis­se und Erfah­rungs­wer­te gestütz­te Annah­me, dass eine Dia­be­tes­er­kran­kung mit eini­ger Wahr­schein­lich­keit selbst bei opti­mal ein­ge­stell­ten Pati­en­ten ver­schie­dens­te Fol­ge­er­kran­kun­gen und Spät­schä­den im Bereich des Herz-Kreis­lauf-Sys­tems, der Nieren, der Augen und des Ner­ven­sys­tems her­vor­zu­ru­fen vermag, die auch eine vor­zei­ti­ge dau­ern­de Dienst­un­fä­hig­keit bewir­ken können. Dabei ist die Amts­ärz­tin davon aus­ge­gan­gen, dass die Wahr­schein­lich­keit sol­cher Fol­ge­er­kran­kun­gen und Spät­schä­den mit der Dauer der Grund­er­kran­kung zunimmt. Schließ­lich hat sie die benann­ten all­ge­mei­nen wis­sen­schaft­li­chen Erkennt­nis­se und Erfah­rungs­wer­te auf die Situa­ti­on der Klä­ge­rin über­tra­gen und eine auf deren Person bezo­ge­ne Pro­gno­se erstellt, nach der bei der Klä­ge­rin mit dem vor­zei­ti­gen Ein­tritt einer dau­ern­den Dienst­un­fä­hig­keit gerech­net werden muss. Die Rich­tig­keit der dieser Pro­gno­se zu Grunde lie­gen­den Annah­men wird durch das Zulas­sungs­vor­brin­gen nicht in Frage gestellt. Die in der pri­vat­ärzt­li­chen Stel­lung­nah­me des Dr. L. genann­te DCCT- Studie, wonach bei inten­si­vier­ter Insu­lin­the­ra­pie im Beob­ach­tungs­zeit­raum von zehn Jahren das Auf­tre­ten und Vor­an­schrei­ten von Netz­haut­schä­den mit fort­schrei­ten­der Seh­schwä­che sowie dia­be­ti­scher Nieren- und Ner­ven­er­kran­kun­gen deut­lich ver­min­dert werden konnte, wirft inso­weit keine durch­grei­fen­den Zwei­fel auf. Die Amts­ärz­tin hat im gericht­li­chen Ver­fah­ren mit Schrei­ben vom 16. März 2005 unwi­der­spro­chen erläu­tert, dass auch bei Pati­en­ten, die mit einer inten­si­vier­ten Insu­lin­the­ra­pie behan­delt würden, das Risiko von Kom­pli­ka­tio­nen im Herz-Kreis­lauf-Bereich unver­än­dert bleibe. Was die Ver­bes­se­run­gen im Bereich sons­ti­ger Fol­ge­er­kran­kun­gen und Spät­schä­den angehe, sei zu berück­sich­ti­gen, dass der hier in Rede ste­hen­de Pro­gno­se­zeit­raum den Beob­ach­tungs­zeit­raum der DCCT-Studie bei weitem über­schrei­te. Eine posi­ti­ve Pro­gno­se sei im Falle der Klä­ge­rin nicht mög­lich.

Das beklag­te Land ist auf dieser Grund­la­ge davon aus­ge­gan­gen, dass bei ihr die Mög­lich­keit künf­ti­ger Erkran­kun­gen oder des Ein­tritts dau­ern­der Dienst­un­fä­hig­keit vor Errei­chen der Alters­gren­ze nicht mit einem hohen Grad an Wahr­schein­lich­keit aus­ge­schlos­sen werden könne und ihr des­halb die gesund­heit­li­che Eig­nung für die Ein­stel­lung in das Beam­ten­ver­hält­nis fehle. Diese Ein­schät­zung ist nach den vor­ste­hen­den Aus­füh­run­gen nicht zu bean­stan­den.

Die Auf­fas­sung der Klä­ge­rin, das beklag­te Land sei bei der Aus­übung des ihm im Zusam­men­hang mit der Ein­stel­lung von Bewer­bern in das Beam­ten­ver­hält­nis auf Probe zuste­hen­den Ermes­sens durch die Richt­li­ni­en über die Beschäf­ti­gung von Dia­be­ti­kern im öffent­li­chen Dienst (Rund­erlass des Innen­mi­nis­ters vom 22. Novem­ber 1982, MBl. NRW, S. 1918) dahin­ge­hend gebun­den, dass die gesund­heit­li­che Nicht­eig­nung eines Bewer­bers nur auf der Grund­la­ge eines fun­dier­ten Dia­be­tes-Gut­ach­tens eines Fach­arz­tes oder einer Dia­be­tes- Klinik fest­ge­stellt werden dürfe, trifft nicht zu. Für den hier maß­geb­li­chen Zeit­punkt der gericht­li­chen Ent­schei­dung über das Ein­stel­lungs­ge­such der Klä­ge­rin ergibt sich aus den besag­ten Richt­li­ni­en in Ver­bin­dung mit den darin in Bezug genom­me­nen Richt­li­ni­en der Deut­schen-Dia­be­tes-Gesell­schaft für die Ein­stel­lung von Dia­be­ti­kern in den öffent­li­chen Dienst vom 20. April 1982 (MBl. NRW 1982, S. 1918) weder eine solche noch eine andere Ermes­sens­bin­dung. Der Rund­erlass des Innen­mi­nis­ters vom 22. Novem­ber 1982 ist gemäß § 6 Abs. 2 der Ver­wal­tungs­ver­ord­nung über den Abschluss der Berei­ni­gung der Ver­wal­tungs­vor­schrif­ten vom 29. August 1961 (SMBl.NRW.1141) nicht mehr in Kraft. Nach dieser Rege­lung treten Ver­wal­tungs­vor­schrif­ten der Lan­des­re­gie­rung und der obers­ten Lan­des­be­hör­den, die nicht in die Samm­lung des berei­nig­ten Minis­te­ri­al­blat­tes für das Land Nord­rhein-West­fa­len (SMBl.NRW) auf­ge­nom­men werden und keine Beschrän­kung der Gel­tungs­dau­er ent­hal­ten, grund­sätz­lich fünf Jahre nach Ablauf des Jahres außer Kraft, in dem sie erlas­sen worden sind. Der Rund­erlass des Innen­mi­nis­ters vom 22. Novem­ber 1982, der diese Vor­aus­set­zun­gen erfüllt und dessen Wei­ter­gel­tung auch nicht aus­drück­lich ange­ord­net worden ist, hat seine Gül­tig­keit mithin bereits im Novem­ber 1987 ver­lo­ren.

Soweit die Klä­ge­rin die grund­sätz­li­che Bedeu­tung der Rechts­sa­che gel­tend macht (Zulas­sungs­grund gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO), hat sie diese nicht in einer den Anfor­de­run­gen des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO ent­spre­chen­den Weise dar­ge­legt. Zur Dar­le­gung des Zulas­sungs­grun­des gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO ist die Rechts­fra­ge, auf die es nach Auf­fas­sung des Rechts­mit­tel­füh­rers ankom­men soll, aus­zu­for­mu­lie­ren und sub­stan­zi­iert aus­zu­füh­ren, warum sie für klä­rungs­be­dürf­tig und ent­schei­dungs­er­heb­lich gehal­ten und aus wel­chen Grün­den ihr Bedeu­tung über den Ein­zel­fall hinaus zuge­mes­sen wird.

Zur Beant­wor­tung der Rechts­fra­ge, ob an Dia­be­tes mel­li­tus erkrank­ten Ein­stel­lungs­be­wer­bern die Ver­be­am­tung allein mit der Begrün­dung ver­sagt werden darf, dass bei einer Pro­gno­se über einen Zeit­raum von 50 Jahren Grund­er­kran­kung die Wahr­schein­lich­keit einer vor­zei­ti­gen Zur­ru­he­set­zung nicht aus­ge­räumt werden könne, bedarf es keines Beru­fungs­ver­fah­rens. Sie kann auf der Grund­la­ge der oben zitier­ten Recht­spre­chung des Bun­des­ver­wal­tungs­ge­richts bejaht werden.

Die weiter auf­ge­wor­fe­ne Rechts­fra­ge, ob auf der Grund­la­ge des Rund­erlas­ses des Innen­mi­nis­ters vom 22. Novem­ber 1982 (MBl. NRW, S. 1918) in Ver­bin­dung mit den Richt­li­ni­en der Deut­schen-Dia­be­tes- Gesell­schaft für die Ein­stel­lung von Dia­be­ti­kern in den öffent­li­chen Dienst vom 20. April 1982 die Fest­stel­lung der Nicht­eig­nung nur auf der Grund­la­ge eines fach­ärzt­li­chen Gut­ach­tens getrof­fen werden darf, das von einem dia­be­to­lo­gisch erfah­re­nen Arzt oder einer Dia­be­tes-Klinik erstat­tet worden ist, ist — wie oben aus­ge­führt — nicht ent­schei­dungs­er­heb­lich, da der Rund­erlass bereits im Novem­ber 1987 außer Kraft getre­ten ist.

Die Kos­ten­ent­schei­dung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
Die Streit­wert­fest­set­zung beruht auf den §§ 40, 47 Abs. 1 und 3, 52 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 GKG.

Der Beschluss ist unan­fecht­bar (§ 152 Abs. 1 VwGO). Mit der Ableh­nung des Zulas­sungs­an­trags wird das ange­foch­te­ne Urteil rechts­kräf­tig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

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