Oberverwaltungsgericht Münster (NRW), Beschluss vom 21.01.2013, AZ 6 A 246/12
Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.
Der Streitwert wird auch für das Zulassungsverfahren auf bis 30.000 Euro festgesetzt.
Gründe
2Der Antrag auf Zulassung der Berufung bleibt ohne Erfolg; Zulassungsgründe im Sinne des § 124 Abs. 2 VwGO sind nicht dargelegt oder nicht gegeben.
3Das Antragsvorbringen weckt keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Hinsichtlich dieses Zulassungsgrundes bedarf es einer auf schlüssige Gegenargumente gestützten Auseinandersetzung mit den entscheidungstragenden Erwägungen des Verwaltungsgerichts. Dabei ist innerhalb der Frist des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO in substantiierter Weise darzulegen, dass und warum das vom Verwaltungsgericht gefundene Entscheidungsergebnis ernstlich zweifelhaft sein soll. Diese Voraussetzung ist nur dann erfüllt, wenn das Gericht schon auf Grund des Antragsvorbringens in die Lage versetzt wird zu beurteilen, ob ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils bestehen. Diesen Anforderungen genügt die Antragsschrift nicht.
4Wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat, handelt es sich bei der von dem Dienstherrn vorzunehmenden und hier in Streit stehenden Beurteilung der für die Übernahme in das Beamtenverhältnis erforderlichen gesundheitlichen Eignung um einen Akt wertender und prognostischer Erkenntnis, der gerichtlich nur darauf zu überprüfen ist, ob die Verwaltung den anzuwendenden Begriff verkannt, einen unrichtigen Sachverhalt zugrunde gelegt, allgemein gültige Wertmaßstäbe nicht beachtet oder sachwidrige Erwägungen angestellt hat. Die gesundheitliche Eignung fehlt bereits dann, wenn die Möglichkeit häufiger Erkrankungen oder des Eintritts dauernder Dienstunfähigkeit schon vor Erreichen der Altersgrenze nicht mit einem hohen Grad an Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden kann. Die dazu anzustellende Prognose wird zwar naturgemäß am individuellen Gesundheitszustand des Bewerbers anknüpfen müssen, wie er sich gegenwärtig und in der Vergangenheit dargestellt hat, kann aber zudem auch den Rückgriff auf wissenschaftliche Erkenntnisse und Erfahrungswerte erfordern. Die Beurteilung der gesundheitlichen Eignung eines Bewerbers bemisst sich dabei unabhängig davon, ob der Dienstherr über die Begründung eines Probebeamtenverhältnisses oder eines Beamtenverhältnisses auf Lebenszeit zu entscheiden hat, da bereits für die Auswahl der in das Probebeamtenverhältnis zu berufenden Bewerber dieselben Kriterien maßgeblich sind, denen für die Bewährung und Übernahme des Beamten auf Probe in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit maßgebliche Bedeutung zukommt.
5Vgl. etwa OVG NRW, Beschluss vom 12. März 2008 — 6 A 4819/05 -, juris, mit weiterem Nachweis.
6Ebenfalls zutreffend hat das Verwaltungsgericht ausgehend davon die Einschätzung des beklagten Landes, dem Kläger fehle aufgrund der bei ihm festgestellten Erkrankungen die gesundheitliche Eignung für die Übernahme in das Beamtenverhältnis, als rechtsfehlerfrei angesehen. Die dagegen gerichteten Angriffe des Zulassungsantrags greifen nicht durch.
7Der Vorwurf, das Verwaltungsgericht habe sich nicht mit der Frage befasst, ob der Kläger in das Beamtenverhältnis auf Probe zu berufen ist oder ob gesundheitliche Bedenken dem entgegenstehen, ist nicht nachvollziehbar, nachdem diese Frage inmitten der Entscheidung steht. Die vom Verwaltungsgericht vertretene Auffassung, dass Diabetiker mit einem hohen Grad an Wahrscheinlichkeit von Folgeerkrankungen betroffen sind und dies Grundlage für eine negative Einschätzung der gesundheitlichen Eignung sein kann, entspricht der Auffassung des Senats.
8Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 12. März 2008 — 6 A 4819/05 -; auch VG Gelsenkirchen, Urteil vom 12. März 2008 — 1 K 6980/03 -, jeweils juris.
9Soweit mit dem Antrag auf Zulassung der Berufung in diesem Zusammenhang kritisiert werden soll, dass das Verwaltungsgericht Ausführungen gemacht hat, die denen der Bezirksregierung im Schriftsatz vom 1. Juni 2011 entsprechen, wäre das unberechtigt. Abgesehen davon, dass es für sich genommen nicht zu beanstanden ist, wenn sich das Gericht Feststellungen eines Beteiligten zu eigen macht, verhält es sich tatsächlich so, dass die Bezirksregierung im Schriftsatz vom 1. Juni 2011 ihrerseits Ausführungen des Verwaltungsgerichts im Urteil vom 7. Dezember 2010 — 2 K 7465/09 - wiedergegeben hat; im angefochtenen Urteil verweist das Gericht mithin auf seine eigenen Feststellungen in der vorbenannten Entscheidung. Ferner stellt es die Einschätzung des Verwaltungsgerichts nicht durchgreifend in Frage, wenn — wie der Zulassungsantrag ansatzweise darzulegen versucht — es zutrifft, dass “kein Patient mehr wegen des Diabetes erblinden muss”. Dieses Vorbringen bezieht sich lediglich auf eine der möglichen Folgeerkrankungen, für die aufgrund des Diabetes ein erhöhtes Risiko gegeben ist; überdies verhält sich der Antrag nicht zu den bei dem Kläger zusätzlich bereits diagnostizierten Erkrankungen. Auch der Umstand, dass das Verwaltungsgericht seiner Bewertung — unter anderem — Daten des Statistischen Bundesamts aus dem Jahre 1999 zugrunde gelegt hat, begründet keine Bedenken, weil der Zulassungsantrag nicht darlegt, dass diese Daten nicht mehr tragfähig sind.
10Zu einer abweichenden Beurteilung der gesundheitlichen Eignung des Klägers war das beklagte Land auch nicht aufgrund des Zusatzgutachtens des Prof. Dr. T. vom 13. Juli 2010 gezwungen. Prof. Dr. T. stellt im Schlusssatz seines Gutachtens nicht fest, dass die Möglichkeit häufiger Erkrankungen oder des Eintritts dauernder Dienstunfähigkeit schon vor Erreichen der Altersgrenze bei dem Kläger mit einem hohen Grad an Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden kann. Seine — abweichend formulierte — Einschätzung, man könne davon ausgehen, dass bei dem Kläger keine vermehrten Dienstunfähigkeitszeiten zu erwarten seien oder gar eine vorzeitige Dienstunfähigkeit eintrete, stellt er vielmehr ausdrücklich unter die Bedingung, dass es gelinge, Blutzucker und Blutdruck bei dem Kläger gut einzustellen, und — kumulativ -, dass der Kläger zukünftig in der Lage sei, “etwas für seine Gesundheit zu tun, das Gewicht zu halten oder auch etwas zu reduzieren und insbesondere auch sich körperlich mehr zu betätigen”. Dass diese Voraussetzungen in der Zukunft gegeben sein werden, musste das beklagte Land seiner Prognose nicht zugrunde legen. Dass der Kläger — selbst wenn er dies beabsichtigen mag — seine Lebensführung ausreichend daran ausrichten wird, gesundheitliche Risiken zu minimieren, ist allein mit dessen entsprechender Versicherung nicht sichergestellt; es ist vielmehr schon dadurch in Zweifel gezogen, dass der Kläger sein Gewicht in der Vergangenheit nicht in idealer Weise reduziert und auf sportliche Aktivitäten verzichtet hat.
11Das abschließende Zulassungsvorbringen, es gehe “nicht um das, was das Gericht wohl als scheibchenweises Vorgehen” ansehe, “sondern um die Verifizierung der Bedenkenfreiheit”, ist unverständlich.
12Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf §§ 40, 47 Abs. 1 und 3, 52 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 GKG.
13Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO). Das Urteil des Verwaltungsgerichts ist rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).
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