Mein Dia­be­to­lo­ge hat mir mein übli­ches Insu­lin ver­schrie­ben. Als ich heute das Rezept in der Stamm­apo­the­ke ein­lö­sen wollte, wurde mir gesagt, das dass Insu­lin nicht mehr her­aus­ge­ge­ben werden kann. Die Apo­the­ke sei von der Kran­ken­kas­se ange­wie­sen worden nur noch bestimm­te Insu­lin­mar­ken her­aus­zu­ge­ben. Nun habe ich für die neue Insu­lin­mar­ke über­haupt keinen Pen. Die Patro­nen des Her­stel­lers passen nicht in meinen Pen. Ich habe auch erst vor kurzem zwei neue Pens ver­schrie­ben bekom­men. Das bis­he­ri­ge Insu­lin ist ein Misch­in­su­lin (Prota­pha­ne von Novo-Nor­disk). Das neue Insu­lin ist eben­falls ein Misch­in­su­lin, aber eines ande­ren Her­stel­lers. Ich frage mich, wo da eine Kos­ten­re­du­zie­rung erfol­gen soll. Die neuen Pens kosten ca. 180,00 € und für den Fall, das dass neue Insu­lin für mich unver­träg­lich ist sind auch noch neue Pens für das bis­he­ri­ge Insu­lin erfor­der­lich (wenn die alten Pens ent­sorgt bzw. gespen­det worden sind). Frag­lich ist wahr­schein­lich auch, ob die Anwei­sung mit der gesetz­lich garan­tier­ten Ver­ord­nungs- und The­ra­pie­frei­heit der Ärzte kon­form ist. Bitte teilen Sie mir Ihre Ansicht über diese (unsin­ni­ge) Ver­ord­nung mit.

H.S., Alfeld


Sehr geehr­ter Herr S.,

ich habe von sol­chen Pro­ble­men zwi­schen­zeit­lich nun schon öfters gehört — und leider kann man gegen diese Praxis wohl nur wenig aus­rich­ten.

Hin­ter­grund ist fol­gen­der: die Apo­the­ken sind seit der Gesund­heits­re­form auf­grund ver­trag­li­cher Rege­lun­gen mit den Kran­ken­kas­sen ver­pflich­tet, vor Abgabe eines Arz­nei­mit­tels die Mög­lich­keit einer sog. “Sub­sti­tu­ti­on” (lat.: Aus­tausch, Ersatz) zu prüfen. Ist eine Sub­sti­tu­ti­on mög­lich, dann darf der Apo­the­ker dem Pati­en­ten nicht das auf dem Rezept genann­te Prä­pa­rat aus­zu­hän­di­gen, son­dern er muss ein ande­res, wirk­stoff­glei­ches Medi­ka­ment abge­ben

Im kon­kre­ten Fall sieht das so aus:
Hat der Arzt auf dem Rezept kein kon­kre­tes Prä­pa­rat, son­dern nur bestimm­te Wirk­stof­fe ver­schrie­ben, dann muss der Apo­the­ker zunächst schau­en, welche ver­füg­ba­ren Medi­ka­men­te dieser Ver­ord­nung ent­spre­chen. Hier­von kann er dann eines der drei güns­tigs­ten Arz­nei­mit­tel aus­wäh­len und dem Pati­en­ten abge­ben.

Aber auch wenn vom Arzt ein bestimm­tes Arz­nei­mit­tel ver­ord­net wurde, dann ist noch längst nicht sicher, dass man dieses auch bekommt:
Der Apo­the­ker muss dann näm­lich prüfen, ob die Kran­ken­kas­se des Ver­si­cher­ten einen Rabatt­ver­trag für der­ar­ti­ge Arz­nei­mit­tel abge­schlos­sen hat und ob dort ein Medi­ka­ment mit glei­cher Wirk­stär­ke, Dar­rei­chungs­form und Indi­ka­ti­ons­be­reich ver­füg­bar ist.Ist dies der Fall — und das im Rabatt­ver­trag alter­na­tiv genann­te Arz­nei­mit­tel auch ver­füg­bar — dann darf der Apo­the­ker aus­schließ­lich dieses abge­ben.

Wenn es keinen Rabatt­ver­trag gibt, dann kann der Apo­the­ker die Aus­wahl tref­fen: ent­we­der gibt er das im Rezept ver­ord­ne­te Medi­ka­ment aus, oder er wählt eines der drei preis­güns­tigs­ten Arz­nei­mit­tel, die in Packungs­grö­ße, Wirk­stär­ke und Ein­satz­ge­biet mit dem ver­ord­ne­ten Prä­pa­rat iden­tisch sind.

In beiden Fällen ist jedoch nicht erlaubt, dass der Pati­ent das teure Ori­gi­nal­prä­pa­rat erhält, indem er bei­spiels­wei­se die Preis­dif­fe­renz zuzahlt.

Ein Anspruch auf das im Rezept bezeich­ne­te Medi­ka­ment hat der Pati­ent nur, wenn der Arzt die Sub­sti­tu­ti­on aus­ge­schlos­sen hat.
Hierzu muss er auf dem Rezept das Feld “aut idem” (lat: das Glei­che) ankreu­zen. Nur wenn dies der Fall ist, muss der Apo­the­ker das genann­te Prä­pa­rat zwin­gend abge­ben.

Leider kann der Arzt hier auch nicht (mehr) nach Belie­ben ver­ord­nen und die Sub­sti­tu­ti­on ein­fach aus­schlie­ßen — denn dann würde er ris­kie­ren, dass er unwirt­schaft­lich ver­ord­net und für sein Rezept mög­li­cher­wei­se selbst in Regress genom­men wird. Es müssen daher schon gute (medi­zi­ni­sche) Gründe dafür bestehen, dass der Pati­ent zwin­gend ein bestimm­tes Prä­pa­rat bekom­men soll.
Da die Wirk­kur­ven und Ver­läu­fe moder­ner Insu­li­ne nahezu iden­tisch sind, gibt es für den Arzt meist keinen medi­zi­ni­schen Grund, hier auf ein bestimm­tes Medi­ka­ment zu bestehen.
Anders ist es natür­lich, wenn tat­säch­lich eine Unver­träg­lich­keit gegen bestimm­te Insu­lin­prä­pa­ra­te (oder deren Kon­ser­vie­rungs­stof­fe, zB Cresol)) besteht.

In Ihrem Fall war vom Arzt wahr­schein­lich das Feld “aut idem” nicht ange­kreuzt, so daß der Apo­the­ker hier grund­sätz­lich ein rabat­tier­tes Insu­lin abge­ben musste.
Aller­dings ist natür­lich auch klar: wenn das abge­ge­be­ne Insu­lin nicht in Ihren vor­han­de­nen Pen passt, dann können Sie damit nichts anfan­gen.
Es ist daher durch­aus frag­lich, ob die Dar­rei­chungs­form (=Ampul­le) wirk­lich iden­tisch ist und die Sub­sti­tu­ti­on durch den Apo­the­ker zuläs­sig war.

Bevor Sie das Rezept ein­lö­sen, soll­ten Sie daher mit dem Arzt noch­mals Rück­spra­che halten: denn wenn er den Aus­tausch durch ein ande­res Prä­pa­rat nicht aus­schließt, dann muss er Ihnen zumin­dest zusätz­lich einen neuen, hier­für pas­sen­den Pen ver­ord­nen — oder er soll dem Apo­the­ker bestä­ti­gen, dass ein ande­res Insu­lin für Sie nicht geeig­net ist.

(Ver­öf­fent­licht im Dia­be­tes-Jour­nal (http://www.diabetes-journal.de)

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