Ich bin Leiter einer Selbst­hil­fe­grup­pe und wir führen dort regel­mä­ßig Infor­ma­ti­ons­ver­an­stal­tun­gen rund um das Thema Dia­be­tes durch, bei­spiels­wei­se zu aktu­el­len Ent­wick­lun­gen der For­schung. Auch bieten wir eine Sozi­al­be­ra­tung an, ins­be­son­de­re zu Fragen hin­sicht­lich Schwer­be­hin­de­rung und Rente.

Nun hat mir ein Bekann­ter gesagt, dass da mög­li­cher­wei­se ein Haf­tungs­ri­si­ko für ent­spre­chen­de Aus­künf­te besteht. Ich dachte immer, eine Aus­kunft sei unver­bind­lich und daher auch ohne ent­spre­chen­des Haf­tungs­ri­si­ko. Was müssen wir da beach­ten, um mög­li­che Risi­ken zu ver­mie­den oder zu ver­rin­gern ?

Peter M. , Köln


Sehr geehr­ter Herr M.,

ver­gleich­ba­re Fragen haben uns in letz­ter Zeit ver­mehrt erreicht; wir werden diesem Thema in einem der fol­gen­den Hefte daher einen aus­führ­li­che­ren Bei­trag widmen.

Gem. § 675 Abs. 2 BGB besteht regel­mä­ßig keine Haf­tung für die Rich­tig­keit erteil­ter Aus­künf­te im pri­va­ten Rahmen. Das Gesetz stellt klar, dass „wer einem ande­ren einen Rat oder eine Emp­feh­lung erteilt, […] zum Ersatz des aus der Befol­gung des Rates oder der Emp­feh­lung ent­ste­hen­den Scha­dens nicht ver­pflich­tet“ ist.

Aller­dings gibt es aber doch einige Aus­nah­men, welche es zu beach­ten gilt.
Wer für die Bera­tungs­leis­tung ein Ent­gelt ver­langt, der haftet grund­sätz­lich immer.
Dann darf die Bera­tung an sich nicht gegen bestehen­de Geset­ze und Bestim­mun­gen ver­sto­ßen. Bei­spiels­wei­se dürfen Laien keine Bera­tungs­tä­tig­keit vor­neh­men, die durch Gesetz aus­schließ­lich Ärzten oder Anwäl­ten vor­be­hal­ten sind. Wer Dia­gno­sen stellt oder gar medi­zi­ni­sche „Behand­lun­gen“ durch­führt, ohne Arzt zu sein, der ist recht schnell in einer Haf­tung. Pro­ble­ma­tisch sind daher ins­be­son­de­re ver­meint­lich gut gemein­te „Rat­schlä­ge“, eine vom Arzt ver­ord­ne­te Medi­ka­men­ten­do­sis, Insu­lin­men­ge oder den vor­han­de­nen Spritz­plan eigen­mäch­tig abzu­än­dern.

Wer über eine über­le­ge­nes Sach­wis­sen ver­fügt bzw. ein sol­ches für sich in Anspruch nimmt, den tref­fen meist erhöh­te Sorg­falts- und Auf­klä­rungs­pflich­ten – die Betrof­fe­nen brin­gen ihm näm­lich ein erhöh­tes Maß an Ver­trau­en ent­ge­gen und werden den Rat­schlag mög­li­cher­wei­se ohne wei­te­re Rück­fra­ge mit einem Arzt oder Anwalt befol­gen. Hier müsste auf jeden Fall klar­ge­stellt werden, dass im Zwei­fel immer noch ein Arzt bzw. Anwalt zuvor gefragt werden sollte.

Vor­sich­tig sollte man daher ins­be­son­de­re bei öffent­li­chen Bera­tun­gen auch sein mit „Tipps“ zu kon­kre­ten juris­ti­schen Fra­ge­stel­lun­gen: abge­se­hen davon, dass eine Rechts­be­ra­tung grund­sätz­lich nur im pri­va­ten Umfeld zuläs­sig ist, erge­ben sich hier nicht selten erheb­li­che Haf­tungs­ri­si­ken. Wenn ein Betrof­fe­ner bei­spiels­wei­se wissen will, wie lange er Zeit hat, um Wider­spruch gegen einen ableh­nen­den Behin­de­rungs­be­scheid ein­zu­le­gen oder Klage gegen die Kün­di­gung seines Arbeits­ver­hält­nis­ses zu erhe­ben, so sollte man hier sehr zurück­hal­tend sein:
Würde bei­spiels­wei­se im Rahmen der von Ihrer Selbst­hil­fe­grup­pe durch­ge­führ­ten Sozi­al­be­ra­tung hier eine fal­sche – oder auch unvoll­stän­di­ge – Aus­kunft gege­ben und käme es dann zur Frist­ver­säu­mung, so wäre eine Haf­tung sicher­lich denk­bar. Der Betrof­fe­ne wird näm­lich dann vor­brin­gen, er habe darauf ver­traut, dass die erhal­te­nen Aus­künf­te rich­tig seien – es sei schließ­lich ein Unter­schied, ob er sich einen „Rechts­tipp“ von einem Freund oder Bekann­ten hole oder die Aus­kunft im Rahmen einer Sozi­al­be­ra­tung von ver­meint­lich fach­kun­di­gen Bera­tern erhält.

Ein wei­te­res Haf­tungs­feld ergibt sich schließ­lich auch, wenn durch die Aus­kunft mit­tel­bar die Inter­es­sen Drit­ter berührt werden. Dies kann bei­spiels­wei­se pas­sie­ren, wenn im Rahmen einer Aus­kunft von einem bestimm­ten Arzt oder einem bestimm­ten Pro­dukt abge­ra­ten wird.
Hier ist dann sehr schnell die Grenze einer (noch zuläs­si­gen) Mei­nungs­äu­ße­rung über­schrit­ten, ins­be­son­de­re wenn unwah­re bzw. nicht beweis­ba­re und poten­ti­ell geschäfts- bzw. absatz­schä­di­gen­de Behaup­tun­gen erho­ben werden. Wenn Sie bei­spiels­wei­se mit einem Blut­zu­cker­mess­ge­rät nicht zufrie­den sind, dann dürfen Sie selbst­ver­ständ­lich andere über Ihre Mei­nung und Ihre Gründe infor­mie­ren. Unzu­läs­sig wäre aber bei­spiels­wei­se zu behaup­ten, dass das Gerät „unge­nau“ bzw. „nicht rich­tig“ messe, wenn Sie einen siche­ren Beweis für diese Behaup­tung nicht tat­säch­lich erbrin­gen können. Im diesem Bei­spiels­fal­le wäre erfor­der­lich, dass die feh­ler­haf­te Mess­qua­li­tät durch ein sach­ge­recht und wis­sen­schaft­lich erstell­tes Gut­ach­ten nach­ge­wie­sen werden kann – eine ledig­lich „gefühl­te“ Unge­nau­ig­keit oder der Ver­gleich mit den Ergeb­nis­sen ande­rer Mess­ge­rä­te würde nicht aus­rei­chen.

Gene­rell gilt aber, dass für Aus­künf­te in der Selbst­hil­fe­grup­pe sicher­lich keine allzu großen Risi­ken bestehen und Sie daher auch grund­sätz­lich im Rahmen einer ange­bo­te­nen Sozi­al­be­ra­tung ent­spre­chen­de Infor­ma­tio­nen geben dürfen. Sie soll­ten aller­dings dann vor­sich­tig sein, wenn die Aus­künf­te über all­ge­mei­ne Anfra­gen hin­aus­ge­hen und sich allzu kon­kret auf eine indi­vi­du­el­le Situa­ti­on des Fra­ge­stel­lers bezie­hen. Hier soll­ten Sie genau prüfen, ob Sie berech­tigt und im Zwei­fel auch hin­rei­chend kom­pe­tent sind, dem Infor­ma­ti­ons­be­dürf­nis des Rat­su­chen­den in der tat­säch­lich gebo­te­nen Weise gerecht zu werden. In jedem Fall soll­ten Sie aus­drück­lich darauf hin­wei­sen, dass Ihr Rat­schlag die Kon­sul­ta­ti­on eines Arzt bzw. Anwalts nicht erset­zen kann und soll.

(Ver­öf­fent­licht im Dia­be­tes-Jour­nal (http://www.diabetes-journal.de)

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