Die Beru­fung wird zurück­ge­wie­sen. Außer­ge­richt­li­che Kosten sind auch im Beru­fungs­ver­fah­ren nicht zu erstat­ten. Die Revi­si­on wird nicht zuge­las­sen.

Tat­be­stand:

Die Klä­ge­rin begehrt die Ver­sor­gung mit einem Glu­ko­se­mess-System (CGM-[=Continuous Glu­co­se Monitoring]-System).

Sie ist 1971 gebo­ren und bei der Beklag­ten gesetz­lich kran­ken­ver­si­chert. Sie leidet an Dia­be­tes Mel­li­tus Typ 1. Zusätz­lich erkrank­te sie an Brust­krebs.

Am 7. April 2009 ver­ord­ne­te ihr die sie behan­deln­de Fach­ärz­tin für Innere Medizin/Diabetologie Dr. L auf­grund der Dia­gno­sen “Dia­be­tes mel­li­tus Typ 1, Insu­lin­pum­pen­the­ra­pie, Mam­ma­kar­zi­nom sowie Hypo­glyk­ämie-Wahr­neh­mungs­stö­rung (E 10.60G)” eine Insu­lin­pum­pe M zur Insu­lin­pum­pen­the­ra­pie sowie – hier streit­ge­gen­ständ­lich – ein Glu­ko­se­sen­sor-Star­ter-Set Nr. 1 mit Sen­sor­tech­no­lo­gie für ein halbes Jahr. Der Her­stel­ler M reich­te am 21. April 2009 bei der Beklag­ten einen Kos­ten­vor­anschlag u. a. für ein M REAL-Time Start-Paket, bestehend aus M und S Glu­ko­se­sen­so­ren über 1.188,81 EUR ein. Der durch die Beklag­te ein­ge­schal­te­te Medi­zi­ni­sche Dienst der Kran­ken­ver­si­che­rung MDK Berlin-Bran­den­burg e. V. (MDK) gelang­te in seinem sozi­al­me­di­zi­ni­schen Gut­ach­ten vom 18. Mai 2009 zu dem Ergeb­nis, dass das begehr­te kon­ti­nu­ier­li­che Glu­ko­se­mess-System in seiner Gesamt­stra­te­gie ein prin­zi­pi­ell neues Ver­fah­ren ärzt­li­cher Dia­gnos­tik sei, wel­ches zu bewer­ten dem Gemein­sa­men Bun­des­aus­schuss (G‑BA) gemäß § 135 Sozi­al­ge­setz­buch Fünf­tes Buch (SGB V) oblie­ge.

Mit Bescheid vom 25. Juni 2009 lehnte die Beklag­te dar­auf­hin die Kos­ten­über­nah­me für das Glu­ko­se­mo­ni­to­ring­sys­tem ab. Die Kosten für die Insu­lin­pum­pe wurden in Höhe von 3.670,00 EUR über­nom­men.

Die Klä­ge­rin erhob Wider­spruch und ver­wies zur Begrün­dung u. a. auf die vor­lie­gen­de Stö­rung der Hypo­glyk­ämie­wahr­neh­mung, das Dawn-Phä­no­men (von engl. dawn = Mor­gen­däm­me­rung, Blut­zu­cker­an­stieg in den frühen Mor­gen­stun­den) und ihre Hor­mon­schwan­kun­gen. Auf­grund ihrer Brust­krebs­er­kran­kung und den daraus resul­tie­ren­den Fol­ge­wir­kun­gen der Chemo- und Strah­len­the­ra­pie für die Blut­zu­cker­ein­stel­lung bzw. die Aus­wir­kun­gen auf den Gesamt­or­ga­nis­mus bat sie in ihrem Ein­zel­fall um erneu­te Prü­fung. Es gehe um ein Vor­beu­gen der gefürch­te­ten Dia­be­tes-Spät­schä­den sowie um das Rück­fall­ri­si­ko für ein Wie­der­auf­tre­ten des Brust­kreb­ses. Bei­gefügt war ein Attest der sie behan­deln­den Onko­lo­gen vom 30. Juni 2009 (Praxis-Klinik K), wonach aus onko­lo­gi­scher Sicht ein kon­ti­nu­ier­lich streng ein­ge­stell­ter Blut­zu­cker medi­zi­nisch not­wen­dig sei, um das Rück­fall­ri­si­ko des Mam­ma­kar­zi­noms zu mini­mie­ren. Die Klä­ge­rin reich­te weiter Aus­zü­ge aus Stu­di­en ein. Der MDK erstell­te unter dem 19. August 2009 ein wei­te­res sozi­al­me­di­zi­ni­sches Gut­ach­ten nach Akten­la­ge: Abge­se­hen von dem Umstand, dass es keine abschlie­ßen­de Bewer­tung des kon­ti­nu­ier­li­chen Glu­ko­se­mo­ni­to­ring­sys­tems durch den G‑BA gebe, könne nicht erkannt werden, dass bei der Klä­ge­rin alle Mög­lich­kei­ten zur Opti­mie­rung der Stoff­wech­sel­la­ge bereits aus­ge­schöpft seien.

Die Beklag­te wies den Wider­spruch mit Wider­spruchs­be­scheid vom 25. Novem­ber 2009 zurück.

Hier­ge­gen rich­tet sich die zunächst vor dem Sozi­al­ge­richt Berlin (SG) erho­be­ne Klage vom 7. Dezem­ber 2009. Zur Begrün­dung hat die Klä­ge­rin aus­ge­führt, es bedür­fe hier keiner Prü­fung, ob der Ein­satz des Gerä­tes als neue Unter­su­chungs- oder Behand­lungs­me­tho­de hätte aner­kannt werden müssen. Sie begeh­re das Gerät als Hilfs­mit­tel. Sie habe an allen übli­chen Dia­be­tes-Typ 1‑Schulungen inklu­si­ve Hypo­glyk­ämie­schu­lun­gen teil­ge­nom­men. Ihre behan­deln­de Dia­be­to­lo­gin Dr. L beschei­nig­te unter dem 3. August 2010, dass bei Klä­ge­rin eine vor­bild­li­che Com­pli­ance vor­lie­ge und diese über exzel­len­tes Wissen ver­fü­ge. Es sei keine wei­te­re Schu­lung erfor­der­lich. Die CGM-Geräte fun­gier­ten wie ein Warn­sys­tem. Denn sie alar­mier­ten den Pati­en­ten mit Hilfe eines akus­ti­schen Signals sowie eines Vibra­ti­ons­alarms bei Annä­he­rung an kri­ti­sche Glu­ko­se­wer­te. Der Pati­ent führe dann zum opti­ma­len Zeit­punkt eine Mes­sung des Blut­zu­ckers durch. Durch die kon­ti­nu­ier­li­che Glu­ko­se­über­wa­chung könn­ten so Hypo- und Hyper­glyk­ämien ver­mie­den werden, die durch die her­kömm­li­che Blut­zu­cker­selbst­kon­trol­le nicht ver­mie­den werden können. Mit Hilfe des Gerä­tes sei eine Kon­trol­le auch nachts mög­lich. Dies sei ein ganz erheb­li­cher Vor­teil gegen­über der kon­ven­tio­nel­len Blut­zu­cker­selbst­kon­trol­le. Denn selbst wenn der Pati­ent sich nachts zu einer bestimm­ten Zeit wecken lasse, seien die so ermit­tel­ten Werte wenig ver­läss­lich. Denn der punk­tu­ell gemes­se­ne Blut­zu­cker­wert sage nichts dar­über aus, ob und in welche Rich­tung der Zucker schwan­ke. Diese Infor­ma­ti­on könne jedoch mit Hilfe der Mes­sung der Gewebs­zu­cker­schwan­kun­gen durch das kon­ti­nu­ier­li­che Glu­ko­se­mess-System gewon­nen werden. Dem­entspre­chend könne die The­ra­pie ange­passt werden. Zum ande­ren werde der Ver­lauf des Gewebs­zu­ckers auch doku­men­tiert, so dass der behan­deln­de Arzt diese Daten aus­wer­ten und ggf. die The­ra­pie anpas­sen könne.

Die Klä­ge­rin hat die Her­stel­ler­be­schrei­bung “Was ist kon­ti­nu­ier­li­che Glu­ko­se­mes­sung?” zu den Akten gereicht, ein Gut­ach­ten des MDK Stand 28. Januar 2009 “G REAL-Time System Prü­fung des medi­zi­ni­schen Nut­zens nach § 139 SGB V” sowie ferner eine Stel­lung­nah­me für den GKV-Spit­zen­ver­band der Arbeits­ge­mein­schaft Dia­be­to­lo­gi­sche Tech­no­lo­gie e. V. der Deut­schen Dia­be­tes­ge­sell­schaft DDG vom 20. Januar 2010.

Die Abtei­lung Medi­zin des GKV-Spit­zen­ver­ban­des hat am 9. Sep­tem­ber 2010 die Ein­schät­zung ver­öf­fent­licht, dass die Ver­fah­ren der CGM im Bereich der ver­trags­ärzt­li­chen Ver­sor­gung als Bestand­teil eines neuen Dia­be­tes-The­ra­pie­kon­zep­tes gemäß § 135 SGB V dem Erlaub­nis­vor­be­halt des G‑BA unter­lä­gen und nicht abrech­nungs­fä­hig seien.

Der MDK hat unter dem Datum 28. Mai 2010 erneut ein sozi­al­me­di­zi­ni­sches Gut­ach­ten abge­ge­ben.

Am 25. Okto­ber 2012 hat der G‑BA die Bera­tung des Themas “Bewer­tung der kon­ti­nu­ier­li­chen Glu­ko­se­mes­sung mit REAL-Time-Mess­ge­rä­ten zur The­ra­pie­steue­rung bei Pati­en­ten mit insu­lin­pflich­ti­gem Dia­be­tes mel­li­tus gemäß § 135 Abs. 1 SGB V und gemäß § 137c Abs. 1 SGB V” ver­öf­fent­licht (BAnz AT 08.11.2012 B4).

Das SG hat die Klage mit Urteil vom 7. Dezem­ber 2012 abge­wie­sen. Zur Begrün­dung hat es aus­ge­führt, bei der Anwen­dung des Gerä­tes zur Mes­sung und kon­ti­nu­ier­li­chen Über­wa­chung der Gewe­be­zu­cker­wer­te han­de­le es sich um eine neue Behand­lungs­me­tho­de im Sinne des § 135 Abs. 1 SGB V (Bezug­nah­me auf LSG Nord­rhein-West­fa­len, Urteil vom 6. Okto­ber 2011 – L 1 (16) KR 207/09 – juris Rdnr. 34). Aus der von der Beklag­ten ein­ge­reich­ten Stel­lung­nah­me des Medi­zi­ni­schen Diens­tes des Spit­zen­ver­ban­des Bund der Kran­ken­ver­si­che­rung (MDS) vom 9. Juli 2010 folge, dass die mit der kon­ti­nu­ier­li­chen Glu­ko­se­mes­sung ver­bun­de­nen ärzt­li­chen Leis­tun­gen nicht im EBM abge­bil­det seien. Damit han­de­le es sich um eine neue Behand­lungs­me­tho­de. Ein Anspruch der Klä­ge­rin ergebe sich auch nicht aus den Grund­sät­zen des Sys­tem­ver­sa­gens. Aus­nahms­wei­se könne unge­ach­tet des in § 135 Abs. 1 SGB V auf­ge­stell­ten Ver­bots mit Erlaub­nis­vor­be­halt eine Leis­tungs­pflicht bestehen, wenn die feh­len­de Aner­ken­nung der neuen Unter­su­chungs- oder Behand­lungs­me­tho­de auf einem Mangel des gesetz­li­chen Leis­tungs­sys­tems beruhe. Es fehle aber an begrün­de­ten Hin­wei­sen darauf, dass die Bewer­tung der CGM bisher sys­tem­wid­rig unter­blie­ben sei. Die Klä­ge­rin könne sich auch nicht mit Erfolg auf eine not­stands­ähn­li­che Krank­heits­si­tua­ti­on unter Berück­sich­ti­gung der Recht­spre­chung des Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richts beru­fen. Die dafür not­wen­di­ge not­stands­ähn­li­che Extrem­si­tua­ti­on bestehe bei der Klä­ge­rin nicht.

Gegen dieses ihr am 2. Januar 2013 zuge­gan­ge­ne Urteil rich­tet sich die Beru­fung der Klä­ge­rin vom 25. Januar 2013. Das SG habe ver­kannt, dass es sich bei dem CGM-System nur um ein Hilfs­mit­tel im Sinne des § 33 SGB V han­de­le. Die Vor­aus­set­zun­gen dieser Vor­schrift seien erfüllt.

Die Klä­ge­rin bean­tragt,

unter Abän­de­rung des Urteils des Sozi­al­ge­richts Berlin vom 7. Dezem­ber 2012 den Bescheid der Beklag­ten vom 25. Juni 2009 in Gestalt des Wider­spruchs­be­schei­des vom 25. Novem­ber 2009 auf­zu­he­ben und die Beklag­te zu ver­pflich­ten, ein für ihre Insu­lin­pum­pe kom­pa­ti­bles kon­ti­nu­ier­li­ches Glu­ko­se­mess-System Guar­di­an-Real-Time zu bewil­li­gen.

Die Beklag­te bean­tragt,

die Beru­fung zurück­zu­wei­sen.

Auf die von den Betei­lig­ten ein­ge­reich­ten Schrift­sät­ze und Unter­la­gen (ins­be­son­de­re die Stel­lung­nah­men und sozi­al­me­di­zi­ni­schen Gut­ach­ten) wird ergän­zend Bezug genom­men.

Ent­schei­dungs­grün­de:

Mit Zustim­mung der Betei­lig­ten konnte im schrift­li­chen Ver­fah­ren ent­schie­den werden, §§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 Sozi­al­ge­richts­ge­setz (SGG). Die Betei­lig­ten haben sich damit ein­ver­stan­den erklärt.

Der Beru­fung muss der Erfolg ver­sagt blei­ben.

Die Klä­ge­rin hat keinen Anspruch auf Ver­sor­gung mit dem begehr­ten System als Hilfs­mit­tel nach § 33 SGB V.

Ein sol­cher Anspruch besteht, wenn das Hilfs­mit­tel erfor­der­lich ist, um ent­we­der nach § 33 Abs. 1 Satz 1, 1. Alter­na­ti­ve SGB V den Erfolg der Kran­ken­be­hand­lung zu sichern, oder einer dro­hen­den Behin­de­rung vor­beu­gen (2. Alter­na­ti­ve) oder die Behin­de­rung aus­glei­chen (§ 33 Abs. 1 Satz 1, 3. Alter­na­ti­ve 3 SGB V), soweit die Hilfs­mit­tel nicht als Gebrauchs­ge­gen­stän­de des täg­li­chen Lebens oder nach § 34 Abs. 4 SGB V aus­ge­schlos­sen sind. In Betracht kommen hier nur die beiden ersten Alter­na­ti­ven. Das Gerät ist der Klä­ge­rin primär zur Siche­rung einer Kran­ken­be­hand­lung ver­ord­net worden. Sekun­där soll Dia­be­tes-Spät­schä­den vor­ge­beugt werden.

Es ist recht­lich umstrit­ten, ob der Ver­sor­gung mit einem der­ar­ti­gen Gerät bereits der Erlaub­nis­vor­be­halt des § 135 Abs. 1 SGB V ent­ge­gen­steht (dafür: LSG Baden-Würt­tem­berg, B. v. 25. Febru­ar 2013 – L 5 KR 4459/12 ER‑B; LSG Ham­burg, B. v. 22. Juli 2013 – L 1 KR 38/13 BER- in Bestä­ti­gung von SG Ham­burg, B. v. 12. April 2013 – S 23 KR 338/13 ER-; SG Trier, Urt. v. 22. August 2013 – S 1 KR 116/12; dage­gen: SG Det­mold, Urt. v. 01. Dezem­ber 2010 ‑S 5 KR 325/09- juris; B. v. 09. Januar 2012 ‑S 3 KN 113/11 KR ER-juris).

Der hier erken­nen­de Senat hat sich in einem Eil­ver­fah­ren der Auf­fas­sung ange­schlos­sen, dass der­zeit auf­grund der in einem Eil­ver­fah­ren einzig mög­li­chen sum­ma­ri­schen Prü­fung nicht geklärt werden kann, ob eine der­ar­ti­ge Glu­ko­se­mes­sung eine neue Unter­su­chungs- und Behand­lungs­me­tho­de im Sinne des § 135 SGB V ist (B. v. 27. Novem­ber 2013 — L 1 KR 265/13 juris mit Bezug auf LSG Sach­sen-Anhalt, B. v. 29. Januar 2013 – L 4 KR 89/12 BER juris; SG Berlin, B. v. 15. Mai 2012 –S 72 KR 500/12 ER juris).

Zwar hat der G‑BA am 25. Okto­ber 2012 beschlos­sen, die “Bewer­tung der kon­ti­nu­ier­li­chen Glu­ko­se­mes­sung mit Real-Time Mess­ge­rä­ten zur The­ra­pie­steue­rung bei Pati­en­ten mit insu­lin­pflich­ti­gem Dia­be­tes mel­li­tus gemäß § 135 Abs. 1 SGB 5 und gemäß § 137c Abs. 1 SGB 5” zu bera­ten. Auch ver­steht das Bun­des­so­zi­al­ge­richt (BSG) unter einer Behand­lungs­me­tho­de eine medi­zi­ni­sche Vor­ge­hens­wei­se, der ein eige­nes theo­re­tisch-wis­sen­schaft­li­ches Kon­zept zu Grunde liegt, das sie von ande­ren The­ra­pie­ver­fah­ren unter­schei­det und das ihre sys­te­ma­ti­sche Anwen­dung in der Behand­lung bestimm­ter Krank­hei­ten recht­fer­ti­gen soll (so weit­ge­hend wört­lich LSG Sach­sen-Anhalt, a. a. O. Rdnr. 33ff unter Bezug­nah­me auf BSG, Urt. v. 23. Juli 1998 – B 1 KR 19/96 R‑, juris-Rdnr. 17 ). Bei der kon­ti­nu­ier­li­chen Glu­ko­se­mes­sung han­delt es sich dem­nach um eine solche Behand­lungs­me­tho­de, da ihr ein theo­re­tisch-wis­sen­schaft­li­ches Kon­zept zu Grunde liegt. Der Erlaub­nis­vor­be­halt nach § 135 SGB V bezieht sich aber nur auf solche Behand­lungs­me­tho­den, die im Rahmen der ver­trags­ärzt­li­chen Ver­sor­gung erbracht werden. So ist auch im Rahmen einer Arz­nei­mit­tel­the­ra­pie die posi­ti­ve Emp­feh­lung des G‑BA nur erfor­der­lich, wenn die Ver­ab­rei­chung des Medi­ka­men­tes sich nicht in seiner bloßen Ver­ord­nung erschöpft, son­dern zwin­gend durch einen Arzt mit­tels einer “ärzt­li­chen Behand­lungs­tä­tig­keit” zu erfol­gen hat (LSG Sach­sen-Anhalt, a. a. O. Rdnr. 33ff, 36f unter Bezug­nah­me auf BSG, Urt. v. 19. Okto­ber 2004 – B 1 KR 27/02 R, juris-Rdnr. 23). Für den Ein­satz von Hilfs­mit­tel ist bis­lang nur ent­schie­den, dass ein Hilfs­mit­tel nicht in das GKV-Hilfs­mit­tel­ver­zeich­nis auf­ge­nom­men werden kann, wenn die zu Grunde lie­gen­de Behand­lungs­me­tho­de ohne posi­ti­ve Emp­feh­lung des G‑BA in der ambu­lan­ten Ver­sor­gung nicht ange­wandt werden darf und eine solche Emp­feh­lung nicht vor­liegt (BSG, Urt. v. 12. August 2009 ‑B 3 KR 10/07 R‑, juris-Rdnr. 17f mit wei­te­ren Nach­wei­sen). Die Ver­wen­dung eines Hilfs­mit­tels könne nicht von dem zu Grunde lie­gen­den Behand­lungs­kon­zept und den dafür gel­ten­den Anfor­de­run­gen nach §§ 2 Abs. 1 S. 3, 12 Abs. 1, 135 Abs. 1 SGB V getrennt werden. Ob hin­ge­gen auch bei Hilfs­mit­teln, die zwar zur Siche­rung des Erfolgs einer Kran­ken­be­hand­lung bzw. der Vor­beu­gung einer dro­hen­den Behin­de­rung dienen, nicht aber im Rahmen einer ver­trags­ärzt­li­chen Behand­lung ein­ge­setzt werden, eine posi­ti­ve Emp­feh­lung des im Sinne von § 135 SGB V zwin­gend vor­lie­gen muss, ist bisher nicht geklärt und vom Senat offen gelas­sen worden.

Der Senat kann es auch weiter dahin­ge­stellt sein lassen, ob es sich bei der Ver­ord­nung und Ver­wen­dung eines CGM-Sys­tems um eine neue Unter­su­chungs- und Behand­lungs­me­tho­de han­delt. Soweit das Lan­des­so­zi­al­ge­richt Rhein­land-Pfalz im Urteil vom 6. März 2014 (L 5 KR 253/13) die Fest­stel­lun­gen der dor­ti­gen Vor­in­stanz über­nom­men hat, dass die kon­ti­nu­ier­li­che Glu­ko­se­mes­sung mit REAL-Time-Mess­ge­rä­ten seinen Zweck nur dann erfül­le, wenn die gewon­ne­nen Daten durch einen ent­spre­chend aus­ge­bil­de­ten Arzt aus­ge­wer­tet würden, der die wei­te­re Behand­lung unter Berück­sich­ti­gung dieser Ana­ly­se ent­spre­chend anpas­sen und ggf. opti­mie­ren könne, erscheint dies rein tat­säch­lich zwei­fel­haft. Denn das Gerät kann seinen maß­geb­li­chen Zweck (im Lang­zeit­ein­satz), den Pati­en­ten vor uner­kann­ten Glu­ko­se­wert­spit­zen zu warnen, auch ohne Ein­bet­tung in ein kon­ti­nu­ier­li­ches Behand­lungs-Opti­mie­rungs­kon­zept erfül­len. Allei­ne aus dem Umstand, dass heu­ti­ge elek­tro­ni­sche Geräte ohne Wei­te­res eine Viel­zahl von Daten spei­chern und über­mit­teln können, folgt nicht zwin­gend von selbst, dass jede Aus­wer­tung der Daten durch den Arzt ins­ge­samt zu einer (neuen) ärzt­li­chen Behand­lung führt.

Der Klä­ge­rin steht jedoch nach dem der­zei­ti­gen Gesund­heits­zu­stand das Gerät auch unter der Prä­mis­se nicht zu, eines Beschlus­ses des G‑BA nach § 135 Abs. 1 SGB bedür­fe es nicht.

Erfor­der­lich ist ein Hilfs­mit­tel, wenn es im Ein­zel­fall geeig­net, not­wen­dig und wirt­schaft­lich ist (BSG, Urteil vom 28.06.2001 — B 3 KR 3/00 R — BSGE 88, 204 juris Rdnr. 15). Das Wirt­schaft­lich­keits­ge­bot (§ 12 Abs. 1 SGB V) schließt eine Leis­tungs­pflicht der Kran­ken­ver­si­che­rung für solche Inno­va­tio­nen aus, die nicht die Funk­tio­na­li­tät, son­dern in erster Linie Bequem­lich­keit und Kom­fort bei der Nut­zung des Hilfs­mit­tels betref­fen. Der Anspruch auf Hilfs­mit­tel­ver­sor­gung findet damit ins­be­son­de­re dort seine Grenze, wo eine nur gering­fü­gi­ge Ver­bes­se­rung eines auf brei­tem Feld anwend­ba­ren Hilfs­mit­tels völlig außer Ver­hält­nis zur Belas­tung der Ver­si­cher­ten­ge­mein­schaft gera­ten würde. Bei der gebo­te­nen Abwä­gung der Not­wen­dig­keit bzw. Erfor­der­lich­keit des Hilfs­mit­tels zur Siche­rung des Erfolgs der Kran­ken­be­hand­lung sind daher in jedem Ein­zel­fall auch die Kosten der Hilfs­mit­tel­ver­sor­gung im Blick­punkt zu behal­ten. Dem all­ge­mei­nen Grund­satz der Ver­hält­nis­mä­ßig­keit würde es wider­spre­chen, wenn Umfang und Not­wen­dig­keit des Aus­glei­ches und die ent­spre­chen­den Kosten in keinem ange­mes­se­nen Ver­hält­nis stün­den (so zutref­fend weit­ge­hend wört­lich LSG Rhein­land-Pfalz, Urteil vom 21.1.2010 – L 5 KR 126/09 juris-Rdnr. 13).

Zur etwa­igen Erfor­der­lich­keit der CGM-Geräte im Rahmen der erfor­der­li­chen Abwä­gung im Rahmen der Ver­hält­nis­mä­ßig­keit zwi­schen den Kosten einer­seits und dem The­ra­pie­ge­winn gibt es all­ge­mei­ne Stel­lung­nah­men:

Die MDK-Aus­ar­bei­tung vom 28. Januar 2009 gelangt hin­sicht­lich des Nut­zens der durch ein CGM-Gerät ange­zeig­ten Mess­wer­te zusam­men­fas­send zu dem Ergeb­nis, dass in der Errech­nung eines Trends mit akus­ti­scher War­nung ein medi­zi­ni­scher Vor­teil für wenige aus­ge­wähl­te Pati­en­ten gese­hen werde, wobei die unzu­rei­chen­de Sen­si­ti­vi­tät und ord­nungs­ge­mä­ße Anwen­dung (inklu­si­ve Blut­zu­cker­mes­sung) zu berück­sich­ti­gen seien. Von Nutzen könne das Gerät bei opti­mal betreu­ten und spe­zi­ell geschul­ten Pati­en­ten mit Dia­be­tes mel­li­tus Typ 1 sein, die nach­weis­lich trotz häu­fi­ger Blut­zu­cker­mes­sun­gen, Ein­hal­ten diä­te­ti­scher und medi­ka­men­tö­ser Vor­ga­ben, Teil­nah­me an ent­spre­chen­den Maß­nah­men (z. B. Ernäh­rungs­schu­lung, Hypo­glyk­ämie­wahr­neh­mungs­trai­ning und ggf. Psy­cho­the­ra­pie) und deren sorg­fäl­ti­ger Beach­tung und Umset­zung wie­der­holt in lebens­be­droh­li­che (in der Regel hypo­glyk­ämische) Zustän­de mit Fremd­hil­fe­be­darf gerie­ten. Auch bei Säug­lin­gen, Klein­kin­dern und Vor­schul­kin­dern sei ein medi­zi­ni­scher Nutzen vor­stell­bar, bei denen trotz maxi­ma­ler ärzt­li­cher Bemü­hun­gen ein­schließ­lich einer Insu­lin­pum­pen­the­ra­pie, aus­rei­chen­der Schu­lung der Betreu­ungs­per­so­nen und häu­fi­ger Blut­zu­cker­mes­sun­gen wie­der­holt und unvor­her­seh­bar bedroh­li­che Hypo­glyk­ämien auf­trä­ten. Der zeit­lich beschränk­te Ein­satz eines CGM-Real-Time-Sys­tems könne auch in Ein­zel­fäl­len bei Dia­be­ti­ke­rin­nen wäh­rend der Dauer der Schwan­ger­schaft in Frage kommen. Das Real-Time-CGM-System sei nur als zusätz­li­che Maß­nah­me zu werten, um aus­sa­ge­kräf­ti­ge­re Infor­ma­tio­nen für den Ver­lauf der Blut­zu­cker­wer­te zu erhal­ten, als dies durch ein festes Zeit­sche­ma der Blut­zu­cker­be­stim­mung mög­lich sei. Sie könn­ten des­halb als Warn­sys­te­me defi­niert werden. Eine neue Metho­de im Sinne von § 9 Abs. 1 Ziffer A der Ver­fah­rens­ord­nung des G‑BA liege nicht vor. Die medi­zi­ni­schen Vor­aus­set­zun­gen nach § 139 Abs. 2 SGB V zur Schaf­fung einer neuen Pro­dukt­art inner­halb der Hilfs­mit­tel Pro­dukt­grup­pe 21 unter Ein­rich­tung eines neuen Anwen­dungs­or­tes “Inters­ti­ti­um” (z. B. Geräte zur Mes­sung inters­ti­ti­el­ler Glu­ko­se­kon­zen­tra­ti­on) und zur Auf­nah­me des Ein­zel­pro­duk­tes Guar­di­an REAL-Time zur Sicher­stel­lung der ärzt­li­chen Behand­lung einer klei­nen Gruppe von Pati­en­ten in das Hilfs­mit­tel­ver­zeich­nis lägen vor. Als Indi­ka­tio­nen soll­ten fol­gen­de Vor­aus­set­zun­gen erfüllt sein: — wie­der­hol­te, unvor­her­seh­ba­re schwe­re Hypo­glyk­ämien, — Ver­ord­nung und eng­ma­schi­ge Betreu­ung durch spe­zi­ell aus­ge­bil­de­te Dia­be­to­lo­gen eines Zen­trums oder einer Schwer­punkt­pra­xis, — nach­weis­lich häu­fi­ge Mes­sun­gen des Blut­zu­ckers und sorg­fäl­ti­ge Doku­men­ta­ti­on aller stoff­wech­sel­re­le­van­ten Para­me­ter, — geeig­ne­te, aber frusta­ne Ver­su­che unter Nut­zung aller zur Ver­fü­gung ste­hen­den Tech­ni­ken einer bes­se­ren Stoff­wech­sel­ein­stel­lung bei nach­ge­wie­se­nem Ein­hal­ten diä­te­ti­scher und medi­ka­men­tö­ser Vor­ga­ben, — Teil­nah­me an ent­spre­chen­den Maß­nah­men (z. B. Ernäh­rungs­schu­lung, Hypo­glyk­ämie­wahr­neh­mungs­trai­nung und ggf. Psy­cho­the­ra­pie und deren sorg­fäl­ti­ge Beach­tung und Umsetzung/Befolgung, — Teil­nah­me an einer spe­zi­el­len Schu­lung zur bestim­mungs­ge­mä­ßen Anwen­dung des Gerä­tes.

Die Arbeits­ge­mein­schaft Dia­be­to­lo­gi­sche Tech­no­lo­gie der DDG hält in ihrer Stel­lung­nah­me vom 20. Januar 2010 den Lang­zeit­ein­satz der CGM-Geräte bei fol­gen­den Indi­ka­tio­nen für sinn­voll:

  • Pati­en­ten mit häu­fi­gen schwe­ren Hypo­glyk­ämien, schwe­ren nächt­li­chen Hypo­glyk­ämien und Hypo­glyk­ämie­wahr­neh­mungs­stö­run­gen, die durch eine inten­si­ve Schu­lung nicht beho­ben werden konnte.
  • Pati­en­ten, die inner­halb der letz­ten 12 Monate min­des­tens zwei schwe­re Hypo­glyk­ämien mit nach­ge­wie­se­nem Fremd­hil­fe­be­darf (hier: Notarzt/Krankenhausaufnahme) gehabt haben.
  • Pati­en­ten, bei denen schwe­re Hypo­glyk­ämien fatale Folgen haben können (z. B. kar­di­al vor­ge­schä­dig­te Pati­en­ten).
  • Pati­en­ten mit unge­nü­gen­der glyk­ämischer Ein­stel­lung unter Aus­schöp­fung aller the­ra­peu­ti­schen Maß­nah­men (z. B. Schu­lung und Insu­lin­pum­pen­the­ra­pie),
  • Pati­en­ten wäh­rend der Schwan­ger­schaft.

Der GKV hatte die DDG u. a. gefragt, wie viele Blut­zu­cker­mes­sun­gen pro Tag diese bei Pati­en­ten mit unsta­bi­ler Stoff­wech­sel­la­ge für zumut­bar halte. Die DDG beant­wor­te­te dies dahin­ge­hend, dass maxi­mal 10 Blut­zu­cker­mes­sun­gen pro Tag zumut­bar seien, wobei bei dieser Häu­fig­keit der Blut­zu­cker­mes­sung eine erheb­li­che Kon­di­tio­nie­rung der Dia­be­tes­er­kran­kun­gen ent­ste­he und die Pati­en­ten sowohl psy­chisch als auch in ihrer Lebens­qua­li­tät erheb­lich nega­tiv betrof­fen seien.

Das Hilfs­mit­tel eines CGM-Gerä­tes ist danach nicht in allen Fällen des Dia­be­tes Typ 1 (u. U. mit Insu­lin­pum­pen­ver­sor­gung) mit Hypo­glyk­ämie­wahr­neh­mungs­stö­rung erfor­der­lich und gebo­ten im oben aus­ge­führ­ten Sinne. Zu dieser Erkran­kung muss jeden­falls die beson­de­re Risi­ko­dia­gno­se der Gefah­ren der unvor­her­seh­ba­ren schwe­ren Hypo­glyk­ämien hin­zu­tre­ten, der auch nicht mit der zumut­ba­ren nor­ma­len Blut­zu­cker­mes­sung von maxi­mal zehn am Tag aus­rei­chend ent­ge­gen gewirkt werden kann. Zu dieser Risi­ko­grup­pe gehört die Klä­ge­rin jedoch nicht, wie bereits im Termin am 22. Sep­tem­ber 2014 mit ihr erör­tert wurde.

Die Behand­le­rin der Klä­ge­rin hat das CGM-Gerät nicht auf­grund kon­kre­ter Vor­fäl­le ver­ord­net, son­dern auf­grund der Hypo­glyk­ämie­wahr­neh­mungs­stö­rung und der durch­lit­te­nen Brust­krebs­er­kran­kung. Unstrei­tig ist, dass kon­ti­nu­ier­li­che Gly­ko­se­wer­te aus onko­lo­gi­scher Sicht sinn­voll sind. Es ist jedoch nicht vor­ge­tra­gen oder ersicht­lich, dass die Klä­ge­rin an häu­fi­gen schwe­ren Hypo­glyk­ämien, schwe­ren nächt­li­chen Hypo­glyk­ämien leidet oder in letz­ter Zeit zwei schwe­re Hypo­glyk­ämien mit nach­ge­wie­se­nem Fremd­hil­fe­be­darf gehabt hat. Weiter ist nicht davon aus­zu­ge­hen, dass etwa­ige Unter­zu­cke­run­gen zu beson­de­ren akuten Risi­ken führen könn­ten wie dies die DGM zum Bei­spiel für kar­dio­lo­gi­sche Vor­schä­di­gun­gen annimmt.

Es ist des­halb ins­ge­samt davon aus­zu­ge­hen, dass der Klä­ge­rin zuge­mu­tet werden kann, bis zu 10 Blut­zu­cker­mes­sun­gen täg­lich vor­zu­neh­men und sie des­halb unge­ach­tet der Hypo­glyk­ämie­wahr­neh­mungs­stö­rung und beson­de­rem Risiko einer erneu­ten Krebs­er­kran­kung nicht zu dem Per­so­nen­kreis gehört, für den ein CGM-Gerät sinn­voll und wirt­schaft­lich sein kann. Dahin­ge­stellt kann des­halb abschlie­ßend auch, ob das von der Klä­ge­rin begehr­te Gerät für sie wirk­lich eine rele­van­te Ver­bes­se­rung der Blut­zu­cker­wer­te bräch­te, was der MDK in Aus­wer­tung der ein­ge­reich­ten Mess­un­ter­la­gen des durch­ge­führ­ten Pro­be­be­triebs in seiner Stel­lung­nah­me vom 28. Mai 2010 bezwei­felt hat.

Ergän­zend wird auf die zutref­fen­de wei­te­re Begrün­dung im ange­grif­fe­nen Urteil des SG ver­wie­sen, § 153 Abs. 2 SGG: Von einem Sys­tem­ver­sa­gen und einem Anspruch nach Maß­ga­be des § 2 Abs. 1a SGB V kann nicht aus­ge­gan­gen werden.

Die Kos­ten­ent­schei­dung folgt aus § 193 SGG und ent­spricht dem Ergeb­nis in der Sache.

Gründe für die Zulas­sung der Revi­si­on nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 oder 2 SGG liegen nicht vor.