Führerschein machen: Diabetes-Erkrankung angeben?
Ich bin 17 Jahre alt und habe seit vier Jahren Typ1-Diabetes. Ich bin im Begriff bei der Führerscheinstelle den Antrag für einen Führerschein zu stellen. Allerdings bin ich etwas unsicher, wie ich mich verhalten soll: muss ich denn den Diabetes beim Führerscheinantrag angeben?
Im Internet habe ich jetzt schon mehrfach den Hinweis bekommen, dass die Behörde gar nicht nach dem Diabetes fragen dürfe und man daher auch den Diabetes verschweigen dürfe, ohne dass Konsequenzen zu befürchten sind. Stimmt das so ? Muss man also nicht angeben, dass man an Diabetes erkrankt ist?
Mit welchen Folgen muss man rechnen wenn man nicht angibt, dass man diabeteskrank ist und z.B. einen Unfall verursacht?
Daniel H., per eMail
Sehr geehrter Herr H.,
herzlichen Dank für Ihre Mail.
Leider werden im Internet sehr viel fragwürdige Informationen verbreitet, die ungenau oder sogar krass falsch sind. Gerade bei juristischen oder medizinischen Sachverhalten ist das für Laien aber leider nicht immer zu erkennen.
Grundsätzlich ist es so, dass der Bürger im behördlichen Verfahren zu einer wahrheitsgemäßen Auskunft verpflichtet ist. Wird der Bescheid einer Behörde (hier: Erteilung der Fahrerlaubnis) auf falsche Tatsachen gestützt, dann kann dieser u.U. rückgängig gemacht werden — mit fatalen Folgen für den Betroffenen.
Ich empfehle daher, eine entsprechende Frage wahrheitsgemäß zu beantworten. Wenn aus medizinischer Sicht keine Bedenken bestehen, dann muss die Fahrerlaubnis auch erteilt werden.
Ob die Behörde berechtigt ist, eine solche Frage überhaupt zu stellen, ist nicht unumstritten; ich halte die Frage aber für zulässig.
Denn gem. § 11 Abs. 1 Fahrerlaubnisverordnung (FeV) müssen Bewerber um eine Fahrerlaubnis die “hierfür notwendigen körperlichen und geistigen Anforderungen” erfüllen. Diese Anforderungen sind insbesondere nicht erfüllt, wenn eine Krankheit vorliegt, aufgrund derer die Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen ausgeschlossen wird.
Bei Diabetes wäre die Fahreignung beispielsweise dann nicht (mehr) gegeben, wenn Unterzuckerungen nicht (rechtzeitig) wahrgenommen werden können oder öfters schwere Unterzuckerungen mit Bewusstlosigkeit auftreten. Wenn die Behörde in diesen Fällen keine Fahrerlaubnis erteilen darf, dann muss sie selbstverständlich auch dazu berechtigt sein, solche Eignungsmängel im Vorfeld zu überprüfen.
Den Weg einer einfachen Selbstauskunft durch den Betroffenen halte ich daher für eine geeignetes und zumutbare Vorgehensweise, die zudem auch nicht unverhältnismäßig ist. Das Interesse des Einzelnen, das Geld für eine etwaige ärztliche Untersuchung zu sparen, dürfte geringer wiegen als das Interesse der Allgemeinheit, potentielle Gefahren und Gefährdungen zu erkennen und zu minimieren.
Aber selbst wenn eine solche Frage nach dem Diabetes tatsächlich unzulässig wäre, dann darf diese dennoch nicht wahrheitswidrig beantwortet werden. Sie könnten dann allenfalls die Antwort verweigern. Selbstverständlich gilt aber: wenn gar nicht gefragt wird, dann muss man den Diabetes auch nicht angeben !
Gesetzestext (Auszug)
§ 11 Fahrerlaubnisverordnung [Eignung]
(1) Bewerber um eine Fahrerlaubnis müssen die hierfür notwendigen körperlichen und geistigen Anforderungen erfüllen. Die Anforderungen sind insbesondere nicht erfüllt, wenn eine Erkrankung oder ein Mangel […]vorliegt, wodurch die Eignung oder die bedingte Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen ausgeschlossen wird. Außerdem dürfen die Bewerber nicht erheblich oder nicht wiederholt gegen verkehrsrechtliche Vorschriften oder Strafgesetze verstoßen haben, sodass dadurch die Eignung ausgeschlossen wird. Bewerber um die Fahrerlaubnis der Klasse D oder D1 und der Fahrerlaubnis zur Fahrgastbeförderung […] müssen auch die Gewähr dafür bieten, dass sie der besonderen Verantwortung bei der Beförderung von Fahrgästen gerecht werden.
(2) Werden Tatsachen bekannt, die Bedenken gegen die körperliche oder geistige Eignung des Fahrerlaubnisbewerbers begründen, kann die Fahrerlaubnisbehörde zur Vorbereitung von Entscheidungen über die Erteilung oder Verlängerung der Fahrerlaubnis oder über die Anordnung von Beschränkungen oder Auflagen die Beibringung eines ärztlichen Gutachtens durch den Bewerber anordnen. Bedenken gegen die körperliche oder geistige Eignung bestehen insbesondere, wenn Tatsachen bekannt werden, die auf eine Erkrankung oder einen Mangel nach Anlage 4 oder 5 hinweisen. Die Behörde bestimmt in der Anordnung auch, ob das Gutachten von einem1.
für die Fragestellung […] zuständigen Facharzt mit verkehrsmedizinischer Qualifikation,
2.
Arzt des Gesundheitsamtes oder einem anderen Arzt der öffentlichen Verwaltung,
3.
Arzt mit der Gebietsbezeichnung „Arbeitsmedizin“ oder der Zusatzbezeichnung „Betriebsmedizin“,
4.
Arzt mit der Gebietsbezeichnung „Facharzt für Rechtsmedizin“ oder
5.
Arzt in einer Begutachtungsstelle für Fahreignung, der die Anforderungen nach Anlage 14 erfüllt,erstellt werden soll. Die Behörde kann auch mehrere solcher Anordnungen treffen. Der Facharzt nach Satz 3 Nummer 1 soll nicht zugleich der den Betroffenen behandelnde Arzt sein.
[..]
(6) Die Fahrerlaubnisbehörde legt unter Berücksichtigung der Besonderheiten des Einzelfalls [..] in der Anordnung zur Beibringung des Gutachtens fest, welche Fragen im Hinblick auf die Eignung des Betroffenen zum Führen von Kraftfahrzeugen zu klären sind. Die Behörde teilt dem Betroffenen unter Darlegung der Gründe für die Zweifel an seiner Eignung und unter Angabe der für die Untersuchung in Betracht kommenden Stelle oder Stellen mit, dass er sich innerhalb einer von ihr festgelegten Frist auf seine Kosten der Untersuchung zu unterziehen und das Gutachten beizubringen hat; sie teilt ihm außerdem mit, dass er die zu übersendenden Unterlagen einsehen kann. Der Betroffene hat die Fahrerlaubnisbehörde darüber zu unterrichten, welche Stelle er mit der Untersuchung beauftragt hat. Die Fahrerlaubnisbehörde teilt der untersuchenden Stelle mit, welche Fragen im Hinblick auf die Eignung des Betroffenen zum Führen von Kraftfahrzeugen zu klären sind und übersendet ihr die vollständigen Unterlagen, soweit sie unter Beachtung der gesetzlichen Verwertungsverbote verwendet werden dürfen. Die Untersuchung erfolgt auf Grund eines Auftrags durch den Betroffenen.
(7) Steht die Nichteignung des Betroffenen zur Überzeugung der Fahrerlaubnisbehörde fest, unterbleibt die Anordnung zur Beibringung des Gutachtens.
(8) Weigert sich der Betroffene, sich untersuchen zu lassen, oder bringt er der Fahrerlaubnisbehörde das von ihr geforderte Gutachten nicht fristgerecht bei, darf sie bei ihrer Entscheidung auf die Nichteignung des Betroffenen schließen. Der Betroffene ist hierauf bei der Anordnung nach Absatz 6 hinzuweisen.
[..]
(Veröffentlicht im Diabetes-Journal (http://www.diabetes-journal.de)
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