In dem Ver­fah­ren
über
die Ver­fas­sungs­be­schwer­de

  1. der Min­der­jäh­ri­gen R…, ver­tre­ten durch die Eltern,
  2. der Min­der­jäh­ri­gen R…, ver­tre­ten durch die Eltern,

gegen

a)     den Beschluss des Nie­der­säch­si­schen Ober­ver­wal­tungs­ge­richts vom 9. Dezem­ber 2005 — 12 ME 422/05 -,
b)     den Beschluss des Ver­wal­tungs­ge­richts Stade vom 26. August 2005 — 4 B 1528/05 –
und     Antrag auf Erlass einer einst­wei­li­gen Anord­nung

hat die 1. Kammer des Ersten Senats des Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richts durch

den Prä­si­den­ten Papier,
die Rich­te­rin Hoh­mann-Denn­hardt
und den Rich­ter Hoff­mann-Riem

gemäß § 93 b in Ver­bin­dung mit § 93 a BVerfGG in der Fas­sung der Bekannt­ma­chung vom 11. August 1993 (BGBl I S. 1473) am 10. Febru­ar 2006 ein­stim­mig beschlos­sen:

Die Ver­fas­sungs­be­schwer­de wird nicht zur Ent­schei­dung ange­nom­men.

Damit erle­digt sich der Antrag auf Erlass einer einst­wei­li­gen Anord­nung.

Gründe:
I.
1

Die Beschwer­de­füh­re­rin­nen wenden sich – ver­tre­ten durch ihre Eltern – gegen die Nicht­auf­nah­me in einen inte­gra­ti­ven Regel­kin­der­gar­ten.
2

1. Die Beschwer­de­füh­re­rin­nen sind im Jahr 2001 gebo­re­ne Zwil­lin­ge, die beide an einer Osteo­ge­ne­sis imper­fec­ta (Glas­kno­chen­krank­heit) leiden.
3

2. Mit Beschluss vom 26. August 2005 lehnte das Ver­wal­tungs­ge­richt den im einst­wei­li­gen Rechts­schutz gestell­ten Antrag der Beschwer­de­füh­re­rin­nen ab, die Stadt Z. und den Land­kreis R. als Träger der Kinder- und Jugend­hil­fe zu ver­pflich­ten, sie mit Beginn des Kin­der­gar­ten­jah­res 2005/2006 vor­läu­fig in die Inte­gra­ti­ons­grup­pe eines ört­li­chen Kin­der­gar­tens auf­zu­neh­men und die Kosten der Inte­gra­ti­on zu über­neh­men. Ein Anord­nungs­an­spruch im Sinne des § 123 VwGO liege nicht vor. Nach § 12 Abs. 2 des Nie­der­säch­si­schen Kin­der­ta­ges­stät­ten­ge­set­zes hätten Kinder, die wesent­lich behin­dert und leis­tungs­be­rech­tigt nach § 53 Abs. 1 SGB XII seien, Anspruch auf einen Platz in einer teil­sta­tio­nä­ren Ein­rich­tung. Dass die Beschwer­de­füh­re­rin­nen wesent­lich behin­dert seien, sei unstrei­tig. Zwar stelle ein Regel­kin­der­gar­ten mit einer inte­gra­ti­ven Gruppe auch eine teil­sta­tio­nä­re Ein­rich­tung dar. Einen Anspruch auf gemein­sa­me Erzie­hung im Regel­kin­der­gar­ten hätten die Kinder jedoch nicht, wenn keine Plätze zur Ver­fü­gung stün­den. Der Rechts­an­spruch könne dann durch einen Platz in einem Son­der­kin­der­gar­ten erfüllt werden. Unstrei­tig seien die vier Plätze in der Inte­gra­ti­ons­grup­pe des ört­li­chen Kin­der­gar­tens belegt. Der den Beschwer­de­füh­re­rin­nen von dem Kinder- und Jugend­hil­fe­trä­ger alter­na­tiv ange­bo­te­ne Son­der­kin­der­gar­ten­platz diene ent­ge­gen der Auf­fas­sung der Beschwer­de­füh­re­rin­nen seiner Kon­zep­ti­on nach kei­nes­wegs in erster Linie geis­tig behin­der­ten Kin­dern.
4

3. Die hier­ge­gen gerich­te­te Beschwer­de wies das Ober­ver­wal­tungs­ge­richt mit Beschluss vom 9. Dezem­ber 2005 zurück. Die inzwi­schen vier­jäh­ri­gen Beschwer­de­füh­re­rin­nen hätten zwar gemäß § 24 SGB VIII einen Anspruch auf einen Kin­der­gar­ten­platz. Sie müss­ten sich jedoch auf­grund ihrer Krank­heit auf einen Platz in einer teil­sta­tio­nä­ren Ein­rich­tung gemäß § 12 Abs. 2 Kin­der­ta­ges­stät­ten­ge­setz ver­wei­sen lassen. Bei der Erkran­kung der Beschwer­de­füh­re­rin­nen han­de­le es sich um eine kör­per­lich wesent­li­che Behin­de­rung im Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 1 SGB IX. Die Beschwer­de­füh­re­rin­nen seien auch leis­tungs­be­rech­tigt im Sinne des § 53 Abs. 1 SGB XII. Die Beschwer­de­füh­re­rin­nen seien zunächst selbst von einer Hil­fe­be­dürf­tig­keit im Sinne des § 12 Abs. 1 des Kin­der­ta­ges­stät­ten­ge­set­zes aus­ge­gan­gen. Soweit sie nun mit der Beschwer­de ihren Antrag erwei­ternd vor­ran­gig die Auf­nah­me in eine Regel­grup­pe begehr­ten, setz­ten sie sich im Wider­spruch zu ihrem bis­he­ri­gen Vor­brin­gen. So stell­ten sie wei­ter­hin nicht in Abrede, dass sie gele­gent­lich auf die Benut­zung eines Roll­stuhls ange­wie­sen seien und wegen der bei ihnen bestehen­den Gefahr von Kno­chen­brü­chen einen “gewis­sen Schutz­raum” für erfor­der­lich hiel­ten. Des­halb sei es nicht zu bean­stan­den, dass der Kinder- und Jugend­hil­fe­trä­ger es der­zeit ableh­ne, ihnen einen Platz in einer Regel­grup­pe des ört­li­chen Kin­der­gar­tens zur Ver­fü­gung zu stel­len. Soweit die Beschwer­de­füh­re­rin­nen hilfs­wei­se einen etwa­igen Anspruch auf Ein­glie­de­rungs­hil­fe gel­tend mach­ten, ver­hal­te sich das Vor­brin­gen der Beschwer­de­füh­re­rin­nen hierzu nicht, wenn man von der schlich­ten Gel­tend­ma­chung einer per­sön­li­chen Assis­tenz bezie­hungs­wei­se einer Ein­zel­in­te­gra­ti­on absehe. Das Vor­brin­gen lasse in keiner Weise erken­nen, worauf die Maß­nah­men kon­kret gerich­tet sein soll­ten und inwie­weit durch sie sicher­ge­stellt sei, dass die Beschwer­de­füh­re­rin­nen in einer Regel­grup­pe des Kin­der­gar­tens vor der erhöh­ten Gefahr von Kno­chen­brü­chen hin­rei­chend geschützt werden könn­ten. Soweit sie schließ­lich wei­ter­hin hilfs­wei­se die Auf­nah­me in die Inte­gra­ti­ons­grup­pe begehr­ten, drän­gen die Beschwer­de­füh­re­rin­nen mit ihrem Antrag schon des­halb nicht durch, weil die Inte­gra­ti­ons­grup­pe der­zeit voll belegt sei.
5

4. Mit ihrer mit­tel­bar auch gegen § 12 Abs. 2 Kin­der­ta­ges­stät­ten­ge­setz gerich­te­ten Ver­fas­sungs­be­schwer­de rügen die Beschwer­de­füh­re­rin­nen eine Ver­let­zung ihrer Rechte aus Art. 1 Abs. 1 GG und Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG. Unter ande­rem tragen sie sinn­ge­mäß vor, die Gerich­te hätten sie auf eine für sie unge­eig­ne­te Ein­rich­tung ver­wie­sen. Sie hätten drei ärzt­li­che Stel­lung­nah­men vor­ge­legt, die ihnen volle geis­ti­ge Fähig­kei­ten beschei­nig­ten. Es sei den Gerich­ten gegen­über dar­ge­legt worden, dass sie zwar teil­wei­se einen Roll­stuhl benutz­ten, dieses jedoch keine Ein­schrän­kung ihrer Mobi­li­tät dar­stel­le. Das Ober­ver­wal­tungs­ge­richt habe bei der Ableh­nung der Anträ­ge die von ihnen vor­ge­leg­ten ärzt­li­chen Stel­lung­nah­men nicht berück­sich­tigt. Den Anspruch auf einen Regel­kin­der­gar­ten­platz abzu­spre­chen, ver­let­ze Art. 3 Abs. 3 GG, sofern Gerich­te sich wie hier nur auf Grund­la­ge von Spe­ku­la­tio­nen über die Art der Behin­de­rung der Mäd­chen aus­ein­an­der setz­ten. Die Mög­lich­keit der Kno­chen­brü­che könne in allen Lebens­la­gen auf­tre­ten, sowohl in einer Regel­kin­der­gar­ten­grup­pe als auch in einem heil­päd­ago­gi­schen Kin­der­gar­ten. § 12 Abs. 2 Kin­der­ta­ges­stät­ten­ge­setz sei ver­fas­sungs­wid­rig, soweit diese Vor­schrift den Rechts­an­spruch auf einen Kin­der­gar­ten­platz im Sinne von § 24 SGB VIII für behin­der­te Kinder von vor­ne­her­ein nur auf die Form einer teil­sta­tio­nä­ren Ein­rich­tung beschrän­ke.
6

5. Ihre Ver­fas­sungs­be­schwer­de ver­bin­den die Beschwer­de­füh­re­rin­nen mit dem Antrag auf Erlass einer einst­wei­li­gen Anord­nung dahin­ge­hend, sie vor­läu­fig in eine Regel­grup­pe des ört­li­chen Kin­der­gar­tens auf­zu­neh­men.
II.
7

Die Ver­fas­sungs­be­schwer­de hat keine grund­sätz­li­che Bedeu­tung; ihre Annah­me zur Ent­schei­dung ist auch nicht zur Durch­set­zung der Grund­rech­te der Beschwer­de­füh­re­rin­nen ange­zeigt (vgl. § 93 a Abs. 2 Buch­sta­be b BVerfGG).
8

Die Ver­fas­sungs­be­schwer­de ist zumin­dest unbe­grün­det.
9

1. § 12 Abs. 2 Kin­der­ta­ges­stät­ten­ge­setz ist ent­ge­gen der Auf­fas­sung der Beschwer­de­füh­re­rin­nen ver­fas­sungs­recht­lich nicht zu bean­stan­den.
10

a) Mit Rück­sicht auf Art. 6 Abs. 2 Satz 1 in Ver­bin­dung mit Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG ist der Staat grund­sätz­lich gehal­ten, für behin­der­te Kinder Ein­rich­tun­gen bereit­zu­hal­ten, die auch ihnen eine sach­ge­rech­te Erzie­hung, Bil­dung und Aus­bil­dung ermög­li­chen. Danach wäre ein gene­rel­ler Aus­schluss der Mög­lich­keit einer gemein­sa­men Erzie­hung von behin­der­ten Kin­dern mit nicht­be­hin­der­ten Kin­dern nicht zu recht­fer­ti­gen (vgl. – in Bezug auf die schu­li­sche Erzie­hung – BVerfGE 96, 288 <304>). Es ist aller­dings von Ver­fas­sungs wegen nicht zu bean­stan­den, dass der Staat die ziel­glei­che wie die ziel­dif­fe­ren­te inte­gra­ti­ve Erzie­hung unter den Vor­be­halt des orga­ni­sa­to­risch, per­so­nell und von den säch­li­chen Vor­aus­set­zun­gen her Mög­li­chen stellt (vgl. BVerfGE 96, 288 <305>).
11

b) Diesen Maß­stä­ben wird der Nie­der­säch­si­sche Lan­des­ge­setz­ge­ber mit § 12 Kin­der­ta­ges­stät­ten­ge­setz in Ver­bin­dung mit § 3 Abs. 6 Kin­der­ta­ges­stät­ten­ge­setz gerecht. Nach § 3 Abs. 6 Kin­der­ta­ges­stät­ten­ge­setz haben das Land, die ört­li­chen Träger der öffent­li­chen Kinder- und Jugend­hil­fe und die Gemein­den darauf hin­zu­wir­ken, dass wesent­lich behin­der­te Kinder nach Mög­lich­keit gemein­sam mit nicht­be­hin­der­ten Kin­dern in einer Kin­der­ta­ges­stät­te in einer gemein­sa­men Gruppe betreut werden.
12

Ent­ge­gen der Auf­fas­sung der Beschwer­de­füh­re­rin­nen ist ins­be­son­de­re die Vor­schrift des § 12 Abs. 2 Kin­der­ta­ges­stät­ten­ge­setz ver­fas­sungs­recht­lich nicht zu bean­stan­den. Vor­aus­set­zung für die Anwen­dung dieser Norm ist regel­mä­ßig der Umstand, dass die betrof­fe­nen Kinder im Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 1 SGB IX “wesent­lich” behin­dert sind. Die dabei getrof­fe­ne, typi­sie­ren­de Annah­me des Gesetz­ge­bers, dass Kinder mit wesent­li­chen Behin­de­run­gen inso­weit keinen Anspruch auf einen Platz in einem Regel­kin­der­gar­ten haben, son­dern eine Hilfe in einer teil­sta­tio­nä­ren Ein­rich­tung benö­ti­gen, ist nach­voll­zieh­bar.
13

Soweit die Beschwer­de­füh­re­rin­nen in diesem Zusam­men­hang eine Ver­let­zung ihrer Rechte aus Art. 3 Abs. 3 GG und Art. 1 Abs. 1 GG rügen, weil der Rechts­an­spruch auf einen Kin­der­gar­ten­platz im Sinne des § 24 SGB VIII für behin­der­te Kinder von vor­ne­her­ein nur auf die Form einer teil­sta­tio­nä­ren Ein­rich­tung redu­ziert werde, trifft dies nicht zu, weil der Begriff der “wesent­li­chen” Beein­träch­ti­gung Wer­tungs­spiel­räu­me für eine ver­fas­sungs­ge­mä­ße Aus­le­gung zulässt. Für den Fall, dass die Behin­de­rung der Kinder ihrer Eigen­art nach einer Auf­nah­me in einem Regel­kin­der­gar­ten nicht ent­ge­gen­steht, kann die Vor­schrift dahin­ge­hend aus­ge­legt werden, dass die Behin­de­rung nur unwe­sent­lich im Sinne des § 12 Abs. 2 Kin­der­ta­ges­stät­ten­ge­setz ist. Hier­für spricht auch der Umstand, dass § 53 Abs. 1 SGB XII, dessen Vor­aus­set­zun­gen für einen Anspruch auf einen Platz in einer teil­sta­tio­nä­ren Ein­rich­tung nach § 12 Abs. 2 Kin­der­ta­ges­stät­ten­ge­setz vor­lie­gen müssen, Behin­der­ten einen Anspruch auf Ein­glie­de­rungs­hil­fe zuer­kennt, wenn sie in ihrer Fähig­keit, an der Gesell­schaft teil­zu­ha­ben, wesent­lich ein­ge­schränkt sind. Inso­fern ent­fällt der Anspruch auf einen Regel­kin­der­gar­ten­platz aus § 24 SGB VIII in Ver­bin­dung mit § 12 Abs. 1 Kin­der­ta­ges­stät­ten­ge­setz durch § 12 Abs. 2 Kin­der­ta­ges­stät­ten­ge­setz nur, wenn die betrof­fe­nen Kinder der Art ihrer Behin­de­rung nach nicht fähig sind, ohne beson­de­re Hilfe in einem Regel­kin­der­gar­ten an den dort vor­han­de­nen Betreu­ungs­mög­lich­kei­ten teil­zu­ha­ben. In diesem Fall ist es auch unter Kin­des­wohl­ge­sichts­punk­ten ver­fas­sungs­recht­lich nicht zu bean­stan­den, wenn die behin­der­ten Kinder auf einen Platz in einer inte­grier­ten Gruppe nach § 3 Abs. 6 Kin­der­ta­ges­stät­ten­ge­setz, sofern dieser vor­han­den ist, oder in eine teil­sta­tio­nä­re Ein­rich­tung gemäß § 12 Abs. 2 Kin­der­ta­ges­stät­ten­ge­setz ver­wie­sen werden.
14

2. Auch in Bezug auf die Anwen­dung und Aus­le­gung von § 12 Abs. 2 Kin­der­ta­ges­stät­ten­ge­setz ist die Ver­fas­sungs­be­schwer­de zumin­dest unbe­grün­det. Ins­be­son­de­re liegt keine nach Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG zu bean­stan­den­de Benach­tei­li­gung der Beschwer­de­füh­re­rin­nen wegen ihrer Behin­de­rung vor.
15

a) Nach Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG sind Benach­tei­li­gun­gen ver­bo­ten, die an eine Behin­de­rung anknüp­fen. Bevor­zu­gun­gen mit dem Ziel der Anglei­chung der Ver­hält­nis­se von Nicht­be­hin­der­ten und Behin­der­ten sind dage­gen erlaubt. Danach liegt eine Benach­tei­li­gung nicht nur bei Rege­lun­gen und Maß­nah­men vor, die die Situa­ti­on des Behin­der­ten wegen seiner Behin­de­rung ver­schlech­tern, indem ihm etwa der tat­säch­lich mög­li­che Zutritt zu öffent­li­chen Ein­rich­tun­gen ver­wehrt wird oder ihm Leis­tun­gen, die grund­sätz­lich jeder­mann zuste­hen, ver­wei­gert werden. Viel­mehr kann eine Benach­tei­li­gung auch bei einem Aus­schluss von Ent­fal­tungs- und Betä­ti­gungs­mög­lich­kei­ten durch die öffent­li­che Gewalt gege­ben sein, wenn dieser nicht durch eine auf die Behin­de­rung bezo­ge­ne För­der­maß­nah­me hin­läng­lich kom­pen­siert wird. Wann ein sol­cher Aus­schluss durch För­der­maß­nah­men so weit kom­pen­siert ist, dass er nicht benach­tei­li­gend wirkt, lässt sich nicht gene­rell und abs­trakt fest­le­gen (vgl. BVerfGE 96, 288 <302 f.>), son­dern ist zu beur­tei­len unter Berück­sich­ti­gung der mit dem Aus­schluss ein­her­ge­hen­den spe­zi­fi­schen För­de­rung. Eine Ent­schei­dung des Kinder- und Jugend­hil­fe­trä­gers dar­über, wel­cher Ein­rich­tungs­platz behin­der­ten Kin­dern zur Erzie­hung und Vor­be­rei­tung auf ein Leben in der Gemein­schaft mit Nicht­be­hin­der­ten ange­bo­ten wird, ver­stößt nur dann gegen Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG, wenn sie den Umstän­den und Ver­hält­nis­sen des jeweils zu beur­tei­len­den Ein­zel­falls ersicht­lich nicht gerecht wird (BVerfGE 96, 288 <307>).
16

So könnte der Ver­weis der Beschwer­de­füh­re­rin­nen auf Plätze in einem heil­päd­ago­gi­schen Kin­der­gar­ten eine Benach­tei­li­gung wegen ihrer Behin­de­rung nach Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG dar­stel­len, wenn der von den Beschwer­de­füh­re­rin­nen begehr­te Zugang zu einem Regel­kin­der­gar­ten ihren Fähig­kei­ten ent­sprä­che und über­dies ohne beson­de­ren zusätz­li­chen Betreu­ungs­auf­wand mög­lich wäre. Eine Ver­let­zung von Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG könnte auch dann vor­lie­gen, wenn die Über­wei­sung an eine heil­päd­ago­gi­sche Ein­rich­tung erfolg­te, obgleich der Besuch eines Regel­kin­der­gar­ten­plat­zes nach einer wer­ten­den Gesamt­be­trach­tung des Ein­zel­falls durch einen ver­tret­ba­ren Ein­satz von son­der­päd­ago­gi­scher För­de­rung mög­lich wäre (in Bezug auf die Zuwei­sung an eine Son­der­schu­le, aber inso­weit über­trag­bar: BVerfGE 96, 288 <307>).
17

b) Ent­ge­gen der Auf­fas­sung der Beschwer­de­füh­re­rin­nen haben die Gerich­te in den ange­grif­fe­nen Ent­schei­dun­gen in ver­fas­sungs­recht­lich nicht zu bean­stan­den­der Weise das Vor­lie­gen der Vor­aus­set­zun­gen für eine Auf­nah­me der Beschwer­de­füh­re­rin­nen in einen Regel­kin­der­gar­ten ver­neint.
18

aa) Sie haben fest­ge­stellt, dass eine Auf­nah­me der Beschwer­de­füh­re­rin­nen in die Inte­gra­ti­ons­grup­pe des ört­li­chen Regel­kin­der­gar­tens nicht in Betracht kommt, weil die dort vor­han­de­nen Plätze besetzt sind. Dieser Umstand wird von den Beschwer­de­füh­re­rin­nen auch nicht sub­stan­ti­iert ange­grif­fen. Viel­mehr ent­spricht es ihrem aus­drück­li­chen Vor­brin­gen, dass die Frage, ob der Kinder- und Jugend­hil­fe­trä­ger seinen Ver­pflich­tun­gen zur Erwei­te­rung des Inte­gra­ti­ons­an­ge­bots nach­ge­kom­men ist, nicht Anlass der Ver­fas­sungs­be­schwer­de sei.
19

bb) Die Bewer­tung des Ober­ver­wal­tungs­ge­richts, die Beschwer­de­füh­re­rin­nen seien auf­grund ihrer Erkran­kung wesent­lich behin­dert und könn­ten des­halb nicht in eine Regel­kin­der­gar­ten­grup­pe auf­ge­nom­men werden, son­dern müss­ten sich auf Plätze in einem heil­päd­ago­gi­schen Kin­der­gar­ten ver­wei­sen lassen, ist jeden­falls im Rahmen des vor­lie­gend von den Fach­ge­rich­ten durch­ge­führ­ten einst­wei­li­gen Rechts­schutz­ver­fah­rens nach­voll­zieh­bar und ver­fas­sungs­recht­lich nicht zu bean­stan­den.
20

Die Beschwer­de­füh­re­rin­nen legen zwar sinn­ge­mäß dar, die Gerich­te hätten die von ihnen vor­ge­leg­ten ärzt­li­chen Stel­lung­nah­men nicht hin­rei­chend berück­sich­tigt, die beleg­ten, dass sie aus­schließ­lich kör­per­lich beein­träch­tigt seien. Sie rügen in diesem Zusam­men­hang eben­falls, es sei nicht ernst­haft geprüft worden, ob ihre Auf­nah­me in die Regel­grup­pe des ört­li­chen Kin­der­gar­tens ihren Bedürf­nis­sen ent­spre­chen würde.
21

Die darin ent­hal­te­ne Rüge eines Ver­sto­ßes gegen Art. 3 Abs. 3 GG oder einer Ver­let­zung des recht­li­chen Gehörs aus Art. 103 Abs. 1 GG ist jedoch unbe­grün­det. Beide Grund­rech­te hat das Ober­ver­wal­tungs­ge­richt beach­tet. Zum einen hat das Gericht die ärzt­li­chen Attes­te ange­mes­sen berück­sich­tigt. Die von den Beschwer­de­füh­re­rin­nen selbst vor­ge­leg­ten ärzt­li­chen Attes­te erge­ben zwar, dass sie ledig­lich kör­per­lich behin­dert sind. Die ärzt­li­chen Stel­lung­nah­men geben dem­entspre­chend auch die Emp­feh­lung ab, die Beschwer­de­füh­re­rin­nen mög­lichst früh­zei­tig mit Nicht­be­hin­der­ten zusam­men zu brin­gen. Die Stel­lung­nah­me des Uni­ver­si­täts­kli­ni­kums zu Köln vom 9. Sep­tem­ber 2005 ent­hält aber zugleich die Emp­feh­lung, für den Fall, dass kein Platz in einer inte­gra­ti­ven Kin­der­gar­ten­grup­pe zur Ver­fü­gung stehe, die Mög­lich­keit einer Ein­zel­in­te­gra­ti­on der Pati­en­tin­nen zu erwä­gen. Die von den Beschwer­de­füh­re­rin­nen begehr­te Ein­bin­dung in eine Regel­kin­der­gar­ten­grup­pe wird in keiner der vor­ge­leg­ten ärzt­li­chen Stel­lung­nah­men ersicht­lich erwo­gen.
22

Zum ande­ren legen die Beschwer­de­füh­re­rin­nen selbst dar, dass bei ihnen Kno­chen­brü­che in allen Lebens­la­gen auf­tre­ten könn­ten. Wenn sie hier­aus ablei­ten, ihre Gefähr­dung im Regel­kin­der­gar­ten bestün­de in glei­cher Weise wie in einem heil­päd­ago­gi­schen Kin­der­gar­ten, “anders lau­ten­de Mei­nun­gen” seien “aus der Luft gegrif­fen”, dann ist dies nicht schlüs­sig. Da die Beschwer­de­füh­re­rin­nen in einem heil­päd­ago­gi­schen Kin­der­gar­ten einer per­so­nell inten­si­ve­ren Betreu­ung unter­lie­gen, ist das Risiko von Kno­chen­brü­chen dort wesent­lich gerin­ger als in einem Regel­kin­der­gar­ten. Dass die Beschwer­de­füh­re­rin­nen letzt­lich auch selbst eine für sie große Gefähr­dung im Regel­kin­der­gar­ten gese­hen haben, zeigt, dass sie im fach­ge­richt­li­chen Ver­fah­ren für den Fall ihrer Auf­nah­me in einen sol­chen die Schaf­fung eines “Schutz­raums” für sie für erfor­der­lich gehal­ten haben. Vor diesem Hin­ter­grund ist die Ein­schät­zung des Ober­ver­wal­tungs­ge­richts nach­voll­zieh­bar, das Risiko von Ver­let­zun­gen für die Beschwer­de­füh­re­rin­nen sei in einem Regel­kin­der­gar­ten gegen­über einem heil­päd­ago­gi­schen Kin­der­gar­ten deut­lich gestei­gert. Es ist des­halb nicht zu bean­stan­den, dass das Gericht dem Begeh­ren der Beschwer­de­füh­re­rin­nen aus diesem Grund nicht statt­ge­ge­ben hat.
23

3. Mit der Nicht­an­nah­me der Ver­fas­sungs­be­schwer­de wird der Antrag auf Erlass einer einst­wei­li­gen Anord­nung gegen­stands­los (vgl. § 40 Abs. 3 GOB­VerfG).
24

Im Übri­gen wird von einer Begrün­dung abge­se­hen (vgl. § 93 d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG).
25

Diese Ent­schei­dung ist unan­fecht­bar.

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